Vorsicht bei Allergie und Long-QT-Syndrom

Dr. Elke Ruchalla

Viele der üblichen Medikamente bringen die Patienten erst recht in Gefahr. Viele der üblichen Medikamente bringen die Patienten erst recht in Gefahr. © iStock.com/Lemon_tm

Für „normale“ Allergiker gibt es klare Standardtherapien. Diese können Patienten mit kardialen Vorschäden aber in Schwierigkeiten bringen.

Bei einem Long-QT-Syndrom ist die Repolarisationsphase des Herzens gestört, was die Gefahr von potenziell lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen wie Torsades des Pointes mit Übergang in ein Kammerflimmern erhöht. Die angeborene Form gilt als wahrscheinlich, wenn im EKG wiederholt eine Herzfrequenz-korrigierte QT-Dauer von 480 ms oder mehr (bzw. ≥ 460 ms bei begleitender Symptomatik) erscheint. Die Inzidenz schätzt man auf 4–5 pro 10 000 Personen. Tatsächlich könnte sie aber höher liegen, erklären Dr. Tatjana Welzel vom Universitäts-Kinderspital Basel und Kollegen.

Personen mit Grad-2-Allergie ans EKG hängen

Was den Medizinern Sorgen bereitet, ist die gleichzeitig gestiegene Zahl von Allergiediagnosen. Denn die übliche Behandlung von akuten allergischen Reaktionen mit Histamin-1-Rezeptor-Antagonisten, b2-Rezeptor-Agonisten und Adrenalin kann das kardiale Problem der Patienten verschlimmern: Viele Substanzen der genannten Klassen verlängern ihrerseits das QT-Intervall oder haben arrhythmogenes Potenzial. Umgekehrt wirken auch die Antiallergika nur eingeschränkt, weil die Behandlung des Long-QT-Syndroms – etwa mit Betablockern – sie ausbremst.

Die Autoren haben angesichts dieses Dilemmas die Fachliteratur durchforstet und nach sicheren Vorgehensweisen bei der Kombination von Long-QT-Syndrom und allergischer Reaktion gesucht. Anhand ihrer Recherche stellten sie eine Reihe vermutlich sicherer Medikamente zusammen, die je nach Schweregrad verabreicht werden (s. Tabelle). Und die Ärzte ergänzen noch einige weitere wichtige Tipps: Schon im Stadium II hängt man den Patienten am besten an ein EKG und sollte über die Verlegung auf die Intensivstation nachdenken – spätestens ab dem Stadium III ist sie mehr als indiziert.

Sichere Maßnahmen je nach Allergie-Schweregrad
GradIIIIIIIV
HautJuckreiz, Flush, Urtikaria, Angioödem
Gastrointestinalsystem-Übelkeit, Erbrechen, KrämpfeErbrechen, Durchfall
Atmung-Rhinorrhoe, Heiserkeit, beginnende AtemnotLarynxödem, Bronchospasmus, ZyanoseAtemstillstand
Herz-Kreislauf-System-Tachykardie, Arrhythmie, BlutdruckabfallSchockHerz-Kreislauf-Stillstand
Behandlung bei Long-QT
  • als orale H1R-Antagonisten Cetirizin/Levocetirizin, Fexofenadin oder Desloratidin
  • bei Bedarf kurzzeitig Kortikosteroide p.o.
  • Sauerstoff
  • H1R-Antagonisten wie oben, zusätzlich bei Bedarf Clemastin i.v.
  • Adrenalin i.m., i.v., sublingual oder über Vernebler
  • Volumen
  • Kortikosteroide p.o. – zu i.v.-Gabe liegen keine Sicherheitsdaten vor, ist aber vermutlich unbedenklich
  • gegen pulmonale Symptome: Ipratropiumbromid, bei ausbleibender Wirkung Salbutamol

wie in Stadium II, zusätzlich bei ausbleibender Besserung:

  • endotracheale Intubation
  • Adrenalingabe wiederholen
  • Volumengabe intensivieren
  • Glucagon i.v.
kardiopulmonale Reanimation

Passiert das in der Praxis: Rufen Sie den Notarzt. Auch wenn Adrenalin ein QT-Syndrom bzw. die sich daraus ergebenden Arrhythmien verstärken kann, muss man es geben. Ansonsten läuft der Patient Gefahr, die Rhythmusstörung nicht mehr zu erleben, weil er vorher dem anaphylaktischen Schock erliegt. Forscher spekulieren noch, warum Glucagon bei Bronchospasmus und refraktärer Hypotonie wirkt. Vermutlich aktiviert es relevante Enzymsysteme unabhängig von den (wegen des Long-QT-Syndroms geblockten) b-Rezeptoren. 

Quelle: Welzel T et al. Ann Allergy Asthma Immunol 2018; 121: 545-551

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