Lipidchaos bei Psoriasis

Dr. Dorothea Ranft

Die Senkung des LDL-C trägt deutlich zur Reduktion der Gesamtsterblichkeit der Betroffenen bei. Die Senkung des LDL-C trägt deutlich zur Reduktion der Gesamtsterblichkeit der Betroffenen bei. © Corona Borealis – stock.adobe.com

Kardiovaskuläre Komorbiditäten tragen essenziell zu der erhöhten Mortalität der Psoriasis bei. Eine lipidsenkende Therapie könnte die Gefahr mindern, sie wird aber noch zu wenig eingesetzt: Nur 24 % der Psoriasispatienten, bei denen eine präventive Statintherapie indiziert wäre, erhalten eine.

Die Lebenserwartung wird durch die Schuppenflechte um vier bis fünf Jahre gesenkt und Myokardinfarkte treten in jüngerem Alter auf als in der Gesamtbevölkerung, heißt es in einem EADV*-Positionspapier zum Thema Psoriasis und Statintherapie. Das insgesamt erhöhte kardiovaskuläre Risiko von Psoriasispatienten lässt sich nur bedingt durch die klassischen Risikofaktoren erklären. Ausschlaggebend könnten der zusätzliche chronische, pro-inflammatorische Zustand und die Immundysfunktion sein. Als besonders gefährdet gelten Patienten mit ausgedehntem Hautbefund (≥ 10 % BSA) bzw. Kandidaten für eine sys­temische oder Phototherapie, so die EADV-Expertengruppe um Dr. Alvaro­ Gonzalez-Cantero aus der Universitätsklinik Ramón y Cájal in Madrid. 

Statine mit zusätzlichem antiinflammatorischem Effekt?

Die Akkumulation von LDL-C und ApoB in der arteriellen Gefäßwand ist ein wesentlicher Teil der Atherogenese. Statine senken das LDL-C und tragen damit deutlich zur Reduktion der Gesamtsterblichkeit der Betroffenen bei, das gilt für Psoriatiker und Hautgesunde gleichermaßen. Dass zusätzliche antientzündliche und antioxidative Effekte der Statine zur Prävention beitragen, wird angenommen, eine klinische Relevanz ließ sich noch nicht belegen. Zudem zeigte sich eine positive Wirkung auf das Hautbild besonders bei schwerem Verlauf. Eine Statintherapie nur aufgrund der Psoriasis wird aber nicht empfohlen.

Um besonders gefährdete Patienten rechtzeitig zu erkennen, plädieren die Autoren des Positionspapiers für ein gezieltes Screening. Das beinhaltet, die Lipidwerte initial bei allen Psoriasispatienten zu bestimmen und entsprechend den Leitlinien zu kontrollieren, insbesondere bei moderater bis schwerer Hauterkrankung. Für die Risikostratifizierung können auch Risikorechner wie der SCORE2** genutzt werden, empfohlen wird das vor allem, wenn keine kardiovaskulären Vorerkrankungen oder Risikofaktoren (Diabetes, chronische Niereninsuffizienz, familiäre Hypercholesterinämie, LDL > 190 mg/dl) vorliegen. Zudem müssen die Patienten über die Zusammenhänge von Dermatose und Gefäßleiden aufgeklärt werden, ebenso über den günstigen Einfluss von gesunder Ernährung, Rauchverzicht und vermehrter Bewegung. Auch BMI, Blutdruck und HbA1c sind bei Psoriasispatienten regelmäßig zu erfassen. Die Zielwerte für das LDL-Cholesterin richten sich nach der individuellen Gefährdung (siehe Kasten). 

Therapieziele je nach Risiko

  • Bei einem niedrigen bis moderaten Risiko (z.B. gemäß SCORE2) strebt man ein LDL-Cholesterin ≤ 100 mg/dl an.

  • Empfohlen für Patienten mit hohem Risiko werden 70 mg/dl bzw. das LDL um mindestens 50 % zu senken. Damit gemeint sind Personen mit einem Gesamtcholesterin > 310 mg/dl bzw. einem LDL > 190 mg/dl oder RR ≥ 180/100 mmHg. Auch Diabetiker (ohne Organschaden) sowie Menschen mit moderater chronischer Nierenerkrankung oder Hochrisiko-SCORE2-Wert gelten als stark gefährdet.

