Neue Leitlinie zur Behandlung von hypertrophen Narben und Keloiden

Dr. Anja Braunwarth

Keloide entstehen, wenn sich Fibroblasten stark vermehren. Zwiebelextrakt kann das verhindern. Keloide entstehen, wenn sich Fibroblasten stark vermehren. Zwiebelextrakt kann das verhindern. © Science Photo Library/Ansary, Dr. M. A.

Während manche ihre Narben mit Stolz tragen, trauen sich andere mit ihnen kaum vor die Tür. Ein Allheilmittel, um sie loszuwerden, gibt es nicht, aber viele Ansätze für eine individuelle Therapie mit guten Aussichten auf Erfolg.

Eine Narbe ist an sich eine gutartige Veränderung. Doch zum einen kann sie Beschwerden wie Juckreiz oder Schmerzen verursachen, zum anderen funktionelle Beeinträchtigungen, z.B. Kontrakturen oder mechanische Irritationen. Und nicht zuletzt schränkt der ästhetische Aspekt die Lebensqualität Betroffener oft deutlich ein.

Ein allgemeingültiges Therapiekonzept gibt es nicht, erläutern die Autoren der Leitlinie zur Therapie pathologischer Narben (hypertropher und Keloide), unter Leitung von Professor Dr. Alexander Nast, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Die Behandlung wird individuell angepasst. Bleibt der Erfolg nach 3–6 Anwendungen bzw. 3–6 Monaten aus, sollte man die Maßnahmen modifizieren.

Therapieerfolg bei Narben

  • Volumenreduktion um 30–50 %
  • Symptomrückgang > 50 % n und/oder ausreichende Zufriedenheit des Patienten
Aber: Nicht bei jedem lässt sich ein Erfolg erzielen.

Steroide

Steroide wirken antientzündlich, bremsen die Kollagen- und Glykosaminglykansynthese und hemmen die Proliferation von Fibroblasten. Zur Narbentherapie wird primär Triamcinolon (10–40 mg, max. 5mg/cm2) mit oder ohne Lidocain intraläsional injiziert. Von einer topischen Anwendung raten die Leitlinienautoren ab. Außerdem wird empfohlen, die Einstichstelle vorher kurz zu vereisen, da dies Schmerzen reduziert und die Injektion durch kurzfristige Ödembildung erleichtert. Sticht man zu tief oder zu flach, drohen Atrophie der Subkutis bzw. Teleangiektasien und Pigmentstörungen. Der Beginn mit niedriger Dosis (10 mg/ml), gefolgt von einer langsamen Steigerung, senkt das Risiko von Nebenwirkungen und die Rezidivgefahr­. Die Therapie eignet sich am besten für aktive, noch hellrote, evtl. juckende/schmerzende Narben. Auch vorbeugend (intraoperative Injektion direkt in die Wundränder) z.B. bei Prädisponierten oder Risikopatienten zeigt sie gute Wirkung. Bei therapieresistenten pathologischen Narben scheint eine Kombination mit 5-Fluoruracil (off label) die Erfolge zu steigern und einer jeweiligen Monotherapie überlegen. Die Substanz hemmt ebenfalls die Proliferation der Fibroblasten.

Kryochirurgie

Neben der bereits erwähnten „kurzen“ Kryochirurgie-Variante vor Injektionen gibt es die intensive, bei der das Gewebe komplett durchfriert. Zur Durchführung stehen Spray- und Kontaktverfahren sowie die intraläsionale Variante, bei der über Hohlnadeln flüssiger Stickstoff durch das Gewebe geleitet wird, zur Verfügung. Als häufige Nebenwirkung treten reversible Depigmentierungen auf – Melanozyten vertragen keine Kälte. Außerdem brauchen die gesetzten Läsionen etwa vier Wochen zum Abheilen, daher sollten Wiederholungen im vier- bis sechswöchigen Abstand stattfinden. Die Therapie eignet sich besonders bei aktiven Keloiden, prophylaktisch wird sie dagegen nicht empfohlen.

Druckbehandlung

Topischer Druck senkt die kapillare Perfusion und beschleunigt die Kollagenreifung. Dadurch flacht die Narbe ab. Eine Kompression wird vor allem für großflächige hypertrophe Narben, z.B. nach Hitzetrauma empfohlen, meistens unter Verwendung von elastischem Gewebe, z.B. in Form von Bandagen oder Anzügen. Die Therapie sollte starten, sobald sich neues Epithelgewebe gebildet hat, bei bekannter Neigung zu pathologischen Narben lohnt die Methode sich auch vorbeugend. Die Patienten müssen die Produkte rund um die Uhr über 6–24 Monate belassen. Hitze, Schwitzen, Schwellungen, Ekzeme, Erosionen und Ulzerationen können den Betroffenen das Durchhalten erschweren.

