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Laborwert statt Endoskop

Wenn Patienten mit Colitis ulcerosa eine klinische Remission erreicht haben, stellt sich die Frage, wie die Verlaufskontrolle aussehen soll. Die Leitlinie der American Gastroenterological Association (AGA) präferiert ein kombiniertes Monitoring auf der Basis von Biomarkern und Beschwerden. Denn diese Strategie ist nach Einschätzung der Autoren der reinen Symptomerfassung überlegen.
Vorgeschlagen wird dafür ein Intervall von sechs bis zwölf Monaten. Am besten geeignet sind die fäkalen Parameter Calprotectin und Lactoferrin. Die Laboruntersuchung erweist sich als besonders aussagekräftig, wenn die Werte bereits zuvor mit der Entzündungsaktivität korrelierten. Allerdings empfinden manche CU-Patienten die wiederholten Stuhltests als belastend und nehmen lieber das eventuell erhöhte Risiko für einen Schub oder eine Übertherapie in Kauf. Für sie kann eine rein symptomorientierte Überwachung vorteilhaft sein.
Wichtig für die Therapieplanung ist auch die Höhe der gemessenen Werte. Bei CU-Patienten, die sich in einer klinischen Remission befinden, schließen ein Calprotectin unter 150 µg/g sowie ein normales Lactoferrin und/oder CRP eine aktive Entzündung weitgehend aus. Einen Sonderfall bilden Personen, die die Remission aufgrund einer verstärkten Behandlung in den vorangehenden drei Monaten erreicht haben. Bei ihnen ist ein niedrigerer Calprotectin-Grenzwert (< 50 µg/g) eventuell vorzuziehen, um eine endoskopische Besserung nachzuweisen.
Bei erhöhten Werten trotz Remission: endoskopieren
Für Patienten, die trotz klinischer Rückbildung (keine Blutungen, fast normale Stuhlfrequenz) noch erhöhte Entzündungswerte aufweisen (Calprotectin > 150 µg/g, CRP bzw. Lactoferrin über dem Normwert), bevorzugen die Leitlinienautoren eine endoskopische Einschätzung der Aktivität. Denn diese ist nach ihrer Auffassung gegenüber der rein symptomgeleiteten Therapiemodifikation überlegen. Alternativ kommen regelmäßige Laborkontrollen alle drei bis sechs Monate in Betracht, mit nachfolgender Spiegelung, falls die Werte wiederholt erhöht sind.
Bei geringfügigen Symptomen (leicht vermehrte Defäkationen, gelegentliche rektale Blutungen) ohne erhöhte Serum- und Stuhlmarker spricht sich die Guideline für eine endoskopische Abklärung aus. Wenn die Spiegelung abgelehnt wird, kann auch hier ersatzweise eine viertel- oder halbjährliche Markerdiagnostik angeboten werden, so das Autorenteam um Dr. Siddharth Singh von der University of California in La Jolla.
Im Fall einer aktiven Colitis ulcerosa mit relevanten Beschwerden stellt sich die Frage, ob eine Kombination von Biomarkern und Klinik der rein symptomgesteuerten Therapieanpassung überlegen ist. Die Leitlinie präferiert den gemeinsamen Einsatz beider Verfahren. Eine Ausnahme bilden Patienten, die die Laborkontrollen vermeiden wollen und stattdessen lieber das Risiko einer Übertherapie in Kauf nehmen. Für sie ist eine symptomgesteuerte Behandlung eventuell die bessere Lösung.
Bei moderaten bis schwerwiegenden Symptomen (häufige rektale Blutungen, erhöhte Stuhlfrequenz) und Schubverdacht genügt oft schon die Labordiagnostik. Calprotectinwerte > 150 µg/g und ein erhöhtes Lactoferrin oder CRP sprechen klar für eine aktive Inflammation und damit für eine Intensivierung der Therapie. Auf eine routinemäßige Endoskopie kann dann verzichtet werden. Allerdings gibt es Menschen, die genau wissen wollen, ob ihre Colitis ulcerosa entzündlich aktiv ist, z.B. weil in diesem Fall eine immunsuppressive Therapie begonnen oder verändert werden soll. Für diese Patienten kann eine endoskopische Untersuchung von Vorteil sein.
Vor der Therapiemodifikation lieber einmal spiegeln
Bei nur leichten Beschwerden, aber erhöhten Serum- oder Stuhlmarkern (Calprotectin > 150 µg/g, Lactoferrin oder CRP oberhalb der Norm) gibt die Leitlinie der invasiven Diagnostik den Vorzug vor der rein klinisch begründeten Therapiemodifikation. Eine Ausnahme bilden Patienten, die ihre weitgehende Symptomfreiheit einer kürzlich intensivierten Behandlung verdanken. Bei ihnen kann man die Behandlung auch ohne invasive Diagnostik verstärken.
Wenn die Diagnose Colitis ulcerosa gesichert ist, steht die Frage im Raum, welche Monitoringstrategie langfristig die besseren Ergebnisse erzielt. Die Leitlinienautoren bevorzugen weder die Endoskopie noch die Biomarkerdiagnostik. Sie geben zu bedenken, dass die Normalisierung der Entzündungsparameter ein geeignetes Therapieziel ist. Asymptomatische Patienten mit normalen Werten würden ohne weitere Diagnostik bei ihrer Behandlung bleiben. Leidensgenossen mit erhöhten Spiegeln würden invasiv abgeklärt. Bei einer endoskopiebasierten Überwachung würde diese Diagnostik regelmäßig durchgeführt, um eine Verbesserung oder Remission zu erfassen.
Für die Biomarker sprechen Bequemlichkeit, geringe Kosten und der Verzicht auf wiederholte Spiegelungen. Der Nachteil: Die Labormethode kann eine komplette endoskopische und histologische Remission nicht nachweisen. Diese ist aber für die Langzeitprognose eventuell von Bedeutung. Randomisierte Vergleichsstudien gibt es bisher nicht, weshalb die Leitlinienautoren die Evidenz als unzureichend einstufen.
Quelle: Sing S et al. Gastroenterology 2023; 164: 344-372; DOI: 10.1053/j.gastro.2022.12.007
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