Ponatinib plus Blinatumomab führt zu hohen Raten an kompletten molekularen Ansprechen

Kathrin von Kieseritzky

Patient:innen mit diagnostizierter Ph+ ALL könnte in Zukunft eine Chemotherapie und eine hämatopoetischen Stammzelltransplantation erspart bleiben. Patient:innen mit diagnostizierter Ph+ ALL könnte in Zukunft eine Chemotherapie und eine hämatopoetischen Stammzelltransplantation erspart bleiben. © LASZLO – stock.adobe.com

Könnte Patient:innen mit neu diagnostizierter Ph+ ALL womöglich eine Chemotherapie und Stammzelltransplantation erspart bleiben? Laut den Ergebnissen einer Phase-2-Studie ist dies mit der Kombination aus Blinatumomab und Ponatinib denkbar. 

Eine intensive Chemotherapie kombiniert mit einem BCR-ABL1-TKI, gefolgt von einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation nach der ersten Response, ist ein Standard bei Philadelphia-Chromosom-positiver (Ph+)ALL. Nach Anwendung von BCR-ABL1-TKI der ersten oder zweiten Generation sind Rezidive jedoch keine Seltenheit. In bis zu 75 % der Fälle wird die Mutation ABL1 944C→T (Thr315Ile) detektiert, die als dominierender Mechanismus der Resistenzentwicklung gilt. 

Ponatinib ist ein potenter pan-BCR–ABL1-TKI, der im Kontext von ABL1 944C→T (Thr315Ile) wirkt. Ebenso hat sich der CD3/CD19-bispezifische Antikörper Blinatumomab bei rezidivierter oder refraktärer Ph+ ALL bewährt. Deshalb erscheint eine Kombination der beiden Substanzen als eine vielversprechende Option. Forschende um Prof. Dr. Elias Jabbour, MD Anderson Cancer Center in Houston, testeten diese in einer einarmigen Phase-2-Studie.1

Patient:innen ab 18 Jahren (median 51 Jahre) mit neu diagnostizierter, rezidivierter oder refraktärer Ph+ ALL oder CML in der Blastenphase nahmen teil. 60 (83 %) von geplanten 72 Personen wurden rekrutiert und mit 30 mg Ponatinib oral sowie 28 μg i.v. Blinatumomab über 24 Stunden für 28 Tage eines jeden Zyklus für bis zu fünf 42-Tage-Zyklen behandelt. Daran schloss sich eine Ponatinib-Monotherapie an. Außerdem erhielten die Teilnehmenden zwölf Dosen einer intrathekalen Chemotherapie zur ZNS-Prophylaxe. Primäre Endpunkte waren die komplette molekulare Response bei Betroffenen mit neu diagnostizierter ALL (n = 40) und das Gesamtansprechen bei Patient:innen mit rezidivierter oder refraktärer Erkrankung (n = 14) oder CML (n = 6). 

Die Ergebnisse waren wie folgt:

  • 33 von 38 (87 %) auswertbare Personen mit neu diagnostizierter Ph+ ALL erreichten eine komplette molekulare Response.
  • 12 (92 %) von 13 evaluierten Teilnehmenden mit rezidivierter oder refraktärer Erkrankung sprachen an, wovon elf (79 %) eine komplette molekulare Response erzielten. 
  • Fünf (83 %) der sechs Betroffenen mit CML sprachen auf die Behandlung an, davon zwei (33 %) mit einer kompletten molekularen Response.

Toxizitätsprofil von Ponatinib plus Blinatumomab

Die häufigsten Nebenwirkungen der Grade 3–4, die bei mehr als 5 % der Patient:innen auftraten, umfassten Infektionen (37 %), erhöhte Amylase oder Lipase (8 %), erhöhte Alanin-Aminotransferase oder Aspartat-Aminotransferase (7 %), Schmerzen (7 %) und Hypertonie (7 %). Eine Person brach die Therapie mit Blinatumomab aufgrund eines Tremors ab. Drei (5 %) Teilnehmende beendeten die Ponatinib-Behandlung wegen zerebrovaskulärer Ischämie, Portalvenenthrombose oder Koronararterienstenose. Therapiebedingte Todesfälle gab es nicht.

Die chemotherapiefreie Kombination mit Ponatinib und Blinatumo­mab führte bei Erkrankten mit neu diagnostizierter, rezidivierter oder refraktärer Ph+ ALL oder CML in der Blastenphase zu einer hohen Rate an kompletter molekularer Response, resümieren die Autor:innen. Ihrer Ansicht nach könnte Betroffenen mit neu diagnostizierter Ph+ ALL damit womöglich die höhere Toxizität der Chemotherapie und die Notwendigkeit einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation erspart bleiben. Bei jüngeren Erwachsenen werde sich laut Prof. Dr. Judith M. Boer und Dr. Dr. Inge M. van der Sluis, Princess Máxima Center for Pediatric Oncology in Utrecht, in naher Zukunft erweisen, ob die Chemotherapie zur Heilung der Ph+ ALL tatsächlich notwendig ist oder nicht.2

Quellen:  1.    Jabbour E et al. Lancet Haematol 2023; DOI: 10.1016/S2352-3026(22)00319-2
2.    Boer JM und van der Sluis IM. Lancet Haematol. 2023; DOI: 10.1016/S2352-3026(22)00351-9

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