Der Urinstix kostet wenig, geht schnell und kann die Dialysepflicht abwenden

Dr. Anna-Lena Krause

Nach Sekunden gibt‘s Hinweise, ob ein Risiko für die Nieren besteht. Nach Sekunden gibt‘s Hinweise, ob ein Risiko für die Nieren besteht. © fotolia/Alexander Raths

Unterschätzen Sie nicht den simplen Urinstreifentest. Einer 71-Jährigen hätte er die Nierenersatztherapie ersparen können, wäre er früher durchgeführt worden.

Wegen Übelkeit und Abgeschlagenheit suchte die Patientin ihre Hausärztin auf. Bereits vor einem Jahr war ihr aufgefallen, dass ihr Urin immer wieder dunkel verfärbt war. Die Kollegin verschrieb ihr ein Antiemetikum. Als sich die Symptome drei Wochen später kaum gebessert hatten und die Frau immer schwächer wurde, führte man einen Harnstreifentest durch, berichten Sophie Zieschang von der Medizinischen Klinik III am Klinikum Darmstadt und Kollegen. Darin fand sich eine Makrohämat­urie und es erfolgte eine Überweisung zum Urologen.

Dieser stellte ein Serumkreatinin von 4 mg/dl fest, das vor einem halben Jahr noch im Normbereich war. Vier Tage später lag es bei 6 mg/dl und der Facharzt wies die Frau mit Verdacht auf eine rapid progressive Glomerulonephritis in die Nephrologie ein. Dort berichtete die Frau über einen trockenen Husten sowie seit Jahren bestehenden borkigen Schnupfen. An der Diurese hatte sich nichts geändert, Schmerzmittel oder Protonenpumpenhemmer nahm sie nicht ein und in der Familie gab es keine Nierenerkrankungen.

Diagnose nekrotisierende Glomerulonephritis

Sonographisch zeigten sich vergrößerte Nieren ohne Harnstau, passend zu einem akuten Organversagen. Neben dem Kreatinin waren auch Harnstoff, Leukos und CRP massiv erhöht, zudem hatte die Patientin eine Anämie. Der Urinstrei­fentest ergab eine schwere Protein­urie und Hämaturie. In der Autoantikörperdiagnostik fanden sich für eine Granulomatose mit Polyangiitis (früher M. Wegener) typische antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA).

Noch am selben Tag erhielt die Frau eine Hämodialyse sowie eine dreitägige hoch dosierte Prednisolontherapie i.v., woraufhin es ihr deutlich besser ging. Anschließend erfolgte die Überweisung in die Darmstäder Klinik. Hier führten die Nephrologen eine Nierenbiopsie durch. Das Ergebnis: Eine diffus extrakapillär proliferierende und nekrotisierende Glomerulonephritis mit akuter Tubulusepithelschädigung und interstitieller Entzündung.

Die 71-Jährige erhielt weiterhin Glukokortikoide in abnehmender Dosierung sowie einmal wöchentlich den Antikörper Rituximab über einen Monat und prophylaktisch Cotrimoxazol. Nach fünf Dialysen brauchte die Frau keine weitere.

Test beim Hausarzt ermöglicht frühzeitige Behandlung

Der kostengünstige und einfache Urinstreifentest kann bei Erkrankungen des Nierenparenchyms helfen, Risikopatienten zu identifizieren (s. Tabelle) und frühzeitig zu behandeln, betonen die Autoren.

Differenzialdiagnose der Makrohämaturie
ErkrankungEigenschaftenProteinurie
Harnwegstumor meist schmerzlos meist keine

Konkremente oft kolikartige Flankenschmerzen
Infekt Urinstreifentest: Leukozyten +, oft Nitrit +, ggf. Protein + bei bakterieller interstitieller Nephritis
IgA-Nephropathie infektassoziierte Episoden, immunkomplex­assoziierte Vaskulitis, schwer einstellbare Hypertoniemöglich

ANCA-assoziierte VaskulitidenNierenfunktionsverschlechterung, Nachweis von ANCA
Alport-Syndrom erbliche Fehlbildung des Typ-IV-Kollagens mit Störung der glomerulären Basalmembran


Der beschriebenen Patientin jedenfalls hätte er ein Fortschreiten bis zur Nierenersatztherapie ersparen können, wäre er früher durchgeführt worden.

Quelle: Zieschang S et al. Hessisches Ärzteblatt 2018; 79: 464-466

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