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Rheumatoide Arthritis: Neues zu Palpation, Labor und unterstützenden Maßnahmen

„Man hätte es gar nicht zu hoffen gewagt“, sagte der Rheumatologe Professor Dr. Markus Gaubitz, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, „aber es gibt etwas Neues bei der körperlichen Untersuchung der rheumatoiden Arthritis“. In einer kanadischen Studie nutzten vier Rheumatologen die sogenannte dorsale Vier-Finger-Technik (s. Abb.), um die Metacarpophalangeal(MCP)-Gelenke von 18 Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) zu palpieren und verglichen sie mit der traditionellen Zwei-Finger-Variante.
Die Ergebnisse der Kollegen korrelierten signifikant höher mit dem Ultraschallbefund, wenn sie statt der Zwei-Finger- die verbesserte Vier-Finger-Methode anwandten. Prof. Gaubitz hat die Variante ebenfalls ausprobiert und bescheinigt ihr „eine besondere Sensitivität“. Grundsätzlich untermauere eine derartige Studie zudem den Stellenwert der körperlichen Untersuchung in Zeiten von Multi-Parameter-Scores und Sonographie, sowohl zur Erstdiagnose als auch im Verlauf.
Ein neuer Star im Labor?
CRP und Blutsenkung gelten als die wichtigsten Entzündungsmarker. Jedoch liegen die Werte laut Prof. Gaubitz bei 10–30 % der Rheumapatienten zu Erkrankungsbeginn im Normbereich. Hier könnte der Calprotectinspiegel an Relevanz gewinnen. Das Molekül entsteht direkt am Ort des Geschehens und kann dort die Inflammation auslösen oder den Prozess chronifizieren.
Eine Studie mit 215 RA-Geplagten ohne DMARD*-Therapie bestätigt den Nutzen als Entzündungsmarker. Nach zwölf Monaten fand sich nur für Calprotectin eine Korrelation mit dem Powerdoppler-Befund. Zudem gingen initial hohe Spiegel mit einer stärkeren radiographischen Progression einher. Prof. Gaubitz hält das Protein besonders bei subklinischer Entzündung für einen vielversprechenden Aktivitätsmarker. In einigen Kliniken kommt die Bestimmung bereits häufig zum Einsatz.
Kaffee am Tag der MTX-Therapie
Gegen die Übelkeit als Nebenwirkung von Methotrexat (MTX) haben erfahrene Rheumatologen schon öfter Kaffee empfohlen, berichtete Professor Dr. Klaus Krüger, Rheumatologe am Praxiszentrum St. Bonifatius München. Allerdings bestand die Sorge, dass Koffein schlicht den Therapieeffekt abschwächt und deshalb weniger Komplikationen auftreten. Diese Bedenken scheinen aber unbegründet zu sein.
In einer Kohorte mit 855 Personen litten 14 % unter einer MTX-induzierten moderaten oder schweren Übelkeit. Ein Plus an Koffein befreite mehr als die Hälfte der Teilnehmer von diesem Symptom, bei jedem Zehnten zeigte sich hingegen gar kein Effekt. Die klinischen Parameter unterschieden sich insgesamt nicht von denen der koffeinabstinenten Probanden, so Prof. Krüger. Der Kollege nutzt den „Trick“ inzwischen erfolgreich bei seinen Patienten. Kaffeeliebhaber können am MTX-Applikationstag einfach einige Tassen zusätzlich trinken. Drei Instantkaffees oder mehrere Tassen Kakao mit schwarzer Schokolade erfüllen denselben Zweck.
Malignomgefahr vom Tisch
Biologika bergen ein Krebsrisiko – dieser Satz kursiert immer noch und verunsichert viele Patienten. Prof. Krüger aber glaubt: „Das Buch zum Thema Malignome und Biologika kann man nach 15- bis 20-jähriger Erfahrung schließen.“ Inzwischen sei eine unheimliche Menge an Daten zusammengekommen.
Die neuesten umfassen u.a. zwei große Publikationen zu Lymphomen auf der Basis europäischer und britischer Registerdaten sowie eine Metaanalyse zu soliden Tumoren. Keine dieser Untersuchungen ergab einen Hinweis für eine Erhöhung des Krebsrisikos unter Biologika. Das gleiche gilt einer dänischen Registerstudie zufolge offenbar ebenso für Zweitmalignome.
Fisch, Bier und Zigaretten
Zur Prognosebeeinflussung hatten beide Referenten Tipps parat. So zeigte sich bei ca. 5700 RA-Kranken, dass ein Rauchstopp das Risiko einer stationären Behandlung aufgrund kardiovaskulärer Ereignisse oder Atemwegsinfekte pro Jahr um 25 % bzw. 15 % reduziert. Für Prof. Gaubitz sind diese Zahlen ein zusätzlicher Wachmacher für Kollegen, falls „wir mal müde werden, unsere Patienten darauf hinzuweisen, dass Rauchen auch für den Verlauf ein ganz entscheidender Faktor ist“.
Maßvoller Alkoholkonsum unter MTX ist akzeptabel
Geht es um Alkohol, müssen Sie mit den Rheumatikern aber nicht ganz so streng umgehen. Denn zwei „Einheiten“ täglich erhöhen die Gefahr einer Hepatotoxizität unter MTX-Behandlung – definiert als dreifacher Transaminasenanstieg – nicht. In der zugrundeliegenden Studie ensprach eine Einheit ca. 170 ml Bier, also „einem schlecht gezapften kleinen Bier mit etwas zu viel Schaum“, veranschaulichte der Kollege. Prof. Gaubitz betonte, er wolle keinen zum Alkoholkonsum ermutigen, jedoch etwas nachsichtiger mit denjenigen sein, die maßvoll damit umgehen, da sonst möglicherweise die Therapieadhärenz sinke.
Zu einer anderen Maßnahme kann man aber durchaus ermutigen. Prof. Krüger stellte abschließend eine Untersuchung vor, die adjustiert für andere Einflussfaktoren herausfand: Mit der Menge an Fischmahlzeiten bessert sich der klinische Status von RA-Patienten. Am deutlichsten war der Effekt bei zwei oder mehr solcher Gerichte pro Woche.
* Disease-modifying anti-rheumatic drugs
Quelle: 13. Rheumatologie-Update-Seminar
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