Nur jeder Dritte nutzt Hörgeräte langfristig

Ein Drittel der Erwachsenen zwischen 61 und 70 Jahren kann nicht mehr besonders gut hören. Bei über 80-Jährigen sind es bereits 80 %. Der langsam progrediente Hörverlust betrifft vor allem die höheren Frequenzen und macht sich zunächst nur in lauter Umgebung bemerkbar. Deshalb registrieren die meisten Betroffenen die Einschränkungen erst nach mehreren Jahren, nehmen sich aber selbst dann nicht unbedingt als schwerhörig wahr, schreiben Dr. Anne-Claude Guinchard, Service d‘oto-rhino-laryngologie et de chirurgie cervico-faciale, CHUV, Lau-sanne, und Kollegen.
Räumliche Orientierung nimmt ebenfalls ab
Die Folgen sind anscheinend den wenigsten bewusst: Lebensqualität und räumliche Orientierung sind verringert, Gefahren werden später erkannt und aufgrund der als frustrierend empfundenen Kommunikation drohen sozialer Rückzug und Depression. Bleibt die Hörminderung unbehandelt, verschlechtert sich auch die zentrale Sprachverarbeitung, das Risiko für eine Demenz ist erhöht.
Fachgesellschaften empfehlen deshalb, über 60-Jährige routinemäßig nach Hörproblemen z.B. im Res-taurant zu fragen. Bejahen das die Patienten spontan, ist die Überweisung an einen HNO-Arzt oder Hörgeräteakustiker notwendig. Vorher aber immer noch an die Otoskopie denken – Ohrenschmalz vermindert den Schall um bis zu 30 dB!
Durch dieses Verhalten versteht Sie Ihr Patient besser
- Blickkontakt beim Sprechen
- Umgebungsgeräusche dämpfen
- langsamer statt lauter reden
- das Gesprächsthema zu Beginn deutlich ankündigen
- Fragen nicht wiederholen, sondern umformulieren (bessere Verarbeitung im Gehirn)
So einfach funktioniert der Flüstertest
Störendes Tragegefühl, nervige Batteriewechsel
Doch die Begeisterung der Patienten hält sich in Grenzen: Nur 25 % der Altersschwerhörigen kaufen sich ein Gerät und nur 30 % der Käufer nutzen es langfristig. Uneinsichtigkeit, überhaupt ein Hörgerät zu benötigen, Kosten und Aufwand bei Anpassung, Reinigung und Batteriewechsel sowie ein störendes Tragegefühl limitieren die Akzeptanz. Ein aufklärendes Gespräch über die vielseitigen Vorteile der Geräte kann die Bereitschaft erhöhen. Nicht zu unterschätzen ist dabei der Einfluss der Familie: Die Unterstützung bei Kauf und Nutzung durch nahe Angehörige steigert die Versorgungsquote deutlich, erklären die Autoren.Guinchard A-C et al. Swiss Medical Forum 2017; 17: 230-235
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