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Mehr Klarheit bei der Colitis ulcerosa

In der Therapie der Colitis ulcerosa geht es zunächst darum, die Symptome rasch und möglichst anhaltend in den Griff zu bekommen. Ein klinisches Ansprechen auf die Behandlung erkennt man daran, dass die rektalen Blutabgänge nachlassen und die Stuhlfrequenz um mindestens 50 % zurückgeht. Nächstes Etappenziel ist die klinische Remission, d.h. die Blutabgänge sistieren und die Stuhlfrequenz normalisiert sich. Dieses Stadium sollte man angesichts der zahlreichen Nebenwirkungen ohne den langfristigen Einsatz von Kortikosteroiden erreichen, schreiben Prof. Dr. Peter Hasselblatt von der Uniklinik Freiburg und Kollegen. Die Entzündungsmarker wie CRP oder fäkales Calprotectin sollten nach Therapiebeginn absinken und sich im Verlauf normalisieren.
Mukosaheilung senkt das Rezidivrisiko
Auch per Ultraschall lässt sich bereits in der Frühphase das Ansprechen auf die Therapie beurteilen, Parameter sind die Dicke der Darmwand und die Durchblutung. Anzustreben ist die endoskopische Abheilung der Mukosa, denn dies geht u.a. mit einem niedrigeren Rezidivrisiko einher, so die Autoren. Noch unklar sei, ob die histologische Remission einen zusätzlichen Nutzen
bringt.
So schädlich der Dauereinsatz von Kortikosteroiden auch ist: In schweren Fällen darf man nicht zögern, entsprechende Medikamente intravenös zu verabreichen. Spätestens bei fehlendem Ansprechen der Steroide nach drei Tagen muss man den Fall interdisziplinär besprechen, betonen die Autoren. In der Regel erfolgt dann eine Rescue-Therapie mit Infliximab oder Ciclosporin A. Nach wie vor ist in vielen Fällen ein chirurgisches Eingreifen unumgänglich.
Prof. Hasselblatt und Kollegen bemängeln, dass häufig ein zu negatives Bild von der Kolektomie als Therapieoption gezeichnet werde. Die Daten zur Lebensqualität nach der Operation und die Komplikationsraten würden eine solche Sichtweise nicht unterstützen. Sowohl Patienten mit fulminanter Kolitis als auch Patienten mit anhaltender Entzündung und Dysplasie sollte man frühzeitig über die Vor- und Nachteile des chirurgischen Eingriffs aufklären. Unter anderem ist das Darmkrebsrisiko bei anhaltender Entzündung erhöht, sodass eine engmaschigere Überwachung erfolgen muss.
Absetzen der Medikation bleibt heikel
Für die Darmkrebsvorsorge ist den Autoren zufolge die Chromoendoskopie inklusive gezielter Biopsien zu bevorzugen. Sie räumen allerdings ein, dass diese zeitintensiv und daher im klinischen Alltag nicht immer realisierbar ist.
Bei Patienten, die in Remission kommen, stellt sich die Frage, wie mit der Medikation zu verfahren ist. Während die Leitlinien zahlreiche Anleitungen zur Therapieeskalation bieten, sind Empfehlungen zur Deeskalation rar. Eine Situation, in der die Behandlung beendet werden kann, ist nicht beschrieben.
Mehreren Studien zufolge erhöht das Absetzen von 5-Aminosalicylsäure (5-ASA) sogar nach mehr als einjähriger Remissionsdauer die Rezidivrate. Auch bei anhaltender Remission wird daher eine dauerhafte Monotherapie mit 5-ASA empfohlen. Zum Absetzen von Azathioprin gibt es bislang nur eine einzige Arbeit. Darin verdoppelte sich die Rezidivrate durch den Therapiestopp. Eine Gabe des Medikaments über drei bis vier Jahre kann erwogen werden, zu berücksichtigen ist allerdings das durch Azathioprin erhöhte Krebsrisiko, betonen die Autoren.
Auch für Infliximab belegen mehrere Studien ein Wiederaufflammen der Colitis nach Therapieabbruch. Bestand allerdings sowohl eine klinische als auch eine endoskopische Remission, fiel die Rate geringer aus. Eine kombinierte Therapie aus Infliximab und Azathioprin sollte trotz Remission für mindestens neun Monate fortgesetzt werden. Je nach individuellem Rezidivrisiko, Nebenwirkungen usw. kann danach ein Absetzen von Azathioprin erwogen werden.
In der Forschung dreht sich auch bei Colitis ulcerosa vieles um die Suche nach Biomarkern für Therapieansprechen, Prognose und Monitoring. Letztlich geht es darum, frühzeitig die richtige Therapie für den richtigen Patienten zu finden – auch mithilfe künstlicher Intelligenz. Ein Beispiel für die Vorteile von personalisierter Medizin liefert der HLA-DQA1*05-Genotypus: Er ist assoziiert mit dem Risiko, körpereigene Antikörper gegen verabreichte TNF-alpha-Antikörper zu bilden, was deren Wirkung schmälert. Wurde diese genetische Disposition nachgewiesen, kann die zusätzliche Gabe von Azathioprin helfen, den Mechanismus zu durchbrechen.
Verschiedene Ansätze beim fäkalen Mikrobiomtransfer
Der fäkale Mikrobiomtransfer hat sich bereits in der Therapie von Clostridioides-difficile-Infektionen bewährt. Für die Indikation Colitis ulcerosa ist bisher lediglich der Escherichia-coli-Stamm Nissle zugelassen. Experimente laufen derzeit sowohl mit Präparatmischungen von mehreren Spendern als auch mit einzelnen Stämmen, die besonders gute Resultate gezeigt haben. Ein weiterer Ansatz ist die Transplantation steriler Stuhlfiltrate, die die Darmflora modifizieren sollen. Die orale Einnahme von eingekapseltem Material ist der rektalen Applikation vorzuziehen, da sie leichter durchführbar und nebenwirkungsärmer ist.
Um den Nutzen neuer Therapiestrategien besser einordnen zu können, fordern Prof. Hasselblatt und Koautoren direkte Vergleichsstudien mit althergebrachten Substanzen. Aktuell stehen mehrere neue Antikörper und Immunmodulatoren auf dem Prüfstand. In Zukunft könnten auch topische Immunmodulatoren, z.B. Antagonisten gegen Toll-like-Rezeptoren, eine Rolle spielen. Dadurch ließe sich möglicherweise die Toxizität von systemischen Therapien reduzieren.
Quelle: Hasselblatt P et al. Z Gastroenterol 2023; 61: 690-700; DOI: 10.1055/a-1890-6015
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