Medikamente können das kardiovaskuläre Risiko erhöhen

Sabine Mattes

Es gebe viele Medikamente, die das CV-Risiko erhöhen und trotzdem eingenommen werden, weil der individuelle Nutzen überwiege, so die Wissenschaftler. Es gebe viele Medikamente, die das CV-Risiko erhöhen und trotzdem eingenommen werden, weil der individuelle Nutzen überwiege, so die Wissenschaftler. © Berit Kessler – stock.adobe.com

Einige der bei ADHS eingesetzten Wirkstoffe scheinen das kardiovaskuläre Risiko zu erhöhen - vor allem zu Beginn der Therapie. Ob man sie deswegen nicht mehr verordnen sollte, muss individuell entschieden werden.

Viele ADHS-Patienten erhalten eine langfristige pharmakologische Therapie. Verschiedene Wirkstoffe wurden auf kurze Sicht bereits mit einer Steigerung von Herzfrequenz und Blutdruck assoziiert. Ob eine längerfristige Einnahme das Risiko für kardiovaskuläre (CV) Krankheiten erhöht, war bisher unklar und wurde nun von einer Forschergruppe um Dr. Le Zhang vom Karolinska Institut, Stockholm, untersucht.

Ihre Fall-Kontroll-Studie basiert auf den Gesundheitsdaten von mehr als 278.000 schwedischen ADHS-Patienten im Alter von 6 bis 64 Jahren, die zwischen 2007 und 2020 eine ADHS-Diagnose oder eine entsprechende Medikation erhalten hatten.

Sobald ein Patient der Kohorte ein kardiovaskuläres Ereignis erlitt, wurde er mit bis zu fünf Kontrollen ohne bisheriges Ereignis gematcht. Die finale Analyse schloss 10.388 Patienten mit CV-Diagnose und 51.672 gematchte Kontrollen ein. Das mittlere Follow-up betrug 4,1 Jahre. 84 % der durchschnittlich 35-Jährigen nahmen in dieser Zeit ADHS-Medikamente. Die Wirkstoffe Methylphenidat, Atomoxetin und Lisdexamfetamin waren am häufigsten vertreten.

Im Vergleich zu keiner Medikation fanden die Forscher bei einer längeren kumulativen Medikamenteneinnahme bei Kindern und Erwachsenen einen Zusammenhang mit einem höheren CV-Risiko. Signifikante Ergebnisse ergab die Detailanalyse für Hypertonie und arterielle Erkrankungen. Über das gesamte Follow-up ließ sich jedes zusätzliche Jahr unter einer pharmakologischen ADHS-Therapie im Mittel mit einer 4%igen Steigerung des CV-Risikos assoziieren. Dabei war der Anstieg in den ersten drei Jahren stärker (Adjusted Odds Ratio: 1,08) und flachte danach ab. Die medikamentenspezifische Analyse ergab einen relevanten Zusammenhang für die Stoffe Methylphenidat und Lisdexamfetamin. Bei Atomoxetin bestand dieser nur im ersten Jahr.

Nutzen und Risiken individuell sorgsam abwägen

Was ergibt sich daraus für die klinische Praxis, fragen sich Prof. Dr. Samuel Cortese von der Universität Southampton und Prof. Dr. Cristiano Fava, Universität Verona, im begleitenden Editorial. Ein Verzicht auf Stimulanzien aus Sorge um das kardiovaskuläre Risiko? Wie bei jeder klinischen Entscheidungsfindung sollte auch ein Abwägen von Kosten und Nutzen erfolgen, raten die beiden Wissenschaftler – und zwar auf individueller Ebene. Bei kardiovaskulär vorbelasteten Patienten könne die Bewertung eventuell anders ausfallen als bei Herzgesunden. Zu beachten sei dabei auch, dass die Ergebnisse erst ab dem 1,5-Fachen der definierten Tagesdosis statistische Relevanz erreichten. Es gebe viele Medikamente, die das CV-Risiko erhöhen und trotzdem eingenommen werden, weil der individuelle Nutzen überwiege.

Quellen:
1. Zhang L et al. JAMA Psychiatry 2023; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2023.4294
2. Cortese S, Fava C. JAMA Psychiatry 2023; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2023.4126

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Es gebe viele Medikamente, die das CV-Risiko erhöhen und trotzdem eingenommen werden, weil der individuelle Nutzen überwiege, so die Wissenschaftler. Es gebe viele Medikamente, die das CV-Risiko erhöhen und trotzdem eingenommen werden, weil der individuelle Nutzen überwiege, so die Wissenschaftler. © Berit Kessler – stock.adobe.com