Nur von der EMA zugelassene Biosimilars wirklich vertrauenswürdig

Birgit-Kristin Pohlmann

Die Wirkung von Biosimilar und Original sollte identisch sein. Die Wirkung von Biosimilar und Original sollte identisch sein. © iStock/natasaadzic

Als Nachahmerprodukte biologischer Medikamente sind Biosimilars komplexe Moleküle, die einem aufwendigen Herstellungs- und Entwicklungsprozess unterliegen. Die EMA hat daher strenge Anforderungen an ihre Entwicklung gestellt. Der Stellenwert dieser Produkte wird weiter diskutiert.

Das Vertrauen in und die Akzeptanz von Biosimilars im klinischen Alltag wächst, erklärte Professor Dr. Hans ­Tesch, Centrum für Hämatologie und Onkologie Bethanien, Frankfurt. Mittlerweile liegen die Verschreibungszahlen bundesweit bei 30–40 %. Dies ist auch notwendig, da die Kosten im Gesundheitswesen „durch die Decke gehen“, betonte der Referent. Gleichwohl seien viele Kollegen vorsichtig mit dem Ein­satz von Biosimilars. Das klinische Prüfprogramm ist nämlich vergleichsweise kurz und erfolgt nur in einer sogenannten sensitiven Population. Weitere Indikationen dürfen extrapoliert werden, sobald die Bioäquivalenz gegenüber dem Originalpräparat belegt ist.

Die europäische Zulassungsbehörde (EMA) hat entsprechende regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen, denn nur ein qualitativ hochwertiges Biosimilar kann diesem Anspruch gerecht werden und ein Original-Biologikum ersetzen, erläuterte Prof. Tesch. Nur bei einem von der EMA zugelassenen Biosimilar könne davon ausgegangen werden, dass die Bioäquivalenz zum Originalpräparat wirklich vorliegt.

Der Entwicklungsprozess des Bio­similars in seiner Gesamtheit ist der wesentliche Faktor der Produktqualität, hob Prof. Tesch hervor. Beim Biosimilar gehe es nicht darum, den Patientennutzen oder die Überlegenheit gegenüber einer anderen Substanz zu beweisen, sondern die pharmakologische und biologische Vergleichbarkeit zum Originalpräparat zu belegen. Daraus ergibt sich dann die klinische Vergleichbarkeit. Wichtig sei, dass der vorab definierte Äquivalenzbereich eingehalten wird. Fällt die klinische Wirkung aus diesem Bereich heraus, liegt keine Biosimilarität vor und die EMA erteilt auch keine Zulassung.

Das Gleiche, aber nicht dasselbe

Biosimilars sind keine Generika, da sie Kopien von Arzneimitteln biologischen Ursprungs sind, die in lebenden Organismen hergestellt werden, betonte Prof. Tesch. Die Moleküle sind größer und komplexer als konventionelle chemische Wirkstoffe. Per Definition ist ein Biosimilar eine Kopie eines bereits von der EMA zugelassenen Biologikums mit nachgewiesener Ähnlichkeit hinsichtlich physikalisch-chemischer Eigenschaften, Wirksamkeit und Sicherheit – basierend auf umfassenden vergleichenden Untersuchungen.

Entscheidung für Biosimilar muss beim Arzt liegen

Für das HER2-positive Mammakarzinom wurden bereits mehrere Trastuzumab-Biosimilars zugelassen. Sie alle haben ihre Bioäquivalenz zum Originalprodukt belegt und eine vergleichbare klinische Wirkung innerhalb des vorab definierten Äquivalenzbereichs gezeigt. Der Experte räumte ein, dass die Beurteilung der klinischen Vergleichbarkeit in der Situation des frühen HER2-positi­ven Mammakarzinoms einfacher ist als in der metastasierten Situation, da hier auch die Vortherapien eine Rolle spielen. Für den Einsatz eines Biosimilars im klinischen Alltag empfiehlt Prof. Tesch, die Patienten darüber zu informieren. Die Therapieentscheidung müsse aber grundsätzlich beim behandelnden Arzt liegen und sollte primär auf medizinischen Gründen basieren. Einen Produktwechsel in derselben Therapielinie kann er nicht empfehlen. Auch, um eine eindeutige Zuordnung von potenziellen Nebenwirkungen sicherzustellen. Das gilt auch für den Wechsel zwischen zwei Biosimilars.

Nach der Zulassung muss weiter geprüft werden

Denkbar sei aber, im Fall einer Progression nach einer (neo-)adjuvanten Behandlung in der metastasierten Situation das Präparat zu wechseln. Der Onkologe erinnerte an die lange Halbwertszeit der therapeutischen Antikörper wie Trastuzumab. Eine automatische Substitution des Originalpräparates durch den Apotheker sei deshalb nicht gestattet. Das Fazit des Referenten: Auch nach Zulassung bleiben Biosimilars unter „zusätzlicher Überwachung“. Die Packung bzw. Packungsbeilage enthalte eine entsprechende Pharmakovigilanz-Kennzeichnung, die das symbolisiert. Obwohl die Extrapolation ein anerkanntes Verfahren sei, regte Prof. Tesch an, klinische Äquivalenzstudien nach Zulassung eines Biosimilars in den Extrapolationsindikationen durchzuführen. Er wies darauf hin, dass das klinische Sicherheitsprofil größtenteils erst nach Zulassung des Bio­similars ersichtlich wird.

Quelle: 39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie

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Die Wirkung von Biosimilar und Original sollte identisch sein. Die Wirkung von Biosimilar und Original sollte identisch sein. © iStock/natasaadzic