Mit Kraft und Technik
Gute Aussichten für Fibromyalgiepatienten: In einer Studie mit Betroffenen besserte die Virtual-Reality-Therapie deren Beschwerden deutlich.
© Science Photo Library/IGOR STEVANOVIC
Oberstes Prinzip bei der Therapie der Fibromyalgie ist ein multidisziplinäres, schrittweises Vorgehen, das an die jeweils vorherrschende Symptomatik angepasst wird. Alle Entscheidungen sollten eng mit dem Patienten abgesprochen und als erste Maßnahmen nicht-medikamentöse Therapieformen gewählt werden, erläuterte Prof. Dr. Gary Macfarlane, Epidemiologe von der Universität Aberdeen.
Ausdauer- und Krafttraining am besten kombinieren
Stärkstens empfohlen werden Ausdauer- und Krafttraining. Sie beeinflussen alle vier Kardinalsymptome der Fibromyalgie positiv (Schmerz, Fatigue, Schlafstörungen und Depression). Die Evidenz für einen positiven Effekt ist Metaanalysen zufolge hoch. Voraussetzung ist, dass die Programme langfristig laufen und die einzelnen Sitzungen 30 bis 60 Minuten dauern; am besten kombiniert man aerobes Training und Krafttraining.
Ebenfalls empfohlen, wenn auch mit etwas weniger Evidenz, wird die kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Eine schottische Untersuchung hat untersucht, ob es Prädiktoren für den Erfolg einer KVT gibt. Generell sprachen Frauen besser darauf an als Männer. Vor allem psychischer Stress und die Angst vor Bewegung ließen sich durch eine kurze Verhaltenstherapie beeinflussen. Patienten mit stark ausgeprägten Schmerzen profitierten am deutlichsten von der Kombination aus KVT und Training.
Natürlich lassen sich auch weitere Maßnahmen, z.B. Hydrotherapie, Akupunktur und meditative Bewegungstechniken wie Yoga, Tai Chi und Qigong, einsetzen. Allerdings haben auch diese Interventionen im Vergleich zum Training eine deutlich schlechtere Evidenz. Zu beachten ist zudem, dass Mind-Body-Strategien zwar hilfreich bei Schmerz, Fatigue und Depression sein können, bei Schlafstörungen jedoch wenig ausrichten.
Achtsamkeitstherapie durchgefallen?
Ein zusätzliches Achtsamkeitstraining scheint Fibromyalgiebeschwerden langfristig nicht zu verbessern. Zu diesem Ergebnis kommt eine schwedische Studie, in der die Teilnehmer jeweils ein und zwei Jahre nach einem 22-wöchigen multimodalen Reha-Programm (inkl. Achtsamkeitstraining) befragt wurden. Es zeigte sich zwar eine erhöhte Achtsamkeit bei den Teilnehmern, diese spiegelte sich jedoch nicht in einer Besserung der Fibromyalgiesymptomatik wider. Weder Schmerzen noch Angst, Fatigue oder Depression hatten sich im Vergleich zum Ausgangswert durch das Programm signifikant verändert. Immerhin waren die Beschwerden auch nicht stärker geworden, betonte Dr. Heidi Zangi vom Diakonhjemmet Hospital in Oslo. Dies wäre womöglich ohne die Intervention der Fall gewesen.
Bringt die nicht-pharmakologische Therapie keine Besserung, müssen Medikamente ran. Je nach Symptom kommen verschiedene Wirkstoffe infrage. Was wann am ehesten hilft, wurde in einer Metaanalyse untersucht.1 Den Ergebnissen zufolge soll bei Schmerzen primär Duloxetin (120 mg) verordnet werden, an zweiter Stelle wird Amitriptylin empfohlen. Depressionen sind ebenfalls Einsatzgebiet für Duloxetin, bei Therapieresistenz ist Pregabalin (600 mg) eine Option. Amitriptylin ist erste Wahl bei starker Einschränkung der Lebensqualität, Fatigue und Schlafstörungen. Bei Letzteren kann second-line auch Milnacipran eingesetzt werden.
Ein ganz neuer Ansatz zur Behandlung der Fibromyalgie ist die Virtual-Reality-Therapie. In mehreren Studien mit Patientinnen besserte die Interaktion mit einer computergenerierten, dreidimensionalen Umgebung die Kardinalbeschwerden deutlich. Schmerzen, Fatigue, Angst und Depression wurden gelindert und die Lebensqualität verbessert.
Genau darauf kommt es an, betonte Prof. Macfarlane. Denn die Fibromyalgie ist keine bloße Befindlichkeitsstörung, sondern eine schwere Erkrankung, für deren Behandlung alle Register gezogen werden sollten. Denn, so zitiert er einen seiner Patienten: „[…] keiner möchte diese Erkrankung haben. Sie ist eine schreckliche Erkrankung und es ist ein fürchterlicher Gedanke, sein ganzes Leben daran zu leiden“.
Quellen:
1. Farag HM et al. JAMA Netw Open. 2022; 5: e2212939; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.12939
Kongressbericht: European Congress of Rheumatology 2022
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Gute Aussichten für Fibromyalgiepatienten: In einer Studie mit Betroffenen besserte die Virtual-Reality-Therapie deren Beschwerden deutlich.
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