Krankheitsfreies Überleben beim oberen Harntraktkarzinom steigt durch adjuvante Chemo deutlich

Josef Gulden

Paradigmenwechsel beim oberen Harntraktkarzinom? Paradigmenwechsel beim oberen Harntraktkarzinom? © iStock/yodiyim

Das Urothelkarzinom des oberen Harntrakts tritt selten auf und ist bei Diagnosestellung häufig bereits invasiv oder weit fortgeschritten, was mit einer schlechten Prognose einhergeht. Genau wie Tumoren der Harnblase spricht es auf eine systemische Therapie an – egal ob im neoadjuvanten oder metastasiertem Setting.

Inwiefern der Therapiestandard von Harnblasentumoren auch für Urothelkarzinome des oberen Harntrakts helfen kann, untersuchten britische Wissenschaftler in der Phase-3-Studie POUT. Eingeschlossen wurden Patienten mit lokal fortgeschrittenem Urothelkarzinom der oberen Harnwege (alle Stadien außer pT1, pN0 bzw. M1) nach einer Nephroureterektomie.

Rekrutierung aufgrund hoher Effektivität vorzeitig beendet

Randomisiert wurden sie entweder beobachtet oder erhielten vier Zyklen einer Chemotherapie aus einem Platinsalz und Gemcitabin. Die Behandlung musste binnen drei Monaten nach der Operation beginnen; Cisplatin kam ab einer GFR von 50 ml/min zum Einsatz. Falls im Verlauf die GFR unter diesen Wert sank, wechselte die Person auf Carboplatin. Der primäre Endpunkt umfasste das krankheitsfreie Überleben. Die Rekrutierung beendeten die Forscher vorzeitig bereits nach dem Einschluss von 261 Teilnehmern als das vorbestimmte Effektivitätskriterium erreicht war.

Die Chemotherapie hatte nämlich schon nach einer Nachbeobachtungsdauer von median 30,3 Monaten das krankheitsfreie Überleben mit einer Hazard Ratio (HR) von 0,45 deutlich und hochsignifikant verbessert (p = 0,0001). Nach drei Jahren betrugen die geschätzten ereignisfreien Überlebensraten 71 % im experimentellen gegenüber 46 % im Kontrollarm. Ähnlich fielen die Ergebnisse bezüglich des fernmetastasenfreien Überlebens und Tod aus (HR 0,48; p = 0,0007).

Diese Vorteile hatten einen Preis: Typische Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 traten bei 44 % der Patienten in der therapierten gegenüber nur 4 % in der Beobachtungsgruppe auf, aber es gab keine behandlungsbedingten Todesfälle. Die Lebensqualität fiel während grob der ersten drei Monate im Prüfarm signifikant, aber ab dem sechsten Monat ließ sich kein Unterschied zur Kontrolle mehr erkennen. Die Autoren um Dr. Alison Birtle, Rosemere Cancer Centre, Preston, sehen die platinbasierte adjuvante Chemotherapie als neuen Standard bei muskelinvasivem oder lokal fortgeschrittenem Urothelkarzinom der oberen Harnwege nach kurativ intendierter Operation.

Cisplatin gegenüber Carboplatin bevorzugen

Bei Menschen mit positiven Lymphknoten, die während der Operation mit entfernt worden waren, fielen die Resultate nicht ganz so eindeutig aus wie in der nodal negativen Situation. Dennoch sollten sie laut den Kollegen ebenfalls entsprechend behandelt werden. Die Autoren nennen Cisplatin als Mittel der Wahl und Carboplatin bei Kontraindikationen als akzeptable Alternative.

Quelle: Birtle A et al. Lancet 2020; 395: 1268-1277; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30415-3

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