Nicht-sichtbare Hämaturie ist in der Regel kein Grund zur Sorge

Kathrin Strobel

Nur wenn zwei oder mehr Urintests positiv ausfallen, muss man handeln. Nur wenn zwei oder mehr Urintests positiv ausfallen, muss man handeln. © wikimedia/Dreamworks

Winzige Mengen Blut im Urin – und nun? In der neuen Handlungsempfehlung zur nicht-sichtbaren Hämaturie heißt die Faustregel: „Zwei von drei Urinproben müssen positiv sein.“ Erst dann wird entschieden, wie es weitergeht. Häufig ist Abwarten die beste Option. 

Wie man mit der nicht-sichtbaren Hämaturie umgehen soll, ist umstritten. In vielen Fragen herrscht Uneinigkeit in der wissenschaftlichen Medizin, die Evidenz lässt zu wünschen übrig. Mit ihrer Handlungsempfehlung will die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) Praxen helfen, mit einem positiven Befund angemessen zu verfahren. Die Leitlinie gilt für Personen ab einem Alter von 19 Jahren.

Eine Woche nach positivem Ergebnis erneut testen

Die Zahl positiver Urin-Schnelltests ist hoch – häufig handelt es sich um Zufallsbefunde. Lassen sich progrediente Niereninsuffizienz, Protein­urie und Krankheiten der ableitenden Harnwege oder Genitalorgane ausschließen und wurde in der Vergangenheit noch keine Hämat­urie beim Patienten diagnostiziert, sollte nach einem ersten positiven Befund ein zweiter Urin-Schnelltest erfolgen – am besten nach ca. einer Woche. Dabei gilt es, potenzielle Störfaktoren zu berücksichtigen (s. Kasten). Ist das Resultat negativ, empfiehlt die DEGAM einen letzten Test nach einer weiteren Woche.

Diese Faktoren begünstigen falsch positive Befunde

  • Menstruation
  • rektale Blutung
  • Infekte
  • abdominelles Trauma
  • starke körperliche Anstrengung
  • sexuelle Aktivität
  • urologische Prozeduren
  • Medikamente (z.B. ACE-Hemmer oder Lithium)

Liegen mindestens zwei positive Testergebnisse vor, sollte man das weitere Vorgehen im Sinne des Shared Decision Making zusammen mit dem Patienten abwägen. Unter Beachtung der individuellen Risikofaktoren (s. unterer Kasten) gibt es hierfür zwei Optionen:
  • Überweisung zur Urologie
  • modifiziertes abwartendes Offenhalten mit jährlicher Erhebung des klinisch-anamnestischen Status des Patienten (inkl. Blutdruckmessung, Untersuchung auf Proteinurie, Schätzung der glomerulären Filtrationsrate), solange die Hämaturie persistiert

Das Risiko für einen malignen Verlauf wird erhöht durch

  • höheres Alter
  • männliches Geschlecht
  • (ehemaliger) Nikotinkonsum
  • Therapie mit Cyclophosphamid
  • Blasenkrebs in der Familie
  • beruflicher Kontakt mit aromatischen Aminen bzw. Anilin-Derivaten
  • Aufenthalt in Gebieten mit hohem Bilharzioserisiko

Ist nur eine der drei Urinproben positiv, besteht kein Handlungsbedarf. Findet sich in der Patientenakte bereits der Hinweis auf Hämaturie, rät die DEGAM zum modifizierten abwartenden Offenhalten mit jährlichem Check-up (s.o.). Ein zweiter und dritter Test ist dann vorerst nicht notwendig. Das Risiko für maligne urologische Erkrankungen nach einem positiven Befund liegt weltweit bei durchschnittlich 2,6–3,3 %. Die Angaben schwanken im internationalen Vergleich deutlich.

Screening wäre nicht sinnvoll

In Deutschland liegt das zehnjährige Erkrankungsrisiko für Nieren- und Harnblasenkarzinome bei den unter 45-Jährigen unter 0,2 %. 75-jährige Frauen haben ein Risiko von 0,4 %, von gleich alten Männern erkranken 1,3 %. Ein Screening auf nicht-sichtbare Hämaturie wird aufgrund der negativen Schaden-Nutzen-Bilanz international nicht empfohlen.

Quelle: DEGAM S1-Handlungsempfehlung „Nicht-sichtbare Hämaturie (NSH)“, AWMF-Register-Nr. 053-028, www.awmf.org

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Nur wenn zwei oder mehr Urintests positiv ausfallen, muss man handeln. Nur wenn zwei oder mehr Urintests positiv ausfallen, muss man handeln. © wikimedia/Dreamworks