Rattenbissfieber: Domestizierte Ratten haben es in sich

Dr. Alexandra Bischoff

Neben Ratten können auch Mäuse, Eichhörnchen und nagetierfressende Haustiere die Erkrankung auslösen. Neben Ratten können auch Mäuse, Eichhörnchen und nagetierfressende Haustiere die Erkrankung auslösen. © iStock.com/cynoclub

Schmusen mit zahmen Ratten kann böse Folgen haben. Ein junger Mann handelte sich dabei ein Rattenbissfieber ein, das wegen der Gelenkschwellungen erst einmal als reaktive Arthritis fehlgedeutet wurde.

Als sich ein 20-Jähriger in der Ambulanz des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vorstellte, hatte er bereits seit zwei Tagen Hautveränderungen an Extremitäten. Außerdem litt er an Kopf- und Halsschmerzen sowie wechselnden druckdolenten Schwellungen der großen Gelenke. Zudem berichtete er über einmalig aufgetretenes Fieber mit Schüttelfrost. Nach eigenen Angaben hatte er weder Vorerkrankungen noch Kontakt zu Haus- bzw. Nagetieren gehabt.

Bei der körperlichen Untersuchung zeigte sich eine druckdolente Schwellung und Überwärmung beider Sprunggelenke und des linken Hand- und Ellenbogengelenks. Beide Unterschenkel und Fußsohlen waren mit erythematösen Maculae und teilweise hämorrhagisch krustig belegten Papeln sowie vereinzelten Pusteln übersät. In geringerem Ausmaß bestanden diese Hautveränderung auch an Gesicht, Unterarmen und Handinnenflächen. Im Labor fanden sich sowohl erhöhte Leukozytenwerte (12,3 Mrd/l) als auch ein Anstieg des C-reaktiven Proteins (133 mg/l). Das Procalcitonin war im Normbereich.

Beim Schmusen in die Zunge gebissen

Der Patient wurde daraufhin mit der Verdachtsdiagnose einer reaktiven Arthritis auf die nephrologisch-rheumatologische Station aufgenommen. Dort kamen Dr. Tingting Xiong und ihren Kollegen allerdings Zweifel, ob es sich nicht doch eher um eine infektiöse Erkrankung handelte. Der Hautbefund schien völlig untypisch für eine reaktive Arthritis zu sein, die vor allem psoriasiforme, teils pustulöse Veränderungen auslöst. Die Läsionen des jungen Mannes erinnerten vielmehr an ein Varizellen-Exanthem.

Um eine diagnostische Fehlentscheidung zu vermeiden, wurde die Suche nach möglichen Erregern intensiviert. Gleichzeitig begannen die Kollegen eine kalkulierte antibiotische Therapie mit Doxycyclin. Am dritten Tag gelang mit den Blutkulturen schließlich der Nachweis von Streptobacillus moniliformis – einem Erreger des Rattenbissfiebers. Auf erneute Nachfrage erinnerte sich der junge Mann an einen einmaligen Kontakt mit einer zahmen Ratte vor etwa eineinhalb Wochen, die ihn beim Schmusen in die Zunge gebissen hatte. Der Patient sprach gut auf die Therapie mit Doxycyclin an, die dann nach einer Woche ambulant weitergeführt werden konnte.

Seltenes fällt durchs Raster − mit fatalen Konsequenzen

Die Hamburger Kollegen halten den Fall für beispielhaft für eine fehlerhafte ärztliche Entscheidungsfindung. In solchen Situationen laufen wir Gefahr, systematische Denkfehler zu begehen, so die Experten. Das führt dazu, dass seltene Erkrankungen deutlich öfter durchs differenzialdiagnostische Raster fallen als häufige, die uns aus Praxis oder Lehrbuch bekannt sind – mit fatalen Therapiekonsequenzen für den Patienten.

Quelle: Aus der Fachliteratur
Quelle Text und Abb.: Xiong T et al. Hamburger Ärzteblatt, 2017; 30-31, © Ärztekammer Hamburg - Hamb Ärztebl, Hamburg

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Neben Ratten können auch Mäuse, Eichhörnchen und nagetierfressende Haustiere die Erkrankung auslösen. Neben Ratten können auch Mäuse, Eichhörnchen und nagetierfressende Haustiere die Erkrankung auslösen. © iStock.com/cynoclub