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Multimodal und in Stufen gegen die Schmerzen

Von einer Endometriose spricht man, wenn sich endometriumähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle befindet. Man unterscheidet anhand der Lokalisation verschiedene Formen (siehe Kasten rechts). Dabei können die Endometrioseläsionen sowohl oberflächlich wachsen als auch benachbarte Organe infiltrieren, schreibt Prof. Dr. Sylvia Mechsner vom Endometriosezentrum der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Zur Pathogenese einer Endometriose gibt es zahlreiche Theorien. Die derzeit vorherrschende Hypothese geht davon aus, dass sie durch eine sekundäre Translokation uteriner Stammzellen entsteht, die sich in ektopes Gewebe weiterentwickeln.
Formen der Endometriose
Endometriosis genitalis interna:
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im Myometrium (Adenomyosis uteri) + Tuben
Endometriosis genitalis externa:
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auf dem Peritoneum im inneren Genitaltrakt (z.B. Uterus, Tuben, Ovarien, Blasendach)
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Endometriosezysten in Ovarien (Endometriome)
Endometriosis extragenitalis:
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unabhängig vom Genitaltrakt (z.B. Lunge, Bauchwand, Darm)
Die Erkrankung macht sich mit einer Reihe von Symptomen bemerkbar (s. Kasten unten) und wird oft von unspezifischen Beschwerden begleitet. Eine klinische Korrelation zwischen der Schmerzintensität und dem Schweregrad der Erkrankung muss nicht bestehen. So können Patientinnen mit wenig ausgeprägten Befunden unter starken Beschwerden leiden, während manche Frauen mit deutlichen Endometrioseherden völlig symptomfrei sind.
An die Möglichkeit einer Endometriose sollte man immer denken, wenn Schmerzen zyklisch auftreten. Diese können durchaus ungewöhnlich lokalisiert sein, wie z.B. an der rechten Schulter bei Zwerchfellendometriose. Die aktuelle Beschwerdesymptomatik lässt sich gut mittels eines speziellen Schmerzfragebogens der Arbeitsgemeinschaft für Endometriose erfassen. Bei chronischen Unterbauchschmerzen gibt es zahlreiche andere Ursachen, die auszuschließen sind – manchmal allerdings auch koinzident auftreten.
Dazu gehören
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postoperative Adhäsionen
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interstitielle Zystitis
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Reizdarmsyndrom
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Pelvic Inflammatory Disease (PID)
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Varicosis uteri
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Depression, Somatisierungsstörung
Symptome der Endometriose
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Dysmenorrhö
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tiefe Dyspareunie
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Dyschezie oder Dysurie
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rezidivierende Unterbauchschmerzen (zyklisch/azyklisch)
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zyklische Beschwerden außerhalb des Beckens (z.B. Schulter, Bein, Oberbauch, Lunge)
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Blutungsstörungen
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Infertilität
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Blähbauch („Endobelly“)
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unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel etc.
Bei Verdacht auf Endometriose sollten die Patientinnen an ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden. Dort kann die Diagnose oft mittels Ultraschall gesichert werden. Rein peritoneale Herde lassen sich damit allerdings nicht erfassen. In diesen Fällen ist eine MRT angezeigt, ebenso wie beim Verdacht auf eine sakrale Endometriose mit Infiltration des Plexus sacralis.
Bei Patientinnen, die keine oralen Kontrazeptiva einnehmen, ist auch der sogenannte Pillentest diagnostisch hilfreich. Kommt es unter der therapeutischen Amenorrhö zur Besserung der Beschwerden, gilt dies als deutlicher Hinweis auf die Erkrankung. Eine Laparoskopie ist für die Diagnose heutzutage nicht zwingend notwendig, betont die Autorin. Sie sollte mit Bedacht eingesetzt und mit einer therapeutischen Intention oder dem Ausschluss von Differenzialdiagnosen verknüpft sein.
Die Therapie starker Menstruationsschmerzen sollte immer multimodal und in Stufen erfolgen. Reichen nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Entspannungstechniken, Atemübungen, Akupunktur und Menstruationstees nicht aus, empfiehlt Prof. Mechsner zunächst krampflösende Präparate oder Magnesium. Auch Mönchspfeffer ist eine Option. Als nächste Stufe kommen NSAR ins Spiel.
Lässt sich mit einer Dosis von 3 x 400 mg/d Ibuprofen keine Schmerzlinderung erzielen, ist eine ärztliche Begleitung indiziert.
Deren Schwerpunkt liegt auf einer medikamentösen, multimodalen Langzeittherapie. Sie besteht aus der Gabe von Hormonen, und zwar von Gestagen-Monopräparaten in der Erstlinientherapie und Gonadotropin-Releasing-Hormon-Agonisten bzw. -Antagonisten in der Zweitlinie. Ziel hierbei ist eine therapeutische Amenorrhö zur Herabregulierung der Ovarialfunktion. Parallel ist eine adäquate Analgesie nach WHO-Stufenschema erforderlich. Häufig werden dabei krampflösende Präparate und Analgetika kombiniert.
Die Rezidivrate nach einer Operation ist hoch
Bei neuropathischen, brennenden Schmerzen ist die Gabe von Gabapentin oder Pregabalin zu erwägen. Ebenfalls eingesetzt werden können Duloxetin oder Amitriptylin. Prof. Mechsner zufolge mehren sich zudem die Hinweise, dass medizinisches Cannabis lindernd wirkt. Je nach Symptomatik gibt es auch weitere nicht-medikamentöse Optionen. Dazu gehören die Osteopathie, die Physiotherapie und die Elektrostimulation des Beckenbodens.
Die Operation der Endometriose ist heute in den Hintergrund gerückt. Erwogen wird sie, wenn die Beschwerden trotz therapeutischer Amenorrhö bestehen bleiben. Die Rezidivrate nach operativer Entfernung der Endometrioseherde ist allerdings hoch, betont die Autorin.
Aufgrund des teilweise starken Leidensdrucks der Patientinnen und der schmerzbedingten Einschränkung ihrer Lebensqualität ist frühzeitig eine unterstützende psychologische Behandlung zu erwägen. Hat sich bereits ein chronisches Schmerzsyndrom ausgebildet, kann eine stationäre Komplextherapie mit anschließender Rehabilitation erforderlich werden.
Quelle: Mechsner S et al. Schmerzmedizin 2023; DOI: 10.1007/s00940-023-4299-6
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