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Mancher Krebs versteckt sich hinter einer Rheumamaske

Rheumatologische paraneoplastische Syndrome sind zwar selten. Dafür können sie in der Ausprägung sehr charakteristisch sein und auf ein noch nicht entdecktes Tumorleiden hinweisen, schreiben Dr. Jan Leipe und Professor Dr. Hendrik Schulze-Koops von der Rheumaeinheit des Klinikums der Universität München.
Zu solchen „klassischen“ paraneoplastischen Syndromen gehört das seltene palmare Fasziitis- und Polyarthritis-Syndrom (PFPAS). Hierbei findet man typischerweise die Kombination von Entzündung der palmaren Faszien und Polyarthritiden der Finger- und Handgelenke. Daraus resultieren akut schmerzhafte symmetrische und diffuse Schwellungen der Hände. Im Verlauf kommt es dann zu Verdickungen und nodulären Verhärtungen des subkutanen Gewebes mit rasch fortschreitenden Flexionskontrakturen. Es resultieren sogenannte „woody hands“, die kaum noch zu gebrauchen sind.
Das häufigste zugrunde liegende Malignom ist mit einem Anteil von ca. 37 % das Ovarialkarzinom – gefolgt von anderen Karzinomen des weiblichen Genitaltraktes und vom Mammakarzinom. Daher tritt das PFPAS etwa viermal häufiger bei Frauen als bei Männern auf. NSAR und Glukokortikoide können i.d.R. nicht viel ausrichten – das Gleiche gilt für DMARD*. Die suffiziente Behandlung des zugrunde liegenden Karzinoms scheint das A und O zu sein und führt in 41 % der Fälle zu einem Rückgang der Synovialitis. Fibrosen und Kontrakturen bleiben jedoch bestehen.
Symmetrische Synovialitiden mit massiven Schwellungen
Die remittierende, seronegative symmetrische Synovialitis mit eindrückbaren Ödemen (RS3PE-Syndrom) gilt ebenfalls als paraneoplastische rheumatische Manifestation. Typisch sind symmetrische Synovialitiden der kleinen Gelenke mit massiven ödematösen Schwellungen von Hand- und Fußrücken sowie ein akuter Beginn und ein fehlender Rheumafaktor. Die Erkrankung kommt als idiopathische Form auch ohne Tumor vor. Man findet das Syndrom v.a. im höheren Alter und bei Männern. Die Symptome sprechen schnell und gut auf Glukokortikoide an – bei der paraneoplastischen Form aber etwas schlechter bzw. verzögert. Die paraneoplastische Genese lässt sich nur durch die Remission nach erfolgreicher Tumortherapie beweisen. Initial empfehlen die Autoren ein Prednisolonäquivalent (≤ 10 mg/d).
Auch die Trias von Pankreatitis, Pannikulitis und Polyarthritis gehört zu den paraneoplastischen Syndromen. Betroffen sind vor allem Männer mit erhöhten Lipasewerten – entweder im Zusammenhang mit Pankreatitiden oder Pankreasmalignomen. Die Polyarthritis tritt insbesondere im Bereich der Hand, sowie in Knie- und Sprunggelenken auf. Sehr charakteristisch sind die nekrotischen Läsionen des subkutanen Fettgewebes mit meist schmerzhaften subkutan gelegenen knotigen Veränderungen. Bei unklarer Pannikulitis mit Arthritis sollte daher immer die Lipase bestimmt werden, schreiben die Autoren. Die Prognose ist relativ ungünstig. Fallberichte zu Glukokortikoiden und NSAR ergaben unterschiedliche Ergebnisse. Alternativ könnte laut den Experten Octreotid zum Einsatz kommen, es reduziert vermutlich Lipasespiegel.
Bronchialkarzinom sorgt für schmerzende Beinknochen
Bei der Trias von Knochenschmerzen (vor allem von Tibia und Femur), proliferativer Periostitis und Trommelschlegelfingern bzw. Uhrglasnägeln sollte man an eine hypertrophe (pulmonale) Osteoarthropathie (HOA) denken. Die klassische paraneoplastische Erkrankung geht meist anderen Symptomen eines pulmonalen Malignoms voraus. Auch das HOA bildet sich bei Remission des zugrunde liegenden Tumors zurück. Symptomatisch helfen NSAR gegen Knochenschmerzen und Periostitis. Ein Versuch mit Bisphosphonaten oder Octreotid kann sich lohnen, falls NSAR nicht ausreichen.
Antikörper geben Hinweis auf tumorassoziiertes Geschehen
Paraneoplastische Vaskulitiden findet man vor allem bei hämatologischen Neoplasien. Am häufigsten zeigt sich ein Hautbefall (78 %), gefolgt von Arthralgien (47 %), Fieber (42 %) und peripheren Neuropathien (32 %). Bei etwa jedem Fünften lassen sich ANCA** nachweisen.
Auch eine Myositis – meist in Form der Dermatomyositis – kann paraneoplastisch bedingt sein. Insbesondere bei höherem Alter, schwerer Haut- und Muskelbeteiligung, Arthritis, Fieber, positiven ANCA und schlechtem Ansprechen auf Immunsuppressiva sollte daran gedacht werden. Einen Hinweis auf ein paraneoplastisches Geschehen gibt außerdem der Nachweis von Antikörpern gegen TIF-1g (transcriptional intermediary factor 1-gamma). 65 % der Patienten mit diesem Faktor entwickeln innerhalb der nächsten drei Jahre ein Malignom, der negative prädiktive Wert liegt bei 93 %. Offen ist zurzeit noch die Frage, wie weit man diagnostisch auf der Suche nach einem okkulten Tumor gehen sollte.
* disease modifying antirheumatic drugs
** antineutrophile zytoplasmatische Antikörper
Quelle: Leipe J, Schulze-Koops H. Internist 2018; 59: 145-150
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