Leitlinie geht an die Haut

Dr. Melanie Söchtig

Kontaktekzeme lassen sich im Wesentlichen in fünf Unterformen klassifizieren. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind etliche andere Ekzemkrankheiten, etwa das häufige atopische Ekzem. Kontaktekzeme lassen sich im Wesentlichen in fünf Unterformen klassifizieren. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind etliche andere Ekzemkrankheiten, etwa das häufige atopische Ekzem. © Science Photo Library

Die Kontaktdermatitis gehört zu den häufigsten Erkrankungen der Haut. Diagnostisch wegweisend sind die Expositionsana­mnese und das klinische Bild der Hautveränderungen. Ein Therapieerfolg lässt sich vor allem durch das Meiden der ursächlichen Noxe erreichen.

Rund jeder Fünfte hierzulande ist gegen ein Kontaktallergen sensibilisiert. In der Folge kann es bei den Betroffenen zu einer allergisch bedingten Dermatitis kommen. Ursächlich für diese Art des Ekzems sind niedermolekulare Substanzen, die sogenannten Haptene, die an körpereigene Proteine binden und dadurch immunreaktiv werden. Eine allgegenwärtige Noxe, die eine derartige Reaktion hervorrufen kann, ist beispielsweise Nickel, auf das 1,9 bis 4,5 Millionen Menschen in Deutschland mit den entsprechenden Haut­erscheinungen reagieren. 

Das irritative Kontaktekzem ist weitaus häufiger als das allergische; etwa 80 % aller Kontaktekzeme sind irritativer Natur. Konkrete Zahlen zu Prävalenz und Inzidenz gibt es nicht. 

Auch der eigene Schweiß kann eine Irritation hervorrufen

Häufige Auslöser sind hautreizende Substanzen wie Lösungsmittel, Detergenzien oder Stäube. Aber auch der häufige und anhaltende Wasserkontakt oder der eigene Schweiß können eine Irritation der Haut hervorrufen. 

Neben dem allergischen und dem irritativen Kontaktekzem gibt es eine Reihe weiterer Formen wie die photoallergische und die phototoxische Dermatitis sowie die Protein­kontaktdermatitis (siehe Tabelle). Auslöser für die photoallergisch oder die photo­toxisch bedingten Hautveränderungen sind Photo­allergene bzw. chromophorenhaltige Substanzen in Verbindung mit ultravioletter Strahlung. Im Falle der Proteinkontaktdermatitis sind Eiweiße die Trigger. 

Kontaktekzem ist nicht gleich Kontaktekzem
ICD-10-Code
(Verdachts-)Diagnose
Auslöser
Klinische Charakteristika
L24.-
irritatives KontaktekzemIrritanzienscharf begrenzte Läsionen an Kontaktstellen, streut nicht auf andere Hautbereiche
L23.-
allergisches KontaktekzemHaptenemeist unscharf begrenzte Läsionen an den Kontaktstellen (Ausnahme: Grenze palmar/Handgelenk), Streuung auf andere Hautbereiche häufig
L56.8photoallergisches KontaktekzemPhotoallergeneManifestation nur auf lichtexponierten Hautarealen, meist unscharf begrenzt
L56.2phototoxisches KontaktekzemChromophorenManifestation nur auf lichtexponierten Hautarealen, in der Regel deutlich begrenzt
L25.4 bzw. L25.5
ProteinkontaktekzemProteinemeist unscharf begrenzte Hautläsionen an Kontaktstellen, evtl. auch inhalative/systemische Soforttypreaktionen gegen das gleiche Allergen

