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Neue Leitlinie für das fortgeschrittene NSCLC spiegelt Fortschritte wider

Die wichtigsten Änderungen in der neuen Version betreffen Patienten im fortgeschrittenen Stadium IV; bei Diagnose sind dies bereits mehr als ein Drittel aller Patienten. Während bei den (relativ wenigen) Patienten im Stadium M1b, d.h. mit solitären Metastasen in Nebenniere, ZNS, Lunge, Leber oder Knochen, ein kurativer Therapieversuch (operativ oder mit stereotaktischer Bestrahlung) infrage kommt, ist bei Vorliegen multipler Metastasen das Therapieziel nur mehr palliativ.
Trend zur mordernen, molekular stratifizierten Therapie
Allerdings muss man hier mittlerweile stark differenzieren: Für Patienten mit aktivierenden Mutationen im Gen für den EGF-Rezeptor sowie bei solchen mit ALK- und ROS1-Translokationen gibt es zielgerichtete Therapien, bei denen die Überlebenszeiten inzwischen 30 Monate überschreiten können. Die Konsequenz daraus, so die Leitlinien-Autoren: "Die Erhebung des EGFR-Mutationsstatus sowie des ALK- und des ROS1-Translokationsstatus soll möglichst bei allen Patienten mit Nicht-Plattenepithelkarzinom unabhängig vom Raucherstatus sowie bei Nie- oder Leichtrauchern (weniger als zehn 'Packyears' und mehr als 15 Jahre nach dem Rauchstopp) mit Plattenepithelkarzinom vor Beginn der medikamentösen Erstlinientherapie erfolgen."
Weitere genetische Aberrationen
EGFR-Mutationen
In der Erstlinientherapie bringen bei Patienten mit aktivierenden Mutationen im EGFR-Gen die TKI Afatinib, Erlotinib oder Gefitinib Remissionsraten von 50–75 % und ein medianes PFS von 9–13 Monaten und sind damit erheblich wirksamer als eine Chemotherapie.In den meisten randomisierten Studien ist – vermutlich wegen des Cross-over-Designs – kein Vorteil beim Gesamtüberleben (OS) zu sehen. In Registerdaten werden jedoch zunehmend solche Überlebensvorteile nachgewiesen, so zum Beispiel in einer Auswertung des Netzwerks Genomische Medizin, in der Patienten, die in der Erstlinie einen EGFR-TKI erhalten hatten, median 31,5 Monate überlebten gegenüber nur 9,6 Monaten bei denen mit Chemotherapie (Hazard Ratio 0,169). Wichtig für die Wirksamkeit von TKI ist die Art der Mutation:
- Die günstigste Prognose bietet eine Deletion in Chromosom 19 (del19), bei der zum Beispiel Afatinib in der Zulassungsstudie gegenüber einer platinhaltigen Chemotherapie das OS (Hazard Ratio 0,55) und in der Subgruppenanalyse einer randomisierten Phase-II-Studie im Vergleich zu Gefitinib das PFS signifikant verlängerte (HR 0,73).
- Eine L858R-Mutation im EGFR-Gen war unter EGFR-TKI mit Remissionsraten von 40–70 % und einer signifikanten Verlängerung des PFS gegenüber platinhaltigen Chemotherapien assoziiert. In der Afatinib-Zulassungsstudie konnte für diese Subgruppe keine Verlängerung des OS nachgewiesen werden.
- Bei diesen häufigen Mutationen konnte die Zugabe von Bevacizumab zu Erlotinib in einer Phase-II-Studie das PFS verlängern (HR 0,73). Dieses Ergebnis führte zur Zulassung in der EU und konnte durch zwei kleinere europäische Studien bestätigt werden. Die Auswirkungen von Bevacizumab auf das OS sind unklar.
- Patienten mit selteneren Mutationen wie Gly719Xaa, Leu861Gln, und Ser768Ile erreichen laut den Metaanalysen großer multizentrischer Studien mit Afatinib ähnliche Resultate wie die mit L858R-Mutation.
- Die T790M-Mutation ist gegen die meisten EGFR-TKI resistent und kommt bei nicht vorbehandelten Patienten sehr selten vor. Hier wird ähnlich wie in der Zweitlinie die Behandlung mit Osimertinib empfohlen, das allerdings derzeit in Deutschland nicht auf dem Markt ist.
- Patienten mit Exon20-Insertionen sprechen auf keinen TKI an und sollten wie Wildtyp-Patienten eine platinhaltige Chemotherapie erhalten.
Nicht-Plattenepithelkarzinom ohne Treibermutationen
Bei NSCLC ohne aktivierende Mutationen von EGFR, ALK und ROS1 wird in der Leitlinie zwischen Tumoren mit nicht-plattenepithelialer Histologie (Nicht-SCC) einerseits und Plattenepithelkarzinomen (SCC) andererseits unterschieden:Beim Nicht-SCC wird in der Erstlinie wie gehabt wegen der höheren Remissionsraten eine platinhaltige Zweierkombination empfohlen, gegebenenfalls unter Zugabe von Bevacizumab, das PFS und in Kombination mit Paclitaxel/Carboplatin auch das OS verlängern konnte. In der Folge kann man entweder eine Erhaltungstherapie mit Pemetrexed oder Bevacizumab geben oder abwarten, bis sich eine Progression einstellt, und dann eine Zweitlinientherapie verabreichen (die allerdings erfahrungsgemäß nur etwa 60 % der Patienten erhalten).
ALK-Translokationen
Zur Zweitlinientherapie des Nicht-SCC ohne aktivierende Mutationen gibt es zunehmend mehr Optionen, die sämtlich gegen Chemotherapien getestet wurden (meist Docetaxel oder Pemetrexed in Monotherapie). Die Leitlinie nennt neben dem antiangiogenetisch wirksamen TKI Nintedanib und dem VEGFR-2-Antikörper Ramucirumab, die beide das OS verlängern, die beiden PD-1-Antikörper Nivolumab und Pembrolizumab. Diese haben beim Nicht-SCC einen Vorteil beim OS, aber nicht beim PFS gezeigt. Bei Nivolumab war in der Zulassungsstudie eine PD-L1-Expression in mindestens 1 % der Tumorzellen prädiktiv für eine Verlängerung des OS, sodass sich hier den Leitlinien-Autoren zufolge Ansätze für eine differenzialtherapeutische Strategie mit der Auswahl von Immun- und antiangiogenetischen Therapien abzeichnen.
Quelle: Griesinger F et al. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/lungenkarzinom-nicht-kleinzellig-nsclc/@@view/html/index.html.
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