
Patienten mit Psoriasis laufen oft unter dem Radar

Die Lebenserwartung wird durch die Schuppenflechte um vier bis fünf Jahre gesenkt und Myokardinfarkte treten in jüngerem Alter auf als in der Gesamtbevölkerung, heißt es in einem EADV*-Positionspapier zum Thema Psoriasis und Statintherapie. Das insgesamt erhöhte kardiovaskuläre Risiko von Psoriasispatienten lässt sich nur bedingt durch die klassischen Risikofaktoren erklären. Ausschlaggebend könnten der zusätzliche chronische, pro-inflammatorische Zustand und die Immundysfunktion sein. Als besonders gefährdet gelten Patienten mit ausgedehntem Hautbefund (≥ 10 % betroffene Körperoberfläche) bzw. Kandidaten für eine systemische oder Phototherapie, so die EADV-Expertengruppe um Dr. Alvaro Gonzalez-Cantero, Universitätsklinik Ramón y Cájal in Madrid.
Die Akkumulation von LDL-C und ApoB in der arteriellen Gefäßwand ist ein wesentlicher Teil der Atherogenese. Statine senken das LDL-C und tragen damit deutlich zur Reduktion der Gesamtsterblichkeit der Betroffenen bei, das gilt für Psoriatiker und Hautgesunde gleichermaßen. Dass zusätzliche antientzündliche und antioxidative Effekte der Substanzen zur Prävention beitragen, wird angenommen, eine klinische Relevanz ließ sich noch nicht belegen. Zudem zeigten die Statine eine positive Wirkung auf das Hautbild besonders bei schwerem Verlauf. Eine Therapie nur aufgrund der Psoriasis wird aber nicht empfohlen.
Um besonders gefährdete Patienten rechtzeitig zu erkennen, plädieren die Autoren des Positionspapiers für ein gezieltes Screening. Das beinhaltet, die Lipidwerte initial bei allen Psoriasispatienten zu bestimmen und entsprechend den Leitlinien zu kontrollieren, insbesondere bei moderater bis schwerer Hauterkrankung. Für die Risikostratifizierung können auch Rechner wie der SCORE2** genutzt werden, empfohlen wird das vor allem, wenn keine kardiovaskulären Vorerkrankungen oder Risikofaktoren (Diabetes, chronische Niereninsuffizienz, familiäre Hypercholesterinämie, LDL > 190 mg/dl) vorliegen. Zudem müssen die Patienten über die Zusammenhänge von Dermatose und Gefäßleiden aufgeklärt werden, ebenso über den günstigen Einfluss von gesunder Ernährung, Rauchverzicht und vermehrter Bewegung. Auch BMI, Blutdruck und HbA1c sind bei Psoriasispatienten regelmäßig zu erfassen. Die Zielwerte für das LDL-Cholesterin richten sich nach der individuellen Gefährdung (siehe Kasten).
Therapieziele je nach Risiko
- Bei einem niedrigen bis moderaten Risiko (z.B. gemäß SCORE2) strebt man ein LDL-Cholesterin ≤ 100 mg/dl an.
- Empfohlen für Patienten mit hohem Risiko werden 70 mg/dl bzw. das LDL um mindestens 50 % zu senken. Damit gemeint sind Personen mit einem Gesamtcholesterin > 310 mg/dl bzw. einem LDL > 190 mg/dl oder RR ≥ 180/100 mmHg. Auch Diabetiker (ohne Organschaden) sowie Menschen mit moderater chronischer Nierenerkrankung oder Hochrisiko-SCORE2-Wert gelten als stark gefährdet.
- Für Patienten mit sehr hohem Risiko gelten LDL-Spiegel von 55 mg/dl und eine Reduktion um ≥ 50 % als Zielwert. Sehr hohes Risiko heißt u.a. bekannte kardiovaskuläre Erkrankung oder familiäre Hypercholesterinämie sowie Diabetes (mit Organschaden), schwere Niereninsuffizienz und für Menschen mit sehr hohem Risiko laut SCORE2.
Gute Cholesterinsenkung plus antientzündlicher Effekt
Eine hochintensive Therapie wird empfohlen, wenn das LDL-C um mindestens die Hälfte gesenkt werden soll. Das gilt u.a. für Personen im Alter zwischen 20 und 75 Jahren mit einem LDL-C ≥ 190 mg/dl, und zwar unabhängig vom Zehnjahres-Risiko. Für die Therapie eignen sich Atorvastatin (40–80 mg/d) und Rosuvastatin 20–40 mg/d. Sie haben möglicherweise den zusätzlichen Vorteil, dass sie gleichzeitig einen hohen antiinflammatorischen Effekt haben.
Bei einer besonders intensiven Therapie sollte der Patient die höchste tolerierte Dosis erhalten. Wenn der angestrebte Zielwert selbst mit der maximal vertragenen Statindosis nicht möglich ist, listet das Positionspapier die Möglichkeit einer Kombination mit Ezetimib.
Zu einer moderat-intensiven Behandlung raten die Autoren, falls eine Reduktion um 30–49 % angestrebt wird. Dazu eignen sich diverse Vertreter der Substanzgruppe:
- Atorvastatin 10–20 mg/d
- Fluvastatin 80 mg/d
- Lovastatin 40–80 mg/d
- Pitavastatin 1–4 mg/d
- Rosuvastatin 5–10 mg/d
- Simvastatin 20–40 mg/d
Kandidaten für diese Intensität sind Diabetiker und Menschen mit subklinischer Atherosklerose (Koronar-CT, Carotis- bzw. Femoralissono).
Statine haben sich als kostengünstig, wirksam und sicher erwiesen, heißt es in dem Positionspapier der EADV. Das Nebenwirkungsprofil einschließlich muskulärer Beschwerden liege quasi auf Placeboniveau. Trotz der guten Verträglichkeit sind aber regelmäßige Kontrollen von Lipiden (alle 3–12 Monate), ALT (8–12 Wochen) und unter Umständen die Kontrolle der CK-Werte erforderlich.
Psoriasispatienten mit einem hohen Risiko sollten immer interdisziplinär in Abstimmung mit einem Kardiologen behandelt werden. Auch Patienten mit Komorbiditäten wie Diabetes, Niereninsuffizienz oder KHK brauchen ggf. die Betreuung durch einen entsprechenden Fachkollegen.
* European Academy of Dermatology and Venerology
** Systematic Coronary Risk Evaluation
Quelle: Gonzales-Cantero A et al. J Eur Acad Dermatol Venerol 2023; 37: 1697-1705; DOI: 10.1111/jdv.19191
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).