Bei Verdacht auf Kontaktekzem ist neben der Inspektion der betroffenen Hautareale also stets die Expositionsanamnese von zentraler Bedeutung. Dabei lassen sich die verschiedenen Varianten hinsichtlich ihrer Kausalität oft nicht mit letzter Sicherheit voneinander abgrenzen.  Beim allergischen Kontaktekzem ist eine anamnesebezogene Epikutantestung angezeigt. Gleiches gilt für die photoallergische und die phototoxische Variante, bei denen die Testung jeweils mit und ohne Belichtung durchgeführt wird. Bei Proteinkontaktdermatitis erfolgen ein anamnesebezogener Prick­test, eine spezifische IgE-Bestimmung und gegebenenfalls zusätzlich eine E­pikutantestung. Das Kontaktekzem ist vom atopischen Ekzem abzugrenzen. Dia­gnostisch richtungsweisend sind möglicherweise vorliegende weitere Erkrankungen des atopischen Formenkreises wie Rhinokonjunktivitis ­allergica oder ­Asthma bronchiale allergicum, eine positive Familienanamnese sowie die charakteristische Lokalisation der Hautveränderungen und atopische Stigmata. Als weitere Differenzialdiagnosen nennen die Leitlinienautoren Mykosen, ­Pityriasis ­rosea, ­Psoriasis ­vulgaris und pustulöse palmoplantare Psoriasis, ­Lichen ­planus, ­Lupus erythematodes oder Dermatomyositis. Ein Therapieerfolg lässt sich vor allem durch Meiden des auslösenden Irritans oder Allergens erreichen. Aus diesem Grund ist die Prognose für eine Nickel- oder Chromat­allergie eher schlecht, da man den Haptenen nur schwer aus dem Weg gehen kann. Nicht für jedes Kontaktekzem lässt sich letztlich ein eindeutiger Auslöser finden. In solchen Fällen muss ein pragmatischer, symp­tomorientierter Behandlungsansatz erfolgen.  Die Therapie richtet sich nach Akuität, klinischem Schweregrad, Morphologie der Läsionen und dem Ort der Ekzeme. Die Basis bilden geeignete Hautpflegemittel. Darüber hinaus kommen sowohl beim irritativen als auch beim allergischen Kontaktekzem topische Glukokortikoide als First-Line-Therapie zum Einsatz.  Daneben sind verschiedene Formen der Phototherapie etabliert. Beim Kontaktekzem, vor allem dem chronischen Handekzem, zählen topisches ­Psoralen plus UVA (­PUVA), UVB und ­UVA1 zusammen mit topischen Glukokortikoiden zur Standardtherapie. Allgemein hat die Phototherapie einen günstigen Effekt auf die Barrierefunktion der Haut, heißt es in der ­S1-Leitlinie. Die Behandlung kann allerdings auch kanzerogen wirken, weshalb man die Langzeitanwendung oder den Einsatz als Erhaltungstherapie vermeiden sollte.  Ist eine topische Therapie nicht wirksam oder nicht durchführbar, kann eine individuell angepasste ­systemische Behandlung erwogen werden. Glukokortikoide sind dabei nur in Ausnahmefällen indiziert. 

Wirksamkeit von Dupilumab wird derzeit untersucht

Vom langfristigen oder häufigen Gebrauch bei Kontakt- oder Hand­ekzem raten die Experten ab. Den höchsten Evidenzgrad bei schweren chronischen Handekzemen, die auf die Standardtherapie nicht ansprechen, kann ­Alitretinoin vorweisen. Die Datenlage für Immunsuppressiva wie Ciclosporin, Azathioprin, Mycophenolatmofetil oder Methotrexat sowie für die Biologika Infliximab, Etanercept, Adalimumab, Omalizumab, Secukinumab, Ustekinumab, Rituximab und Tralokinumab reicht derzeit nicht für eindeutige Empfehlungen aus.  Dupilumab ist für die Behandlung des mittelschweren bis schweren atopischen Ekzems zuge­lassen. Die Wirksamkeit des Biologikums bei allergischem Kontaktekzem und chronischem Handekzem wird aktuell in Studien untersucht.

Quelle: S1-Leitlinie „Kontaktekzem“, AWMF-Register-Nr.: 013-055, www.awmf.org

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Kontaktekzeme lassen sich im Wesentlichen in fünf Unterformen klassifizieren. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind etliche andere Ekzemkrankheiten, etwa das häufige atopische Ekzem. Kontaktekzeme lassen sich im Wesentlichen in fünf Unterformen klassifizieren. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind etliche andere Ekzemkrankheiten, etwa das häufige atopische Ekzem. © Science Photo Library