
Mit Atemtest oder Endoskopie die Dünndarmfehlbesiedlung erkennen und behandeln

Im gesunden Dünndarm finden sich in der Regel deutlich weniger Bakterien als im Kolon. Diese natürliche Balance kann durch bakterielle Überwucherung und Fehlbesiedlung des Dünndarms (Small Intestinal Bacterial Overgrowth, SIBO) gestört werden und zu gastrointestinalen Beschwerden führen.
Da die unspezifischen Symptome jedoch denen anderer Erkrankungen wie beispielsweise dem Reizdarmsyndrom gleichen, ist eine Abgrenzung oftmals schwierig. Die Therapie erfolgte bisher eher empirisch. Nun hat das American College of Gastroenterology (ACG) eine evidenzbasierte Leitlinie mit Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie des SIBO im klinischen Alltag veröffentlicht.
Viele Patienten leiden unter Übelkeit und Blähungen
SIBO wird definiert als klinisches Syndrom gastrointestinaler Beschwerden, das durch eine exzessive und messbare bakterielle Überbesiedlung des Dünndarms (≥ 10³ KBE/ml) hervorgerufen wird. Meist handelt es sich bei den Bakterien um gasbildende gramnegative aerobe sowie anaerobe Stämme, die eine Malabsorption der Nahrung, eine erhöhte intestinale Permeabilität, Entzündungen sowie eine Aktivierung des Immunsystems verursachen.
Mehr als zwei Drittel der Betroffenen klagen über Blähungen, Übelkeit, Krämpfe, Obstipation, Schmerzen oder Durchfall. In seltenen Fällen (z.B. im Rahmen eines Blind-loop-Syndroms) kann es zu Steatorrhö, Gewichtsverlust, Anämie, einem Mangel an fettlöslichen Vitaminen oder einer Entzündung der Dünndarmschleimhaut kommen.
Diagnostik der Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO)
Mittels Atemgastest lässt sich bakteriell produzierter Wasserstoff und/oder Methan detektieren. Die Untersuchung ist günstig, nicht-invasiv und einfach in der Anwendung.
Um möglichst aussagekräftige Testergebnisse erzielen zu können, sollten Patienten folgende Punkte beachten:
- Antibiotika vier Wochen vorher absetzen
- Laxanzien eine Woche vorher absetzen
- 24 Stunden vor Messung des Basalwerts auf fermentierbare Nahrungsmittel verzichten
- acht bis zwölf Stunden vor der Untersuchung nichts mehr essen
- während der Dauer des Tests Rauchen und körperliche Anstrengung vermeiden
Als einheitliche Dosis nimmt der Patient 75 g Glukose oder 10 g Laktulose zusammen mit einem Glas Wasser (ca. 250 ml) ein.
Ein Anstieg der Wasserstoffkonzentration auf ≥ 20 ppm innerhalb von 90–120 Minuten wird als positiv gewertet. Für eine methanogene Fehlbesiedlung spricht eine Methankonzentration von ≥ 10 ppm an einem beliebigen Zeitpunkt der Testung.
Meistens finden sich dann Methanobrevibacter smithii. Dieser gehört zu der Domäne der Archaea und damit strenggenommen nicht zu den Bakterien, weshalb das Expertengremium um Professor Dr. Mark Pimentel vom Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles statt SIBO den Terminus IMO (intestinal methanogen overgrowth) vorschlägt. Eine Testung auf IMO ist vor allem bei Patienten mit Verstopfung sinnvoll.
Die LL-Autoren empfehlen Atemtests bei Patienten mit:
- Reizdarmsyndrom (einer Metaanalyse zufolge leiden bis zu 78 % der Patienten unter SIBO)
- Verdacht auf Motilitätsstörung und entsprechenden Symptomen
- entsprechenden Symptomen nach bauchchirurgischen Eingriffen
Nicht sinnvoll sind sie bei asymptomatischen Patienten, die Protonenpumpen-Hemmer einnehmen.
In manchen Fällen reicht der Atemtest allein nicht aus
Eine weitere diagnostische Methode ist die endoskopische Gewinnung von Aspirat aus dem Dünndarm. Sie gilt als diagnostischer Goldstandard, ist allerdings zeitaufwendiger, teurer und stellt für den Patienten eine deutlich größere Belastung dar. Vor allem bei persistierender Symptomatik ist oftmals eine Kombination mehrerer Testverfahren sinnvoll.
Therapie der Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO)
Zur Eradikation bzw. Reduktion der Darmüberwucherung sowie der Beschwerden werden symptomatische Patienten mit Antibiotika behandelt. Die Therapie sollte Aerobier und Anaerobier abdecken.
Empfohlene Antibiose bei SIBO
- Rifaximin 550 mg 3 x tgl.
- Amoxicillin-Clavulansäure 875 mg 2 x tgl.
- Ciprofloxacin 500 mg 2 x tgl.
- Doxycyclin 100 mg 1–2 x tgl.
- Metronidazol 250 mg 3 x tgl.
- Neomycin 500 mg 2 x tgl.
- Norfloxacin 400 mg 1 x tgl.
- Tetracyclin 250 mg 4 x tgl.
- Trimethoprim-Sulfamethoxazol 160 mg/800 mg 2 x tgl.
Quelle: Pimentel M et al. Am J Gastroenterol 2020; 115: 165-178; DOI: 10.14309/ajg.0000000000000501
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).