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„Permethrin wirkt überhaupt nicht mehr“

Skabies ist auf dem Vormarsch. Gründe dafür gibt es laut Professor Dr. Cord Sunderkötter vom Universitätsklinikum Halle viele. So spielen neben sich ausweitenden Risikogruppen (s. Kasten) auch Unterschiede in der Kontagiosität der Milben eine Rolle. „Doch die ganze Problematik, die wir jetzt mit Skabies meinen zu haben, ist nicht neu, sondern scheint immer mal wieder aufzutreten“, betonte der Experte und verwies auf einen britischen Artikel, der bereits 1967 Skabies als „another epidemic“ titulierte.1
Risikogruppen für Krätze
- Sexuell aktive Menschen: Generell haben alle STI in den letzten Jahren zugenommen, da man sich mittlerweile weniger vor HIV fürchtet.
- Kinder: Infektionen werden oft spät erkannt und nicht ausreichend intensiv behandelt (Kopf ausgespart etc. ). Zudem haben Kindern oft engen Körperkontakt mit anderen.
- Arbeiter aus dem Billiglohn- bzw. Pflegesektor: Sofern sie Infizierte pflegen, tragen sie vermutl. zur Verbreitung bei, wenn die Infektion zu spät bemerkt wird.
- Immunsupprimierte und immobile ältere Personen
- Schutzsuchende (aufgrund schlechter hygienischer Zustände und mangelnder Behandlung während der Flucht bzw. in den Auffanglagern)
Bemerkungen zur Resistenz kritisch überprüfen
Als Grund für die zunehmenden Fälle ist derzeit häufig eine mögliche Permethrinresistenz der Milben im Gespräch. „Permethrin wirkt überhaupt nicht mehr“ hört man laut Prof. Sunderkötter in der Praxis gar nicht so selten. Bei diesen Patienten müsse man aber genau hinschauen, denn gegen ein postskabiöses Exanthem oder einen beginnenden Dermatozoen-Wahn, könne Permethrin natürlich nichts ausrichten. Hinzu kommen die bekannten Fehler bei der Anwendung zu Hause. Nichtsdestotrotz gibt es einige Publikationen, die mittlerweile zumindest das Versagen der Permethrintherapie belegen. „Der Beweis für eine Resistenz ist ohne eine etablierte In-vitro-Testung schwierig“, gab der Experte zu bedenken. Eine genetische Resistenz wäre zwar denkbar, sei aber bisher bei jenen Milben, die den Menschen befallen, noch nie nachgewiesen worden. „Wahrscheinlicher ist, dass es zu einer Induktion von Eliminationsenzymen bei der Milbe kommt“. Dadurch büße Permethrin zwar an Effektivität ein, es liege aber keine Resistenz vor. Eine höhere Permethrinkonzentration könne daher funktionieren, „nur gibt es dazu wiederum keine toxikologischen Daten“. Allerdings reduziert sich auch unter bestimmten Umständen die Bioverfügbarkeit des Wirkstoffes. Dass die Substanz z.B. bei Kindern oft schlechter wirkt, mag an deren generell dünnerer Haut liegen. Auch ein vorhandenes Ekzem sowie ein zu hoher Wassergehalt im Stratum corneum können Gründe für eine schlechtere Wirkung sein, weswegen Prof. Sunderkötter seinen Patienten davon abrät, sich direkt vor dem Applizieren des Topikums zu duschen. Um eine optimale Behandlung zu gewährleisten und frustrane Therapieversuche sowie unbegründete Resistenzpanik zu vermeiden, ist zum einen der Milbennachweis im Rahmen der Diagnose wichtig, z.B. über Auflichtmikroskopie. Suchen sollte man in der Nähe der typischen, leicht erhabenen, silber-grauen oder hellbraunen Papeln. „Bereits aufgekratzte Läsionen lässt man besser außen vor. Hier findet sich in der Regel nichts mehr“, erläuterte der Experte. Zum anderen müssen die Patienten über häufige Anwendungsfehler aufgeklärt werden (u.a. fehlende synchrone Behandlung aller Kontaktpersonen).Permethrin, Ivermectin oder Crotamiton?
Als therapeutischer Goldstandard gilt Permethrin weiterhin. Allerdings wird heutzutage immer eine Wiederholung der Behandlung nach ca. zehn Tagen sowie ein Verzicht auf Körperkontakt für 36 h ab Therapiebeginn empfohlen. Alternativen zu Permethrin bieten Ivermectin oder Crotamiton. Die aktuelle Studienlage lasse sogar ein vorsichtiges „Ja“ für Ivermectin bei kleinen Kindern (>15 kg KG bzw. >1 m Größe) zu, berichtete Prof. Sunderkötter. Es gibt mittlerweile auch eine Magistralrezeptur für einen Ivermectin-Saft (400 µg/ml), den man entsprechend verdünnen könnte. „Man sollte die Indikation sehr streng stellen, aber es ist unseres Erachtens nicht mehr absolut kontraindiziert“.1. Shrank AB, Alexander SL. Br Med J 1967; 1: 669-671; DOI: 10.1136/bmj.1.5541.669
Quelle: DermaLive*
* Online-Veranstaltung „Erregerbedingte Dermatosen“ vom 15.09.21, streamed-up.com
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