Mit Biologikum plus AIT Synergien nutzen?

Manuela Arand

Die Allergenimmuntherapie hat das Potenzial, zum wichtigen Bestandteil der Asthmatherapie zu werden. Die Allergenimmuntherapie hat das Potenzial, zum wichtigen Bestandteil der Asthmatherapie zu werden. © iStock/Ekaterina Kuznetsova

Patienten mit schlecht kontrolliertem Asthma könnten von der Kombination Allergenimmuntherapie plus Biologikum profitieren. Evidenz für diesen Behandlungsansatz gibt es bisher allerdings kaum.

Gemäß der deutschen Asthma-Leitlinie ist die spezifische Immuntherapie auf Stufe 1 und 2 des Therapieschemas zu erwägen, wenn ein auslösen­des Allergen eindeutig identifiziert und das Asthma ansonsten gut kontrolliert ist. Keine Indikation haben SCIT und SLIT nach Auffassung der Leitlinienautoren bei schwerem Asthma und wenn die FEV1 < 70 % v. S. beträgt. Die Global Initiative for Asthma (GINA) sieht einen möglichen Einsatz der Allergenimmuntherapie (AIT) auch noch auf den Therapiestufen 3 und 4. Ein unkontrolliertes Asthma gilt in allen Leitlinien als Kontraindikation, berichtete Privatdozent Dr. Hendrik Suhling, Medizinische Hochschule Hannover. 

SLIT schob erste schwerere Exazerbation hinaus

Schon seit ein paar Jahren gibt es allerdings hochrangig publizierte Evidenz dafür, dass die SIT auch bei Asthmapatienten funktionieren kann, die unter inhalativen Steroiden (ICS) nicht kontrolliert sind. In einer placebokontrollierten Studie zögerte die SLIT gegen Hausstaubmilben als Add-on die erste moderate bis schwere Exazerbation signifikant hinaus – und das, obwohl im zweiten Studienabschnitt die ICS-Dosis sukzessive bis auf null reduziert wurde, sofern das Asthma kontrolliert war.

Die Patienten dieser Studie hatten eine gute Lungenfunktion (FEV1 im Mittel > 90 %) und durften in den drei Monaten vor Einschluss keine krankenhauspflichtige Exazerbation erlitten haben. Sie benötigten aber zu Beginn täglich 600 mg Budesonidäquvalent und 1,3 Hübe eines kurz wirksamen Beta-2-Agonisten (SABA). Nach Einschätzung von Dr. Suhling waren sie also nicht gut kontrolliert. Die Nebenwirkungen der SLIT nahmen mit steigender Allergendosis zu, hielten sich aber insgesamt in Grenzen (milder Juckreiz, Mundschwellungen und pharyngeale Irritationen). Auch in der Subgruppe der Patienten mit unkontrolliertem Asthma gab es keine Sicherheitsprobleme.  

Für den Kollegen liegt daher der Gedanke nahe, bei unkontrolliertem Asthma Biologika und Allergen­immuntherapie zu kombinieren, um einen besseren Therapieerfolg zu erzielen. Die Biologika wären dann zunächst für die Krankheitskontrolle zuständig, die AIT für den lang anhaltenden desensibilisierenden Effekt. Aber mutiert ein Stufe-5-Asthma zu einem der Stufe 2, wenn es durch Biologika gut kontrollierbar ist?, hinterfragte der Pneumologe. Immerhin können Super­responder mit ihren Inhalativa teilweise komplett pausieren, ohne dass sich ihr Asthma wieder verschlechtert.

Vor- und Nachteile der AIT und der Biologikatherapie
Allergenimmuntherapie
StärkenSchwächen
signifikante Reduktion von Symptomen und unspezifischer bronchialer Hyperreagibilitätakute Nebenwirkungen
reduzierter Verbrauch an Dauer- und Bedarfsmedikationstark limitierter Einsatz bei schwerem Asthma
Vermeidung des Etagenwechsels (von Heuschnupfen zu Asthma)wirksam nur bei allergischem Asthma
wiederholbarVielzahl der Extrakte
Wirkung lang anhaltendkein Effekt auf Lungenfunktion
Studien schwer vergleichbar
hoher Zeitaufwand, Einsetzen der Wirkung verzögert
Biologikatherapie
StärkenSchwächen
Verbesserung von Lungenfunktion, Symptomen, Lebensqualitätkurze Wirkung
schneller Wirkeintritt
Reduktion der Exazerbationen
Reduktion des Verbrauchs von oralen Steroiden, inhalativer Dauer- und Bedarfsmedikation
Nach PD Dr. Suhling, DGP 2021

Wahrscheinlich besteht ein Unterschied, welches Biologikum verwendet wird, erklärte Dr. Suhling. Das Anti-IgE Omalizumab deckt den gleichen Weg der allergischen Entzündung ab wie die Allergen­immuntherapie. Die IL-5- und IL-4/13-Antikörper hemmen dagegen nicht alle Anteile der allergischen Reaktion. Omalizumab ist zudem der einzige Antikörper, bei dem bereits eine gewisse Evidenz für die Kombination mit der AIT vorliegt – schlicht weil es schon seit mehr als 15 Jahren am Markt ist. Kleine Studien zeigen, dass mit Anti-IgE (vor-)behandelte Kinder die Immuntherapie besser tolerieren, deutlich seltener systemische Reaktionen entwickeln und teilweise sogar die Asthmamedikation reduzieren oder absetzen können. Zu den anderen Antikörpern gibt es in den Pipelines zwar einzelne Studien mit der AIT add-on, aber keine bei Asthmapatienten. 

Kasuistiken sammeln, Studien durchführen!

In der Ambulanz betreut Dr. Suhling eine Asthmapatientin, die schon seit einigen Jahren einen Anti-IL-5-Antikörper spritzt. Eines Tages erzählte sie, ihr HNO-Arzt habe jetzt wegen ihrer allergischen Rhinitis eine AIT begonnen. „Ich habe das laufen lassen, und es hat gut funktioniert,“ berichtete der Kollege. Er hofft, dass Studien zur Kombination von Biologikatherapie und AIT folgen werden, und forderte die Kollegen auf, Fallbeispiele zu sammeln. Das Potenzial für synergistische Effekte scheine groß zu sein, sowohl was die Asthmakontrolle als auch die Senkung des Medikamentenbedarfs vor allem hinsichtlich oraler Stero­ide betreffe.

Kongressbericht: 61. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (Online-Veranstaltung)

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Die Allergenimmuntherapie hat das Potenzial, zum wichtigen Bestandteil der Asthmatherapie zu werden. Die Allergenimmuntherapie hat das Potenzial, zum wichtigen Bestandteil der Asthmatherapie zu werden. © iStock/Ekaterina Kuznetsova