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Neuroprotektive Substanzen enttäuschen bei sekundär progredienter MS

Im Gegensatz zu MS-Patienten mit noch vorhandener Schubaktivität stehen für diejenigen, bei denen das Nervenleiden schleichend fortschreitet, nur sehr wenige Medikamente zur Verfügung. Das Autorenteam der MS-SMART-Studie (Multiple Sclerosis-Secondary Progressive Multi-Arm Randomisation Trial) unter Federführung von Professor Dr. Jeremy Chataway vom University College London hat jetzt drei vielversprechende Wirkstoffe für die inaktive sekundär progrediente Multiple Sklerose (SPMS) getestet – mit ernüchterndem Ergebnis.
Die Wissenschaftler hatten in ihrer vielarmigen Phase-2b-Studie jeweils etwa 100 Patienten mit SPMS ohne aufgesetzte Schübe über 96 Wochen mit einem der drei Arzneimittel Amilorid, Fluoxetin oder Riluzol behandelt. Für diese drei Testsubstanzen lagen bereits aus anderen Arbeiten Hinweise auf eine neuroprotektive Wirkung auf axonaler Ebene vor. Eine Kontrollgruppe bekam ein Scheinpräparat.
Im Vergleich zum Placebo zeigte sich, dass keines der Prüfmedikamente eine Progression wirkungsvoll aufhalten konnte. So nahm über alle Gruppen hinweg das Hirnvolumen der Probanden gleichermaßen um 1,3 % bis 1,4 % ab. Zudem erlitt etwa jeder neunte Patient einen Rückfall, wobei die Zeit bis zum ersten Wiederaufflammen unter Verum genauso lang war wie unter Placebo. Auch Motorik und Visus entwickelten sich in allen vier Gruppen ähnlich. Es scheint also nicht auszureichen, therapeutisch nur auf die axonale Pathobiologie zu zielen, schreiben die Autoren. Entweder sind kombinierte Strategien nötig oder maßgeschneiderte Therapien.
Experte fordert Umdenken der Wissenschaftler
Dr. Robert J. Fox vom Mellen Center for Multiple Sclerosis an der Cleveland Clinic hält gar ein Umdenken in der Forschung für nötig. Seiner Ansicht nach müsse man zunächst die Pathophysiologie der Erkrankung klären. Erst dann könne man Wirkstoffe und Dosierung für weitere Studien sinnvoll auswählen.
Quellen:
1. Chataway J et al. Lancet Neurol 2020; 19: 214-225; DOI: 10.1016/S1474-4422(19)30485-5
2. Fox RJ. A.a.O.: 196-197; DOI: 10.1016/S1474-4422(19)30487-9
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