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Mehr als Gallensäurebinder

Bei einer chologenen Diarrhö ist der enterohepatische Kreislauf gestört. Es kommt zu einer verringerten Resorption der Gallensäure im Ileum und einer gesteigerten Produktion von Gallensäure in der Leber. Denn aufgrund der Malabsorption wird der Fibroblasten-Wachstumsfaktor 19 (FGF19) weniger gebildet. Dieser reguliert jedoch über einen negativen Feedbackmechanismus die Synthese der Gallensäure.
Ist die chologene Diarrhö Folge einer anderen Krankheit, sollte man zunächst die Primärerkrankung behandeln, erklärte Dr. Anne-Marie Ellegaard vom Center for Clinical Metabolic Research des Krankenhauses Gentofte in Kopenhagen. Es gibt Studien, die auf die Vorteile einer fettarmen Ernährung bei primärer chologener Diarrhö hinweisen. Doch diesen Arbeiten fehlt meistens eine Kontrollgruppe, merkte die Referentin einschränkend an. Klassischerweise nutzt man Gallensäurebinder, um die Symptome zu behandeln.
Colesevelam gilt als der neueste Gallensäurebinder der zweiten Generation. Verglichen mit Placebo reduziert der Ionenaustauscher die Zahl der täglichen Stuhlgänge und verbessert die Konsistenz. Patientinnen und Patienten vertragen den Ionenaustauscher in der Regel gut, die Anwendung ist allerdings off-label und es kann zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen, betonte Dr. Ellegaard.
Sowohl Colesevelam als auch Liraglutid sind relativ teuer
Als vielversprechend gilt die Off-Label-Anwendung von Liraglutid. In verschiedenen Arbeiten des Gentofte-Krankenhauses schnitt der GLP1-Rezeptoragonist besser ab als Colesevelam. So reduzierte Liraglutid über einen Zeitraum von sechs Wochen die Zahl der täglichen Stuhlgänge stärker als Colesevelam. Zudem verbesserte er die Gallensäureabsorption und führte zu einem höheren FGF19- sowie einem geringeren Spiegel des Biomarkers C4. Insgesamt wurde unter Colesevelam mehr Gallensäure ausgeschieden als unter Liraglutid. Allerdings sind sowohl Colesevelam als auch Liraglutid teuer, merkte die Referentin einschränkend an. Das Patent für Liraglutid sei jedoch mittlerweile ausgelaufen, sodass man auf Preisreduzierungen hoffen könne.
Ein stärkerer und länger wirkender GLP1-Rezeptoragonist für die Behandlung von Typ-2-Diabetes als Liraglutid ist Semaglutid. Ob dieser sich jedoch bei einer chologenen Diarrhö als überlegen erweist, ist noch unklar, so die Referentin.
In Studien erzielte die tägliche subkutane Gabe von Liraglutid eine stetige Entlastung. Unter Semaglutid, das einmal wöchentlich verabreicht wird, verbesserten sich die Symptome zwar in den ersten Tagen nach der Injektion, doch nach vier bis fünf Tagen traten die Beschwerden wieder auf. Weitere Arbeiten seien notwendig, um zu verstehen, ob Semaglutid ebenfalls eine Rolle in der Behandlung der chologenen Diarrhö spielen könnte, so Dr. Ellegaard.
Eine interessante Möglichkeit für die Behandlung der Zukunft sei Dr. Ellegaard zufolge, an der Darm-Leber-Achse anzusetzen. So könnte man versuchen, die negative Rückkopplung von FGF19 mit einem FXR-Agonisten oder einem FGF19-Analogon wiederherzustellen, da FXR die Expression von FGF19 induziert. Zwar konnte sowohl mit einem FXR-Agonisten als auch mit einem FGF19-Analogon beispielsweise der C4-Spiegel reduziert werden. Klinische Parameter wie Stuhlfrequenz und Konsistenz verbesserten sich unter der Behandlung jedoch nicht. Noch sei nicht abschließend geklärt, ob sich klinische Parameter durch solche Präparate verbessern ließen, erklärte Dr. Ellegaard abschließend. Dazu brauche es weitere Studien.
Quelle: UEG* Week 2024
* United European Gastroenterology
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