
Neue immunbasierte Therapieansätze für Erkrankte

Intrakraniale Immuntherapie samt autologen dendritischen Zellen
Checkpointinhibitoren haben ihre Berechtigung bei Hirntumoren, argumentierte Prof. Dr. Dr. Bart Neyns vom Universitätsklinikum Brüssel.1 Er und Kolleg:innen unterstützten diese in einer Phase-1-Studie durch autologe CD1c(BDCA-1)+/CD141(BDCA-3)+ myeloide dendritische Zellen (myDC). Diese wurden aus dem Blut der Patient:innen aufgereinigt und intrakranial verabreicht.
20 Personen mit rezidivierten hochgradigen Gliomen erhielten im Rahmen der Operation 5 mg Ipilimumab, 10 mg Nivolumab und das Zellprodukt (5–20x106 Zellen) in das an die Resektionshöhle angrenzende Gewebe. Adjuvant bekamen die Teilnehmenden weitere elf Zyklen Nivolumab (zweiwöchentlich 10 mg i. v. und 10 mg intracaveal über ein Ommaya-Reservoir). Zwei zusätzliche Erkrankte erhielten die neuartige Therapie intratumoral, aber keine Resektion.
Die Mehrheit (82 %) litt an IDH-wildtypischen Glioblastomen und fast alle hatten in der Erstlinie neben der Primärresektion eine Chemoradiotherapie und Temozolomid-Erhaltung bekommen. „Mit einer Ausnahme konnten alle Patient:innen pre- und peroperativ sicher protokollgemäß behandelt werden“, schilderte der Referent. 18 Personen (95 %) konnten die postoperative Therapie beginnen, aber nur ein Drittel davon die sechsmonatige Adjuvanz plangemäß abschließen. Der häufigste Grund für den Abbruch bestand in einem Progress.
Es traten weder Nebenwirkungen mit Todesfolge noch unerwartete ernsthafte Toxizitäten auf. „Wir waren überrascht, dass niemand Steroide zur Beherrschung immunvermittelter Komplikationen benötigte“, ergänzte der Experte. Es gab jedoch jeweils einen Fall von bakterieller Meningitis und subakutem Hirnödem.
Unter den ersten elf Behandelten blieben drei mehr als zwei Jahre lang ohne Progress, zwei von ihnen sind es nach drei Jahren Follow-up weiterhin. Wenn die Krankheit fortschritt, boten die Verantwortlichen niedrig dosiertes Bevacizumab an, und zumindest vier von zwölf Teilnehmenden zogen daraus einen längerfristigen Nutzen. „Beachten Sie im Hinblick auf das Gesamtüberleben, dass von acht Personen aus der Expansionsphase sieben nach fast einem Jahr Follow-up noch am Leben sind“, wies Prof. Neyns hin. Die Prognose schien mit der verabreichten Zellzahl zu korrelieren.
Insgesamt erwies sich die intrakraniale Behandlungsstrategie als machbar und akzeptabel verträglich.
Dosislimitierende Toxizitäten traten nicht auf. Das Team führt momentan translationale Analysen durch: „Wir hoffen, prädiktive Biomarker für die Effektivität dieses Vorgehens zu finden.“
CARγδ-T-Zellen gegen B7H3
Forschende um Prof. Dr. Yulun Huang, Viertes Klinikum der Soochow-Universität, Suzhou, China, nutzten wiederum allogene CAR-T-Zellen gegen B7H3.2 Das Checkpointmolekül wird auf 75 % der ZNS-Tumoren exprimiert, fördert die Progression und hemmt die Antitumor-Immunantwort. In der laufenden Phase-1-Studie erhielten neun Personen die CAR-T-Zellen durch monatliche intrathekale Injektionen. Die Teilnehmenden waren zwischen 31 Jahre und 64 Jahre alt, hatten ein rezidiviertes hochgradiges Gliom mit nachgewiesener B7H3-Expression und einen Karnofsky-Index von mindestens 60 Punkten. Mit einer Ausnahme waren sie im Krankheitsstadium IV.