Silikone

Silikone gibt es in Form von Platten, Gelen, Kissen, Auflagen und Folien. Sie beeinflussen Dicke und Farbe der Narben positiv und dienen vornehmlich der Zusatztherapie bei aktiven hypertrophen Narben. Die Patienten sollten sie nach dem Wundschluss 12–24 h pro Tag über 12–24 Wochen anwenden.

Chirurgische Optionen

Pathologische Narben lassen sich nicht so einfach wegschneiden. Gerade bei Keloiden drohen zu 45–100 % Rezidive, die z.T. über die ursprüngliche Größe der Läsion hinauswachsen. Narbenkontrakturen an Gelenken oder mobilen Regionen, die die Funktion einschränken, sowie kosmetisch entstellende Narben bedürfen aber einer zeitnahen OP. Durch atraumatische und zugentlastende mehrschichtige Nahttechniken sowie z.B. Zickzack- oder Lappenplastiken, können Chirurgen zusätzlich das Risiko für hypertrophe Narben mindern. Postoperativ empfiehlt sich eine längere mechanische Zugentlastung von OP-Wunden, z.B. durch Klammerpflaster, Kompression oder Silikonplatten. Erst nach drei Monaten erreicht die Dermis wieder 90 % ihrer Festigkeit.

Laser

Mit dem ablativen Laser lassen sich Juckreiz, Rötung, Festigkeit, Pigmentierung und Dicke von Narben günstig beeinflussen. Liegen Kontrakturen vor, gelingt es, die Funktion zu bessern. Die Behandlung eignet sich für hypertrophe Narben, v.a. nach Verbrennung/Verbrühung, und evtl. für flache, nicht aktive Keloide. Auch die Kombination mit einer Wirkstoffapplikation ist möglich. Allerdings kann es zu einem „Bronzing“ und bei hohen Energien zu Erosionen, Nässen, Krus­tenbildung, hartnäckigen Erythemen sowie Pigmentstörungen kommen. Außerdem besteht die Gefahr von Super­infektionen. Nicht-ablativ wirken Farbstoff- und Neodym-YAG-Laser. Beide können z.B. bei frischen, stärker vaskularisierten pathologischen Narben Erytheme mindern. Der Neodym-YAG-Laser dringt tiefer ein und wird daher v.a. bei dickeren Keloiden und dunkleren Hauttypen eingesetzt. An unerwünschten Wirkungen muss man mit Purpura rechnen, die bis zu 14 Tage bleiben. Je nach Energiedichte können auch Bläschen oder Krusten entstehen. Dunkle Hauttypen entwickeln manchmal lang anhaltende Hyperpigmentierungen.

Microneedling

Beim Microneedling stößt man via Stempel oder Rolle viele kleine Nadeln in die Haut (Cave: Infektionen oder allergische bzw. irritative Dermatitis). Die winzigen Verletzungen setzen eine Wundheilungskaskade mit nachfolgendem Remodeling in Gang. Die Methode kann alleine oder als Hilfsmittel zur Applikation von Substanzen Erfolge bei hypertrophen Narben v.a. nach hitzethermischen Verletzungen erzielen. Für Keloide ist sie nicht geeignet.

Weitere Ansätze

Zwiebelextrakt (meist in Form von Kombinationspräparaten) massieren die Patienten – als Zusatztherapie – mehrmals täglich leicht ins Gewebe ein, zur Prophylaxe direkt nach Fadenzug. Er wirkt entzündungshemmend, bakterizid und auf Fibroblasten antiproliferativ. Strahlen werden vor allem adjuvant – am besten innerhalb von 7 h nach dem Eingriff – eingesetzt und dann bevorzugt als High-Dose-Rate-Brachytherapie. Als wesentliche Indikation gibt die Leitlinie die Rezidiv­prophylaxe nach Keloid­exzisionen an. Von Imiquimod raten die Autoren ab, zu Kalziumkanalblockern, Hyaluronidase und Plasma können sie anhand der vorliegenden Daten keine Empfehlung aussprechen.

Quelle: S2k-Leitlinie Therapie pathologischer Narben (hypertrophe Narben und Keloide), AWMF-Register-Nr. 013-030, www.awmf.org

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Keloide entstehen, wenn sich Fibroblasten stark vermehren. Zwiebelextrakt kann das verhindern. Keloide entstehen, wenn sich Fibroblasten stark vermehren. Zwiebelextrakt kann das verhindern. © Science Photo Library/Ansary, Dr. M. A.