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Maßnahmen am Lebensende: drei Fallbeispiele zum Mitdenken

In der Veranstaltung „Behandlungsziele am Lebensende“ stellte die Hausärztliche Fortbildung Hamburg drei verschiedene Situationen vor, in denen ein Hausarzt mit der Behandlung Sterbender konfrontiert wird. Was die Kollegen geantwortet haben, werteten Dr. Rüdiger Thiesemann aus einer Hamburger Gemeinschaftspraxis und seine Kollegen aus. Sie erläutern die jeweiligen Situationen und zeigen mögliche Auswege. Die Ergebnisse der TED-Umfrage finden Sie unter den jeweiligen Fragen.
Fall 1: „Notfall“ beim Sterbenden
Der Rettungswagen liefert eine sterbende Person in die Klinik ein.
B: Wenn heute Nacht etwas passiert, gehen wir ganz langsam hin.
C: OP, Schrittmacher (o.ä.) ist ethisch nicht okay. Die Ressource fehlt dann woanders.
D: Es ist DRG-mäßig zu teuer, das machen wir nicht. Wir kriegen das nicht wieder über die Verweildauer herein.
E: Die Angehörigen wollen das nicht.
Antworten für Fall 1
B: 30 %
C: 7 %
D: 10 %
E: 23 %
Fall 2: Der Münchner PEG-Fall
Ein bewegungs- und kommunikationsunfähiger Patient mit fortgeschrittener Demenz wird in seinen letzten fünf Jahren über eine PEG-Sonde ernährt. Es gibt weder eine Patientenverfügung noch lässt sich sein Wille hinsichtlich lebenserhaltender Maßnahmen anderweitig feststellen. Der Sohn verklagt den behandelnden Hausarzt später auf Schmerzensgeld. Dieser habe das Therapieziel trotz der Verschlechterung des Zustands ein Jahr vor dem Tod des Vaters nicht geändert und damit das Leiden sinnlos verlängert. Vor dem Landgericht mit seiner Klage gescheitert, geht der Sohn in Berufung. Vom Oberlandesgericht bekommt er schließlich 40 000 € Schmerzensgeld zugesprochen mit der Begründung: Im Rahmen der Aufklärungspflicht hätte der Hausarzt mit dem Betreuer das weitere therapeutische Vorgehen besprechen müssen. Die aus dieser Pflichtverletzung resultierende Leidensverlängerung stelle einen ersatzfähigen Schaden dar.B: eher schlecht
C: skandalös
Antworten für Fall 2
B: 50 %
C: 25 %
Fall 3: Subkutane Flüssigkeitsgabe
Sie werden im KV-Notdienst ins Pflegeheim zu einem 84-jährigen Dementen mit arterieller Hypertonie gerufen. Bis vor einer Woche konnte er mit Gehstock laufen. Vor zwei Tagen litt er für mehrere Stunden unter wässrigem Durchfall, danach sei er zunehmend eingetrübt und seit dem Morgen zwar aufzuwecken, aber nicht mobilisierbar. Momentan kann er weder Medikamente noch Nahrung einnehmen und äußert Schmerzen bei Berührung (RR 90/70, HF 110/min, Temp. 36,6 °C, BZ 130). Angehörige oder eine Patientenverfügung hat der Mann nicht.B: Morphin (s.c.)
C: Flüssigkeitsgabe (s.c.)
D: Volumengabe (i.v.)
E: Abwarten
F: SAPV kontaktieren
Antworten für Fall 3
B: 5 %
C: 33 %
D: 11 %
E: 6 %
F: 0 %
Kontraindikationen für die Flüssigkeitsgabe (s.c.)
- schwere Dehydratation
- dekompensierte Herzinsuffizienz
- dekompensierte Niereninsuffizienz
- Koagulopathien
- Kreislaufschock
- langfristiger Flüssigkeitsbedarf
- finale Sterbephase
- ausschließliche Erleichterung der Pflege
- mangelnde Adhärenz des Patienten
- häusliche Bedingungen, die dagegen sprechen
- intravasales Flüssigkeitsdefizit ohne begleitenden Pleuraerguss
- zuvor festgelegte eindeutige Therapiegrenzen was Volumen (z.B. max. 500 ml/24 h) und Dauer (zunächst max. drei Tage) anbelangt
- fachgerechter Punktionsverband
- leitlinienkonforme Dosisanpassung der Begleitmedikation
Quelle: Thiesemann R et al. Hamburger Ärzteblatt 2019
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