Nach 71,5 % der Infusionen trat ein niedriggradiges CRS auf, in 17,9 % der Fälle Kopfschmerzen und bei 16,7 % Erbrechen (alles Grad 1/2). „Es wurden jedoch keine Grad-3-Ereignisse oder dosislimitierenden Toxizitäten berichtet“, stellte der Experte klar und hält beide getesteten Dosierungen für gut tolerabel.
Bisher liegt die Krankheitskontrollrate (DCR) bei 100 %. Das mediane PFS derjenigen, die bereits einen Progress erlitten haben, betrug 7,8 Monate. Neun Monate nach der ersten Injektion lebten noch vier der ersten fünf Behandelten (80 %). Es trat häufig eine in der MRT sichtbare Kalzifizierung am Tumorherd auf, die möglicherweise mit dem Erfolg korrelierte. Prof. Huang schlussfolgerte, dass man zusätzlich das metabolische Ansprechen prüfen sollte: „Ich denke, dass wir auch die CT und PET-CT brauchen.“
Zusammenfassend hätten Erkrankte das CAR-T-Zell-Präparat gut vertragen. Die Injektionen erreichten eine DCR von 100 % und teilweise ein vollständige metabolische Response. Zukünftig müsse das therapeutische Potenzial dieses Ansatzes weiter evaluiert werden.
Makrophagen-Immuntherapie
Glioblastome mit unmethyliertem MGMT-Promotor haben eine besonders schlechte Prognose. Prof. Dr. Fabio Ciceri, IRCCS Ospedale San Raffaele, Mailand, und weitere Wissenschaftler:innen versuchten hier, Makrophagen therapeutisch zu instrumentalisieren.3,4 Die Ärzt:innen entnahmen myeloide hämatopoetische Vorläuferzellen und transduzierten sie lentiviral. Nach Reinfusion und Engraftment sollen die gebildeten Monozyten/Makrophagen selektiv in der Tumormikroumgebung humanes Interferon-alpha (Temferon) freisetzen und so die Immunantwort stimulieren.
Im Rahmen der Phase-1-Studie TEM-GBM-001 erhielten 23 fitte Erkrankte mit neu diagnostiziertem, supratentoriellem Glioblastom ohne Methylierung am MGMT-Promotor verschiedene Dosen (i. v.; bis zu 4x106 Zellen/kgKG). Der Tumor war zuvor vollständig oder teilweise reseziert worden. Das Engraftment verlief erfolgreich und genveränderte Effektorzellen ließen sich bis zu drei Jahre lang nachweisen. Bei sechs von sieben Personen, die später eine erneute Resektion benötigten, fanden sich diese auch im entfernten Tumorgewebe. Die systemischen Interferon-Konzentrationen waren hingegen gering.
Bislang traten keine dosislimitierenden Toxizitäten auf und es kam zu einer raschen hämatologischen Erholung innerhalb von 18 Tagen. Die beobachteten ernsthaften Komplikationen führten die Verantwortlichen auf die konditionierende Chemotherapie vor der autologen Transplantation oder eine Progression zurück. Das mediane OS erreichte 17 Monate und 30 % überlebten bis zu zwei Jahre lang. Ab der ersten Operation lag das mPFS bei 8,3 Monaten. Gemäß Prof. Ciceri bestätigen die Ergebnisse das Potenzial, die Tumormikroumgebung des Glioblastoms zu reprogrammieren und so eine T-Zell-Antwort hervorzurufen.
Quellen:
1. Neyns B et al. ESMO Congress 2024; Abstract 441O
2. Huang Y et al. ESMO Congress 2024; Abstract 442O
3. Cicero F et al. ESMO Congress 2024; Abstract 449MO
4. Brandsma D. ESMO Congress 2024; Invited Discussant 448MO, 449MO, 450MO
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