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Mein Name ist Hasenpest

Die Kollegen haben schwer gerätselt: Ein 17-Jähriger kam als Notfall mit einem Kreislaufzusammenbruch in die Klinik. Außerdem hatte er hohes Fieber, Pharyngitis, geschwollene, gerötete Mandeln und beidseitig eine zervikale Lymphadenopathie. Eine mehrtägige Therapie mit oralem Cefuroxim zeigte keinen Effekt, schreiben Dr. Moritz Klug von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Dritter Orden München und sein Team.
Im Anamnesegespräch erklärte der Junge, weder Auslandsreisen gemacht noch sich außerhalb des Münchener Stadtgebiets aufgehalten zu haben. Lediglich habe er in städtischen Parks mit Freunden sein Abitur gefeiert. Drogen und Geschlechtsverkehr wurden verneint. Ebenso gab es keine Erkrankungen im nahen Umfeld, keine Wildtierkontakte, keine Zecken- oder Insektenstiche. Die Laborwerte waren unauffällig.
Bei Verdacht auf eine bakterielle Tonsillopharyngitis erhielt er Ampicillin/Sulbactam, wegen einer Allergie kurz darauf Clindamycin. Doch der Zustand des jungen Mannes verschlechterte sich weiter. Er wurde desorientiert. Bildgebung und Liquoruntersuchung fielen negativ aus. Die zunehmende Verschlechterung seines Zustandes – hinzu kamen unter anderem Dyspnoe, Schluckstörungen und ein multiformes Exanthem – ließ sich auch durch die Therapieeskalation mit Metronidazol nicht aufhalten. Eine Biopsie der mittlerweile auf bis zu 5 cm vergrößerten Lymphknoten (auch zum Ausschluss eines Lymphoms) brachte schließlich an Tag 11 einen entscheidenden Hinweis: epitheloidzellige Granulome mit zentraler Nekrose ohne Malignomzeichen.
Befunde erst nach zwei Monaten normalisiert
Das ließ die Kollegen an eine Tularämie denken. Zwar war die Anamnese untypisch (kein Kontakt mit den klassischen Wirten, keine Arthropoden-Stiche, keine exotischen Aufenthalte), aber die Reverse-Transkriptase-PCR am Biopsat bestätigte den Erreger Francisella tularensis.
Antibiotische Therapie der Tularämie | ||
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Medikament | Dosis und Applikationsart | Dauer |
erste Wahl | ||
Ciprofloxacin
+ Gentamicin (in schweren Fällen) | 15 mg/kgKG i.v. zweimal täglich (Tabletten nur in leichteren Fällen, bis 1 g/d)
5 mg/kgKG i.v. einmal pro Tag | 14 Tage
14 Tage |
zweite Wahl: Doxycyclin | ||
ungeeignet: Betalaktamantibiotika und Cephalosporine |
Hauskaninchen waren nicht die Quelle
Woher der junge Mann in diesem Fall seine Bakterien hatte, ließ sich übrigens nicht mehr herausfinden. Familienmitglieder hatten sich nicht infiziert. Und auch in den städtischen Parks konnte man weder bei untersuchten Tieren noch bei Besuchern einen Hinweis finden. Die zwei Hauskaninchen des Jungen wurden aufgrund fehlender Symptome vom Referenzlabor als Infektionsquelle ausgeschlossen.Quelle: Klug M et al. Monatsschr Kinderheilkunde 2021; 169: 500-503; DOI: 10.1007/s00112-020-01053-0
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