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Laktobazillen lassen Kinder mit Gastroenteritis nicht schneller gesund werden

Probiotika genießen in der Bevölkerung einen guten Ruf. Sie werden eingesetzt für Darmgesundheit, Immunsystem sowie in der unterstützenden Behandlung von Gastroenteritiden. Die Studienlage zum therapeutischen Einsatz ist allerdings bei näherem Hinsehen dürftig. Zu verschieden angelegt, zu wenig standardisiert und kontrolliert oder zu wenig klinikrelevant, lauten die Kritikpunkte von Dr. David Schnadower, Abteilung für Notfallmedizin im Cincinnati Children’s Hospital Medical Center, und seinen Kollegen. Auch Kinderstudien gebe es kaum.
Mit seinem Team untersuchte Dr. Schnadower in einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie den Nutzen der Probiotika-Therapie bei akuten Gastroenteritiden.1 Die 971 Kinder in der Studie waren 3–48 Monate alt und hatten zu Beginn drei und mehr wässrige Stühle pro Tag mit oder ohne Erbrechen. Sie erhielten randomisiert über fünf Tage zweimal täglich das Milchsäurebakterium L. rhamnosus GG in einer Formulierung mit 1x1010 koloniebildenden Einheiten/Einzeldosis oder Placebo. Antibiotika oder Ondansetron wurden falls nötig zusätzlich gegeben, die Verordnungshäufigkeit unterschied sich aber nicht zwischen den Gruppen.
Möglicherweise sind andere Probiotika erfolgreicher
Eine zweite prospektive Studie aus Kanada2 hatte das gleiche Design. Das Team um Dr. Stephen B. Freedman von der Notfallmedizin und Gastroenterologie der pädiatrischen Abteilung des Alberta Children’s Hospital and Research Institute der University of Calgary testete 886 Kinder aus der gleichen Altersgruppe. In diesem Fall bestand die 5-Tages-Kur allerdings aus zweimal täglich L. rhamnosus R0011 plus L. helveticus R0052 mit 4x109 koloniebildenden Einheiten/Einzeldosis oder Placebo.
Primäres Zielkriterium der Studien war das Fortbestehen einer mäßigen bis schweren klinischen Symptomatik bis zu 14 Tage nach Vorstellung, definiert als ein Score von 9 oder höher in der modifizierten 20-Punkte-Vesikari-Skala.
Beide Studien zeigten keinen statistisch bedeutsamen Unterschied im Verum-Placebo-Vergleich. In der US-amerikanischen Studie betrug der Anteil der Kinder über neun Punkte 11,8 vs. 12,6 %, in der kanadischen Studie 26,1 vs. 24,7 %. Auch die Dauer von Diarrhö und Erbrechen sowie die Zahl von ungeplanten Arztbesuchen oder Kita-Fehltagen waren in beiden Verumgruppen ähnlich zum Placebo.
Die Ergebnisse sind ernüchternd, dennoch sollte man sich nun nicht gleich ganz von Probiotika in diesem Setting verabschieden, meint Dr. J. Thomas LaMont vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston in einem begleitenden Kommentar.3 Möglicherweise sind andere Probiotika erfolgreicher, vor allem wenn sie länger als die kurzlebigen L.-rhamnosus-Stämme im Darm überdauern oder andere Immunmechanismen anstoßen.
Quellen:
1. Schnadower D et al. N Engl J Med 2018; 379: 2002-2014
2. Freedman SB et al. A.a.O.: 2015-2026
3. LaMont JT. A.a.O.: 2076-2077
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