Eosinophile Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts werden oft übersehen
Eosinophile Magen-Darm-Erkrankungen unterteilt man im Wesentlichen in drei Formen. Am häufigsten ist die Ösophagitis (EoE), gefolgt von Gastroenteritis (EGE) und Kolitis (EC). Gemein ist allen drei Diagnosen, dass weder eine Infektion vorliegt noch eine chronisch entzündliche Darmerkrankung oder einer Medikamentennebenwirkung.
Als wichtigster Risikofaktor gilt eine atopische Konstellation. 75 % der Patienten mit eosinophiler Ösophagitis leiden an Neurodermitis, Asthma oder allergischer Rhinitis. Allerdings beruht die EoE nicht auf histaminvermittelten Typ-1-Allergien, sondern auf einer Th-2-Immunantwort, schreiben Dr. Florian Hentschel und Professor Dr. Stefan Lüth vom Klinikum Brandenburg. Drei von vier EoE-Patienten sind junge Männer.
Bolusimpaktation als einziges typisches Symptom
Anhand des klinischen Bildes lässt sich die EoE kaum von anderen Ösophagitiden unterscheiden. Wahrscheinlich wird sie oft als therapierefraktäre Refluxkrankheit fehlgedeutet, zumal bis zu 50 % der EoE-Patienten auf Protonenpumpenhemmer (PPI) ansprechen. Das einzige typische Symptom ist vor allem in der aktiven Phase die Bolusimpaktation, also das Steckenbleiben von Fleischbrocken oder Ähnlichem in der Speiseröhre.
Im chronischen Stadium kommt es zu einer fortschreitenden Fibrosierung der Speiseröhre mit einer entsprechenden Motilitätsstörung. Im Verdachtsfall sollte gezielt nach Vermeidungsstrategien gefragt werden. Beispiele hierfür sind langes Kauen, Verzicht auf harte oder trockene Speisen oder das Herunterspülen mit Flüssigkeit.
Definitive Diagnose nur durch Paket Klinik, Endoskopie und Histologie
Patienten mit eosinophiler Gastroenteritis bzw. Kolitis klagen vor allem über Bauchschmerzen, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und Diarrhö. Die Symptome verlaufen meist chronisch rezidivierend, können aber auch fulminant unter dem Bild eines akutes Abdomens auftreten. Die definitive Diagnose erfolgt aufgrund der Zusammenschau von Klinik, Endoskopie und Histologie. Bei der eosinophilen Ösophagitis erreichen selbst bisher als typisch angesehene endoskopische Zeichen wie ösophageale Ringbildungen nur eine Prävalenz von weniger als 50 %. Diese Parameter haben somit eine geringere Sensitivität als bisher angenommen.
Die eosinophile Ösophagitis kann in den meisten Fällen mit lokalen Kortikoiden, Diäten oder PPI erfolgreich behandelt werden. Eine frühzeitige, konsequente Therapie kann Spätschäden wie Strikturen und Motilitätsstörungen verhindern.
Auf Milch, Weizen, Eier, Soja, Nüsse und Fisch verzichten
Zweifellos wirksam ist eine aminosäurebasierte Elementardiät ohne jegliche Nahrungsmittelallergene, aber ihre Anwendung scheitert am schlechten Geschmack. Als Kompromiss bietet sich das Weglassen der häufigsten Nahrungsmittel an. Rund 75 % der Patienten sprechen auf die „six food elimination diet“ an, die weder Milcheiweiß noch Weizen, Eier, Soja, Nüsse oder Fisch enthält. Etwas ungünstiger sind die Ergebnisse der „four food elimination diet“, bei der Fisch und Nüsse erlaubt sind. Aber auch diese Kostformen mindern die Lebensqualität.
Nach sechs bis zwölf Wochen Diät sollte endoskopisch kontrolliert werden, ob eine klinische und histologische Remission erreicht ist. Dann kann alle sechs Wochen eines der Antigene wieder eingeführt werden – bis erneut Symptome oder Infiltrate auftreten. Das „schuldige“ Allergen sollte lebenslang gemieden werden. Als medikamentöse Erstlinien-Therapie der eosinophilen Ösophagitis werden topische Kortikoide empfohlen. Die Ansprechrate ist mit der einer strengen Eliminationsdiät vergleichbar, die Behandlung mit Kortikoiden bietet aber eine deutlich höhere Lebensqualität.
2018 wurde die erste Budesonid-Schmerztablette zur Therapie der eosinophilen Ösophagitis in Deutschland zugelassen. Nebenwirkungen, vor allem eine asymptomatische Pilzbesiedelung, treten bei etwa 10 % der behandelten Patienten auf. Topische Steroide wirken auch bei eosinophiler Gastroenteritis und Kolitis.
Antikörper gegen IgE oder TNF-α bringen nichts
Cromoglicinsäure und Montelukast sind bei der EoE nicht effektiver als Placebo. Monoklonale Antikörper gegen IgE oder TNF-α zeigten ebenfalls keine Wirkung. Bei Patienten mit PPI-sensibler eosinophiler Ösophagitis hemmen PPI die Säureproduktion und zudem die Th-2-Immunantwort. Th-2-spezifische Antikörper gegen IL-5 und IL-13 erzielten zwar ein gewisses histologisches Ansprechen, aber keine wesentliche Symptomlinderung.
Quelle: Hentschel F, Lüth S. Dtsch Med Wochenschr 2019; 144: 46-53