Kreuzallergien gibt‘s auch bei Kortikoiden

Aufgrund rheumatischer Gelenkbeschwerden nahm ein 77-Jähriger täglich 10 mg Prednisolon ein, das er problemlos vertrug. Drei Tage nach einer Dosiserhöhung entwickelte der Mann jedoch juckende, teilweise konfluierende Erytheme und flache Papeln an Oberschenkeln und Achseln. Weitere Medikamente hatte der Patient nicht eingenommen, auch wies er keinen Infekt auf. Der behandelnde Kollege setzte das Prednisolon ab. Zwölf Tage später waren die Beschwerden dann auch verschwunden, berichtet Dr. Igor Hrgovic von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum der Goethe-Universität Frankfurt.
Kortison-Creme hatte Sensibilisierungen ausgelöst
Die Anamnese ergab, dass der Mann Jahre zuvor bereits auf eine kortikosteroidhaltige Creme eine allergische Dermatitis entwickelt hatte. Welches Kortison es gewesen war, wusste der Patient allerdings nicht mehr. Ein noch vor dem Besuch in der Klinik erfolgter Epikutantest ergab eine Typ-IV-Sensibilisierung gegen vier Steroide: Betamethason-17-valerat, Clobetasol-17-propionat, Amcinonid und Budesonid. Ein erneuter Epikutantest in der Klinik bestätigte dieses Resultat. Zusätzlich zeigten sich aber noch Reaktionen auf Hydrocortison-17-butyrat und Triamcinolonacetonid (s. Abb.) – jedoch nicht auf Prednisolon.
Kontaktallergien gegen Kortikosteroide treten in Europa nach älteren Daten mit einer Inzidenz von gut 2,5 % auf, berichtet der Frankfurter Kollege. Reaktionen auf systemische Kortikosteroide seien hingegen selten. Der Experte vermutet, dass in diesem Fall die frühere lokale Anwendung einer Kortison-Creme zu Sensibilisierungen gegen Substanzen chemisch unterschiedlich strukturierter Kortikosteroid-Gruppen geführt hat (s. Tabelle). Innerhalb der jeweiligen Gruppe kommt es vergleichsweise häufiger zu Kreuzallergien.
Chemische Klassifikation der Kortikosteroide | ||
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Gruppe | Typ | Beispiele |
A | Hydrocortison | Prednisolon, Triamcinolon |
B | Acetonide | Budesonid, Amcinonide, Triamcinolonacetonid |
C | Betamethason | Dexamethason, Fluocortolon |
D1 | halogenierte (stabile) Ester | Betamethason-17-valerat, Clobetasol-17-propionat |
D2 | labile Ester | Hydrocortison-17-butyrat, Cortisonacetat |
Aber solche Reaktionen gibt es auch über Gruppen hinweg. So war es augenscheinlich auch bei diesem Patienten. Denn wie der Kollege schreibt, sind bei Sensibilisierungen gegen Hydrocortison-17-butyrat (Gruppe D2) und Budesonid (Gruppe B) Kreuzreaktionen gegen Prednisolon möglich. Das negative Testergebnis gegen Prednisolon sei daher bei dem 77-jährigen Rheumatiker nicht relevant gewesen.
Verzögerte Typ-IV-Reaktion ist relative Kontraindikation
Eigentlich sind in einer solchen Situation Ausweichtestungen ratsam, so der Allergologe. Das habe der Patient jedoch nicht gewollt. Da die verzögerte Typ-IV-Reaktion auf Prednisolon eine relative, aber keine absolute Kontraindikation zur erneuten Gabe sei, habe die Substanz nach eingehender Nutzen-Risiko-Abwägung erneut verabreicht werden dürfen.esb
Quelle: Weberschock T, Kleimann P, Wolter M, Kaufmann R, „Frankfurter Dermatologentagung – 2. November 2016“, Akt Dermatol 2016; 42: 467-482, DOI 10.1055/s-0042-117407, © Georg Thieme Verlag, Stuttgart
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