  • Für Patienten mit sehr hohem Risiko gelten LDL-Spiegel von 55 mg/dl und eine Reduktion um ≥ 50 % als Zielwert. Sehr hohes Risiko heißt u.a. bekannte kardiovaskuläre Erkrankung oder familiäre Hypercholesterinämie sowie Diabetes (mit Organschaden), schwere Niereninsuffizienz und Menschen mit sehr hohem Risiko laut SCORE2.

Eine hochintensive Therapie wird empfohlen, wenn das LDL-Cholesterin um mindestens die Hälfte gesenkt werden soll. Das gilt u.a. für Personen im Alter zwischen 20 und 75 Jahren mit einem LDL-C ≥ 190 mg/dl, und zwar unabhängig vom Zehn-Jahres-Risiko. Für die Therapie eignen sich Atorvastatin (40–80 mg/d) und Rosuvastatin (20–40 mg/d). Sie haben möglicherweise den zusätzlichen Vorteil, dass sie gleichzeitig einen hohe antiinflammatorische Wirkung haben. 

Bei einer besonders intensiven Therapie sollte der Patient die höchste tolerierte Dosis erhalten, um den jeweiligen Zielwert zu erreichen. Wenn die Zielwerte selbst mit der maximal vertragenen Statindosis nicht erreicht werden, listet das Positionspapier die Möglichkeit einer Kombination mit Ezetimib

Diverse Statine eignen sich für moderat-intensive Therapie

Zu einer moderat-intensiven Behandlung raten die Autoren, falls eine Reduktion um 30 % bis 49 % angestrebt wird. Das lässt sich mit diversen Statinen erreichen (s. Kas­ten). Kandidaten für diese Therapieintensität sind Diabetiker und Menschen mit subklinischer Atherosklerose (Koronar-CT, Carotis- bzw. Femoralissonografie). 

Moderat-intensive Therapie

Atorvastatin 10–20 mg/d
Fluvastatin 80 mg/d
Lovastatin 40–80 mg/d
Pitavastatin 1–4 mg/d
Rosuvastatin 5–10 mg/d
Simvastatin 20–40 mg/d

Statine haben sich als kostengüns­tig, wirksam und sicher erwiesen. Das Nebenwirkungsprofil einschließlich muskulärer Beschwerden liegt quasi auf Placeboniveau, heißt es in dem Positionspapier der EADV. Trotz der guten Verträglichkeit sind aber regelmäßige Laborkontrollen von Lipiden (alle 3–12 Monate), ALT (8–12 Wochen) und ggf. CK erforderlich (s. Kasten unten). 

Entscheidungshilfe bei Kontrollen (Auswahl)

  • ALT < 3-fache Norm → erneute Bestimmung nach 4–6 Wochen.

  • ALT > 3-fache Norm →Statinstopp, Kontrolle nach 4–6 Wochen

  • CK > 10-fache Norm →Statin absetzen, CK-Monitoring alle 2 Wochen

  • CK < 10-fache Norm →asymptomatisch: Kontrolle alle 2–6 Wochen →sympomatisch: Therapiestopp und CK überwachen

  • CK < 4-fache Norm →muskuläre Symptome und CK im Auge behalten, auf niedrigere Dosis oder längere Einnahmeabstände wählen ggf. mit anderem lipidsenkenden Wirkstoff kombinieren

Patienten mit einem hohen Risiko sollten immer interdisziplinär in Abstimmung mit dem Hausarzt und einem Kardiologen behandelt werden. Auch Patienten mit Komorbiditäten wie Diabetes, Niereninsuffizienz oder KHK brauchen die Betreuung durch Hausarzt oder einen entsprechenden Fachkollogen.

* European Academy of Dermatology and Venerology
** Systematic Coronary Risk Evaluation

Quelle: Gonzales-Cantero A et al. J Eur Acad Dermatol Venerol 2023; 37: 169-1705;  DOI: 10.1111/jdv.19191

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