
Long-QT-Syndrom rechtzeitig erkennen und ursachenspezifisch gegensteuern

Die frequenzkorrigierte QT-Zeit (QTc-Zeit) ist ein guter Marker für das Arrhythmierisiko. Ihre Messung und Interpretation gehören zu einer vollständigen Befundung des Oberflächen-EKGs, schreiben Dott. Alessandro Castiglione vom Universitäts-Herzzentrum Freiburg-Bad Krozingen, und Professor Dr. Katja E. Odening, Inselspital Bern. Von einem Long-QT-Syndrom (LQTS) spricht man, wenn die QTc-Zeit bei Männern ≥ 470 ms liegt und bei Frauen ≥ 480 ms.
Bei einem verlängerten Intervall muss man unbedingt nach sekundären Ursachen fahnden. Schließlich ist die kardiale Repolarisation sehr anfällig für endogene und exogene Störfaktoren, so die Autoren. Ein erhöhtes Risiko für eine erworbene Veränderung (meist Verlängerung) bergen z.B. zahlreiche Medikamente vom Antiarrhythmikum bis zum Psychopharmakon. Nähere Informationen liefern Internet-Datenbanken (s. Link rechts vom Text). Auch Elektrolytstörungen (z.B. Hypokaliämie), hormonelle Einflüsse und begleitende Erkrankungen können die QTc-Zeit beeinflussen.
Gerade bei Jüngeren sollte man zudem eine kongenitale Genese in Betracht ziehen – insbesondere nach Synkopen und/oder Fällen von plötzlichem Herztod in der Familie. Mehr als 90 % der angeborenen Long-QT-Syndrome lassen sich auf drei Subtypen (LQT1, LQT2 und LQT3) zurückführen. Die geschätzte Gesamtinzidenz bewegt sich zwischen 1:2000 und 1:2500.
Genotyp entscheidet über Arrhythmierisiko
An nächster Stelle steht die Einschätzung des individuellen Arrhythmierisikos – bei Patienten mit angeborenem LQTS kein leichtes Unterfangen. Denn selbst innerhalb der gleichen Familie kann der Phänotyp variieren. Neben Fällen mit häufigen arrhythmogenen Synkopen gibt es auch asymptomatische Mutationsträger mit normaler QTc-Zeit.
Ein wichtiger Prädiktor ist der Genotyp. Beim LQT2 treten besonders oft ventrikuläre Tachykardien auf. Beim LQT1 sind diese immer noch häufiger als beim LQT3, aber Letzterer hat eine höhere Mortalität als die anderen Subtypen. Vor allem Patienten, die bereits in der Kindheit LQTS-Symptome hatten, müssen mit erneuten Arrhythmien rechnen. Weit weniger gefährdet sind Mutationsträger, die bis zum 40. Lebensjahr keine Rhythmusstörungen entwickeln.
Die Geschlechtshormone und in diesem Zusammenhang auch das Alter (z.B. Pubertät) spielen ebenfalls eine Rolle. Östrogene erhöhen die Arrhythmiegefahr, Testosteron vermindert sie. Wichtig ist die Frage nach hormonell wirksamen Medikamenten (Kontrazeptiva, Krebstherapie). Die Autoren empfehlen darüber hinaus, die QTc-Zeiten zu verschiedenen Phasen des Zyklus zu messen.
Grundsätzlich lohnt ein genauerer Blick auf das EKG. Je länger das QTc-Intervall, desto gefährlicher. So ist das Risiko für einen plötzlichen Herztod bei einer Zeit > 550 ms sechsfach erhöht. Für eine Änderung des individuellen Arrhythmierisikos sprechen unterschiedliche Zeiten in den Verlaufsuntersuchungen.
QTc-Zeit korrekt erfassen

Betablocker mitunter trotz Beschwerdefreiheit sinnvoll
Als medikamentöse Erstlinientherapie sollte man allen mit symptomatischem LQTS einen Betablocker verordnen, raten die Experten. Auch bei (bisheriger) Beschwerdefreiheit kann deren Einsatz sinnvoll sein. Betablocker reduzieren arrhythmogene Sympathikustrigger, verkürzen die QTc-Zeit aber i.d.R. nur geringfügig. Aktuellen Daten zufolge sind Nadolol und Propranolol den eher selektiven Präparaten wie Metoprolol überlegen. LQTS-Patienten, die aufgrund einer ventrikulären Arrhythmie reanimiert werden mussten oder ein Hochrisikoprofil aufweisen, sollten einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator erhalten. Gleiches gilt, wenn trotz adäquater Medikation noch Rhythmusstörungen auftreten. Der ICD schützt vor dem plötzlichen Herztod bei Kammerflimmern, kann aber das Auftreten von Arrhythmien nicht verhindern, erinnern die Kollegen. Als Alternative kommt gerade bei pausenassoziierten Torsade-de-Pointes-Tachykardien ein Zweikammer-Schrittmacher in Betracht.Quelle: Castiglione A, Odening KE. Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 536-542; DOI: 10.1055/a-0969-6312
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).