Kinder mit Fieber? Kühlen Kopf bewahren!

Dr. Alexandra Bischoff

Hinter Fieber bei Kindern steckt meistens nichts Ernsthaftes. Hinter Fieber bei Kindern steckt meistens nichts Ernsthaftes. © fotolia/Picture-Factory

Oh Gott, das Kind hat Fieber! Die erhöhte Körper­temperatur ist der häufigste Grund, weshalb Eltern mit ihrem Kind zum Arzt gehen. Doch nur selten verbirgt sich dahinter eine schwere Erkrankung.

Trotz weit verbreiteter Meinung in der Bevölkerung ist Fieber (Körpertemperatur > 38 °C rektal gemessen) keine Gefahr, sondern eine normale Reaktion des Körpers auf einen Infekt, schreiben Dr. Michelle Seiler vom Universitäts-Kinderspital Zürich und Kollegen. Vor allem Kleinkinder fiebern besonders häufig hoch (> 40 °C), ohne dass das gefährlich wäre oder mit dem Schweregrad der Erkrankung korreliert. Solange sich das Kind nicht unwohl fühlt oder schlecht trinkt, benötigt es auch keine Antipyretika.

Meist steckt hinter dem Temperaturanstieg ein harmloser viraler, selbstlimitierender Infekt. Aber gerade bei Säuglingen gibt es eine erhöhte Inzidenz invasiver bakterieller Infektionen und bei ihnen raten die Experten zur ausführlicheren Diagnostik. Ansonsten reichen in der Regel eine sorgfältige Anamnese und gründliche körperliche Untersuchung aus, um im Praxisalltag die häufigsten Infektionskrankheiten diagnostizieren zu können.

Akute Otitis media

Eine akute Mittelohrentzündung verursacht meist starke Schmerzen. Klinisch zeigt sich ein gerötetes und vorgewölbtes Trommelfell, im Fall einer Perforation zudem eine Otorrhoe. Ob viral oder bakteriell lässt sich nicht differenzieren und spielt auch meist keine Rolle, da beide Formen hohe Spontanheilungsraten haben. Therapeutisch reichen in den meisten Fällen Analgetika.

Angina tonsillaris

Die durch b-hämolysierende Streptokokken ausgelöste Erkrankung trifft meist Kinder im Schulalter, vorwiegend in Herbst und Winter. Es kommt zu plötzlichem Fieber, starken Hals- und Schluckschmerzen, begleitet von einer zervikalen Lymphadenitis. Die Tonsillen sind vergrößert, gerötet und eventuell mit weißen Stippchen belegt. Da etwa ein Viertel aller Kinder im Winter Streptokokken der Gruppe A beherbergen, sollte nur bei starkem klinischem Verdacht ein Streptokokken-A-Schnelltest gemacht werden. Als Therapie der Wahl gilt Penicillin. Die Antibiose dient heute nicht mehr der Vermeidung von Spätkomplikationen, sondern der raschen klinischen Besserung.

Toxisches Schock-Syndrom

Das toxische Schocksyndrom (TSS) ist eine lebensgefährliche Erkrankung mit einer Mortalität bis 50 %, die sowohl durch Staphylokokken (klassisch menstruationsassoziiert) als auch Streptokokken ausgelöst werden kann. Als Eintrittspforte für die Erreger dienen Verletzungen der Haut, auch thermische. Zu den typischen Symptomen gehören Erbrechen, Durchfall, Hyperämie der Konjunktiven und ein feines rotes Exanthem bei reduziertem Allgemeinzustand. Aufgrund des drohenden Multiorganversagens durch massive Zytokinausschüttung muss das TSS rasch erkannt und parenteral antibiotisch behandelt werden. Bei thermischen Verletzungen sollte man immer die „Zweier-Regel“ im Hinterkopf haben, um Hochrisikopatienten zu identifizieren: 2 % betroffene Körperoberfläche, 2 Jahre alte Patienten, 2 Tage nach dem Unfall.

Pneumonie

Kindliche Lungenentzündungen haben meist eine virale Genese und präsentieren sich dann als Mehr-Etagen-Infektion (Rhinitis, Pharyngitis, Konjunktivitis) mit oft obstruktivem Auskultationsbefund bei reduziertem Allgemeinzustand. Dagegen sprechen Tachypnoe, hohes Fieber, Husten, Dyspnoe mit thorakalen Einziehungen und Nasenflügeln (schnelle Bewegungen beim Ein- und Ausatmen) für eine bakterielle Infektion, die eine Antibiose erforderlich macht.

Meningitis

Klassische Meningitiszeichen wie ein reduzierter Allgemeinzustand mit Fieber, Nacken- und/oder Rückenschmerzen sowie Kopfschmerzen mit Erbrechen finden sich bei betroffenen Kleinkindern häufig nicht. Sie fallen stattdessen durch vermehrtes Weinen, Irritabilität und Schreckhaftigkeit auf. Im ersten Lebensjahr kann bei der klinischen Untersuchung ein Meningismus fehlen, dafür aber eine vorgewölbte Fontanelle vorhanden sein. Diagnostik (Lumbalpunktion) und Therapie sollten beim Verdacht auf eine Hirnhautentzündung immer und umgehend in einer Kinderklinik erfolgen.

Osteomyelitis/septische Arthritis

Kinder mit einer bakteriellen Knochen- oder Gelenkinfektion weisen meist eine schmerzbedingte Schonhaltung bis zur Gehverweigerung auf. Klinisch zeigen sich eine Druckdolenz und manchmal lokale Entzündungszeichen. Im Fall einer Spondylodiszitis vermeiden die Kinder eine Flexionsbewegung der Wirbelsäule. Typischerweise ist bei osteoartikulären Infektionen nur die BSG erhöht, während alle anderen Entzündungsparameter im Normbereich liegen.

Das gehört zur Anamnese

  • Dauer des Fiebers
  • weitere Symptome (Schnupfen, Husten, Erbrechen, Durchfall)
  • Trinkverhalten
  • Allgemeinzustand (insbesondere nach Fiebersenkung)
  • Reiseanamnese (Auslandsaufenthalt)
  • Tierkontakte
  • Grunderkrankung
  • Impfstatus
  • Umgebungsanamnese

Sepsis

Wenn ein vorher hochfebriles Kind trotz antipyretischer Therapie weiterhin tachykard bleibt und sich der Allgemeinzustand nicht bessert, muss eine Sepsis in Betracht gezogen werden. Zu den klassischen Zeichen gehören ein blass-graues Kolorit, Dyspnoe, kalte Peripherie, verlängerte Rekapillarisationszeit und Hautblutungen. Dann heißt es: rasch handeln, Blutkulturen anlegen und eine intravenöse Volumen- und Antibiotikatherapie einleiten. Besonders gefürchtet sind fulminant verlaufende, invasive Meningokokken-Infektionen, die vor allem Säuglinge (6–12 Monate) und Jugendliche treffen. Neben den klassischen Sepsissymptomen leiden die Patienten auch unter Schüttelfrost und viele geben Schmerzen in den Beinen an. Bei 75 % der Betroffenen fallen zudem Hautveränderungen an Extremitäten und Stamm auf. Schon der klinische Verdacht verlangt nach einer Akuttherapie – ohne Laborergebnisse abzuwarten.

Quelle: Seiler M et al. Swiss Medical Forum 2017; 17: 899-903

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