
Möglicher Einsatz in verschiedenen Stadien

Dr. Jonas Heitmann, Universitätsklinikum Tübingen, stellte den bispezifischen Antikörper CC-1 vor, den eine Tübinger Arbeitsgruppe entwickelt hat und nun evaluiert. Im Fokus steht derzeit seine Wirkung beim Niedrigrisiko-Prostatakarzinom mit biochemischem Rezidiv in der ersten Linie und in der metastasierten kastrationsresistenten Situation (mCRPC). Der bispezifische Antikörper bindet an PSMA, das von Tumorzellen exprimiert wird, sowie an CD3 auf T-Zellen. Dr. Heitmann: „CC-1 wurde designt, um T-Zellen zielgerichtet am Tumor anzudocken, um dann dort Tumorzell-Lyse auszulösen.“ In präklinischen Untersuchungen habe die Bindung an PSMA nachgewiesen werden können, ferner im Mausmodell ein günstiges Sicherheitsprofil und Effizienz.
Derzeit wird CC-1 in der First-in-Human-Studie PSMAxCD3_CRPC bei Patient:innen mit mCRPC nach der Drittlinie klinisch getestet, einer multizentrischen Studie mit einem Dosiseskalations- und Dosisexpansionsteil. Die Rekrutierung war im ersten Quartal 2023 abgeschlossen. 28 stark vorbehandelte, im Median 69-jährige Patient:innen erhielten den bispezifischen Antikörper über 1 bis 6 Zyklen unter Tocilizumab-Prophylaxe. In jedem Zyklus waren 7 Behandlungstage vorgesehen, gefolgt von einem behandlungsfreien Intervall von Tag 8–21. 20 Erkrankte konnten mit der im Dosiseskalationsteil ermittelten Zieldosis, der maximal tolerierten Dosis (MTD; 826 µg/ml) nach schrittweiser Aufdosierung behandelt werden.
Gutes Sicherheitsprofil, aber Effektivität teils eingeschränkt
Trotz Tocilizumab-Prophylaxe traten bei 85 % der Behandelten nach der ersten Applikation der Zieldosis Zytokinfreisetzungssyndrome (CRS) auf, die aber leichtgradig und transient waren. In 10 % der Fälle wurde Hypertension dokumentiert. Dr. Heitmann: „Insgesamt hatten wir ein relativ gutes Sicherheitsprofil.“ Ein Großteil der auswertbaren Behandelten (16/17) sprach auf die Behandlung mit einer PSA-Reduktion um bis zu 60 % an. Der PSA-Abfall unter CC-1 war allerdings transient und betraf nur diejenigen Tage eines Zyklus, in denen der Antikörper verabreicht wurde; danach stieg er wieder bis zum Ausgangswert an. Die Tübinger Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass in der stark vorbehandelten, metastasierten kastrationsresistenten Situation mit ihrer hohen Tumorlast ein zweites Signal notwendig ist, um einen nachhaltigen Therapieeffekt zu erreichen. Sie planen nun eine Studie, in der CC-1 zusammen mit dem bispezifischen Kostimulator CD28 verabreicht werden soll.
Einsatz auch in früherer Krankheitssituation geprüft
Darüber hinaus initiierten die Forscher:innen eine Phase-1-Studie (ProSperA_CC1), in der CC-1 in einer wesentlich früheren Krankheitssituation eingesetzt wird – bei Erkrankten mit Niedrigrisiko-Prostatakarzinom mit biochemischem Rezidiv in der ersten Linie. Da hier „die Tumor-Immunzell-Ratio günstig“ sei, hofft der Referent, dass CC-1 ohne Kostimulans Wirkung entfaltet.
In ProSperA_CC1 wird der Antikörper zweimal wöchentlich als dreistündige Infusion über insgesamt 6 Zyklen verabreicht, wobei die letzte Woche jedes Zyklus behandlungsfrei ist. Auf eine Tocilizumab-Prophylaxe wird verzichtet. Bisher konnten im Rahmen der (noch nicht abgeschlossenen) Dosiseskalation drei Kohorten mit der bisher maximalen Dosis von 150 µg behandelt werden; die nächste Kohorte mit 210 µg soll zeitnah eröffnet werden. Dr. Heitmann berichtete, dass CC-1 bisher gut vertragen wird. Nach der ersten vollen Dosis wurden leichte CRS (Fieber, Schüttelfrost) beobachtet, die aber nur wenige Stunden anhielten und in eine vollständige Symptomregredienz mündeten. Erste Daten zur Wirksamkeit in diesem Kollektiv werden mit Spannung erwartet.
Quelle:
Heitmann J. Jahresstagung 2023 der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie; Abstract V835
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).