Doppelt positiv

DGHO 2024 Friederike Klein

Die Zahl der vor Therapiebeginn zu bestimmenden Biomarker bei Magen- und Ösophagus-Adenokarzinomen steigt stetig. Die Zahl der vor Therapiebeginn zu bestimmenden Biomarker bei Magen- und Ösophagus-Adenokarzinomen steigt stetig. © Usman – stock.adobe.com

Die Zahl der Biomarker, die bei Patient:innen mit Adenokarzinomen von Magen und Ösophagus vor Therapie-beginn zu bestimmen sind, wächst. Was tun, wenn gleich zwei Tests positiv ausfallen? 

Vor Kurzem wurde die Empfehlung der bei fortgeschrittenen ösophagogastralen Adenokarzinomen zu bestimmenden Biomarker um CLDN18.2 erweitert, nachdem der Antikörper Zolbetuximab für die Therapie der CLDN18.2+ Erkrankung eine Zulassung erhalten hatte. Die ESMO-Leitlinien empfehlen jetzt die Testung auf die Biomarker HER2, PD-L1, MSI-H/dMMR und CLDN18.2 vor Beginn der Erstlinientherapie. Prof. Dr. Dr. Aysegül Ilhan-Mutlu von der Universität Wien berichtete über die ungefähren Häufigkeiten dieser prädiktiven Biomarker in Europa und die daraus resultierenden therapeutischen Konsequenzen. 

Knapp ein Viertel der Tumoren ist immunologisch sehr aktiv

Etwa 17 % der fortgeschrittenen Adenokarzinome von Ösophagus und Magen haben keinen der genannten Biomarker. Standard ist in diesem Fall eine Chemotherapie mit einer Fluoropyrimidin-Platin-Dublette oder – bei gutem Allgemeinzustand – ein Triplet mit Docetaxel zusätzlich. Die Prognose sei mit einem medianen Gesamtüberleben von zwölf bis 15 Monaten ungünstig, sagte Prof. Ilhan-Mutlu.

Besonders häufig wird mit etwa 45 % aller Betroffenen ein immunologisch aktiver Tumor identifiziert, ohne dass es andere Biomarker gibt. Nach Einschätzung der Referentin sind etwa 22 % immunologisch sehr aktiv mit einem Combined Positive Score (CPS) für PD-L1 ≥ 10, einer MSI-H/dMMR und/oder einem Eppstein-Barr-
Virus-Nachweis. 

Rund 11 % der Karzinome weisen mit einem CPS von 5–9 eine moderate Immunogenität auf und etwa 12 % eine niedrige (CPS 1–4). Für immunologisch aktive fortgeschrittene ösophagogastrale Adenokarzinome wird eine Therapie mit CAPOX oder FOLFOX kombiniert mit einem CPI empfohlen. Zugelassen sind in Europa in dieser Indikation Nivolumab und Pembrolizumab, die Zulassung von Tislelizumab steht noch aus. 

Der Anteil der Patient:innen mit einem CLDN18.2+ Karzinom ist in Europa mit etwa 50 % höher als in Asien, berichtete Prof. Ilhan-Mutlu. Allerdings weisen nur 6 % keinen anderen Biomarker auf, sodass klar die Therapie mit Zolbetuximab plus FOLFOX oder CAPOX empfohlen werden kann. Häufiger sind Kombinationen mit anderen Biomarkern. 

Bis zu ein Drittel der fortgeschrittenen ösophagogastralen Adenokarzinome in Europa sind sowohl CLDN18.2+ als auch immunologisch aktiv. Es gibt aktuell keine eindeutige Empfehlung für die Entscheidung zwischen Checkpointblockade oder Zolbetuximab. Prof. Dr. Ilhan-Mutlu leitete ihre Vorschläge von den Hazard Ratios für das OS aus Subgruppenanalysen der unterschiedlichen Zulassungsstudien ab: 

  • CPS-Score 1–4 und CLDN18.2+: vorzugsweise kommt Zolbetuximab in Kombination mit der Chemotherapie zum Einsatz
  • CPS von 5–9 und CLDN18.2+: Checkpointblockade mit Nivolumab und Zolbetuximab, jeweils zusätzlich zur Chemotherapie, ist gleichwertig
  • CPS-Score ≥ 10 und gleichzeitige CLDN18.2+: die Situation spricht eher für eine Checkpointhemmung plus eine Chemotherapie 

Für HER2+

Etwa 2 % der fortgeschrittenen ösophagogastralen Adenokarzinome weisen eine HER2-Überexpression auf. Die Therapieempfehlung ist in diesem Fall eine Fluoropyrimidin-Platin-Dublette plus Trastuzumab.

In manchen Fällen gibt es keine klare Empfehlung

Bei MSI-H/dMMR-Tumoren sind der Expertin zufolge immer CPI von Vorteil. Studiendaten für eine bessere evidenzbasierte Entscheidung in dieser Situation werden erwartet. 

Die Kombination von HER2- und CLDN18.2-Positivität tritt mit etwa 4 % aller fortgeschrittenen ösophagogastralen Adenokarzinome seltener auf. Die optimale Therapie ist unklar, eine Empfehlung der ESMO gibt es nicht. Infrage kommt die Kombination von Trastuzumab plus Pembrolizumab und Chemotherapie analog der Studie KEYNOTE-811. Denkbar ist aber auch die Gabe von Zolbetuximab zusätzlich zur Chemodublette. 

Etwa 12 % der Patient:innen mit einem immunologisch aktiven gastroösophagealen Adenokarzinom sind auch HER2+. In diesem Fall sprechen die Ergebnisse der KEYNOTE-811-Studie klar für die Kombination mit Trastuzumab und Pembrolizumab zusätzlich zur Fluoropyrimidin-Platin-Dublette. Mit der doppelt zielgerichteten Behandlung plus Chemotherapie konnte das OS von Erkrankten mit fortgeschrittenem und HER2+ ösophagogastralem Adenokarzinom signifikant verlängert werden – besonders deutlich bei Tumoren mit einem PD-L1 CPS ≥ 1.

Quelle:
Ilhan-Mutlu A. DGHO-Jahrestagung 2024; Vortrag V201

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Die Zahl der vor Therapiebeginn zu bestimmenden Biomarker bei Magen- und Ösophagus-Adenokarzinomen steigt stetig. Die Zahl der vor Therapiebeginn zu bestimmenden Biomarker bei Magen- und Ösophagus-Adenokarzinomen steigt stetig. © Usman – stock.adobe.com