Neurodermitis kann sich auf diverse Organe auswirken

Dr. Elke Ruchalla

Patienten mit Neurodermitis haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für Staphylococcus-aureus-Infektionen. Patienten mit Neurodermitis haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für Staphylococcus-aureus-Infektionen. © iStock/selvanegra

Neurodermitis geht im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut. Gefäße, Erregerabwehr und Psyche leiden mit. Das haben viele Ärzte leider nicht auf dem Schirm.

Variierende Beschwerden und das Fehlen eines typischen Hautbildes erschweren die Dia­gno­se des atopischen Ekzems (AE). Bis zu 78 verschiedene Symptome sind bei einer atopischen Dermatitis beschrieben, erklärt Dr. Jonathan I. Silverberg vom Department of Dermatology, Preventive Medicine and Medical Social Sciences der Northwestern University in Chicago.

Juckreiz, Hautschuppung und Rötung bringen mitunter ganze Leben der Betroffenen durcheinander. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen mit atopischer Dermatitis sagt, die Krankheit überschatte ihren Alltag und bei mehr als einem Drittel beeinträchtigt sie soziale Aktivitäten. Und das beginnt schon bei leichten Befunden. Dazu kommen Begleit­erkrankungen, über deren Ursachen mitunter nur spekuliert werden kann.

Weitere Atopien

Zusätzliche Atopien sind teilweise bereits in den Diagnosekriterien vermerkt. Grund dafür ist vielleicht die geschädigte Hautbarriere. Dadurch könnten mögliche Nahrungsmittel- oder Asthmaallergene eindringen und den Organismus gegen Eier, Kuhmilch, Pollen, Hausstaub und Konsorten sensibilisieren. Des Weiteren scheinen einige Genotypen sowohl für das atopische Ekzem als auch für Asthma zu prädisponieren.

Jeder fünfte Patient mit Neurodermitis ist depressiv

Die Symptome der Begleitatopien, z.B. geschwollene Augenlider und Juckreiz bei Heuschnupfen, sprechen aber nicht auf die lokale AE-Therapie an. In diesen Fällen müssen gegebenenfalls Antihistaminika ran – die in dieser Situation zwar den dermatologischen Befund bessern, aber dennoch nicht direkt gegen das AE wirken, weswegen man sie für die normale Therapie nicht empfiehlt, betont Dr. Silverberg.

Ähnliche Zusammenhänge vermuten Experten auch hinter einer begleitenden allergischen Kontaktdermatitis. Als Auslöser stehen aber auch Basistherapeutika zur Debatte, da die Patienten durch die Hautpflege ihnen ständig ausgesetzt sind. Potenzielle Übeltäter sind z.B. Zusatzstoffe oder Wirkstoffe wie Lanolin oder Neomycin.

Psychiatrische Symptome

Das vermehrte Auftreten von Beschwerden und Komorbiditäten psychiatrischer Natur erklärt sich z.T. durch die Hauterkrankung selbst: Juckreiz-bedingte Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit und das empfundene soziale Stigma beflügeln die Patienten nicht gerade. In einer Metaanalyse litt jeder fünfte AE-Patient auch an einer Depression. Hinzu kommen Symptome von Angst bis zu suizidalen Gedanken.

Psychiatrische Symptome per Hauttherapie lindern

Viele haben solche Störungen bei ihren Patienten aber gar nicht auf dem Schirm, warnt der Autor. Das ist nachteilig, weil man über die dermatologische Behandlung direkten Einfluss auf die psychia­trischen Symptome nehmen kann. Angststörungen und Depression würden daher eine aggressivere Therapie rechtfertigen. Screenen Sie Betroffene z.B. mit einem geeigneten Fragebogen, rät der Experte, oder ziehen Sie einen Fachspezialisten hinzu.

Infektionen

Patienten mit dermatologischer Atopie haben beileibe nicht nur ein erhöhtes Risiko für Staph.-aureus-Infektionen, Warzen und Ekzema herpeticum. Auch extrakutane Erkrankungen wie Pneumonie, Otitis Media, Tuberkulose, Erysipel und sogar Endokarditiden und Enzephalitiden gehören dazu.

Höheres Risiko für koronare Herzkrankheit und Hypertonie

Einerseits könnte auch hier die gestörte Hautbarriere eine Rolle spielen, gleichzeitig ist das Immunsystem wohl doppelt involviert, vermuten Wissenschaftler: Ein AE ist meist mit einer sowieso gestörten Immunregulation assoziiert und wird deswegen über immunsuppressive Medikamente behandelt.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Auswertungen ergaben für Patienten mit atopischer Dermatitis ein höheres Risiko für KHK, Hypertonie, zerebrovaskuläre Störungen und periphere arterielle Verschlusskrankheit. Das scheint nachvollziehbar, bringt ein AE doch zusätzlich zu Nebenwirkungen mancher Systemtherapeutika auch allgemeine Risikofaktoren wie erhöhten Nikotinkonsum und geringe körperliche Aktivität (Adipositas) mit sich.

Außerdem pushen Schlafstörungen als manifester Risikofaktor die kardiovaskuläre Gefahr – sei es nun ein zu langer Nachtschlaf (≥ 9 h) oder ein zu kurzer (< 7 h). Insgesamt hat man aber noch lange nicht alle Zusammenhänge zwischen AE und kardiovaskulären Erkrankungen verstanden, betont Dr. Silverberg.

Quelle: Silverberg JI. Ann Allergy Asthma Immunol 2019; 123: 144-151; DOI: doi.org/10.1016/j.anai.2019.04.020

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Patienten mit Neurodermitis haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für Staphylococcus-aureus-Infektionen. Patienten mit Neurodermitis haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für Staphylococcus-aureus-Infektionen. © iStock/selvanegra