Operieren oder konservativ behandeln ist eine multidisziplinäre Entscheidung

Maria Weiß

Eine Operation im entzündeten Darm erfordert oft eine ausgedehntere Resektion. Gerade im Kindesalter sollte versucht werden, die Länge des Darms so gut wie möglich zu erhalten. Eine Operation im entzündeten Darm erfordert oft eine ausgedehntere Resektion. Gerade im Kindesalter sollte versucht werden, die Länge des Darms so gut wie möglich zu erhalten. © Jo Panuwat D – stock.adobe.com

Wird eine besonders schwere Form des Morbus Crohn nicht korrekt behandelt, kann das Risiko für eine Sepsis und weitere Komplikationen entstehen. Dass Behandlungsentscheidungen in solchen Fällen am besten interdisziplinärer getroffen werden sollten, zeigt der Fall eines kleinen Jungen.

Seit drei Monaten klagte ein  zehnjähriger Junge über kolikartige Bauchschmerzen und weiche Stühle. Er war blass, untergewichtig und zu klein für sein Alter. Die Palpation ergab eine Abwehrspannung in der rechten Fossa iliaca. Im Labor zeigten sich eine mikrozytäre Anämie, Hypoalbuminämie, deutliche Erhöhung der Entzündungsmarker sowie ein Vitamin-D-Mangel. Im Ultraschall sah man im Bereich des distalen und terminalen Ileums eine Wandverdickung, ein eingeengtes Lumen und entzündungsbedingte Schleimhautveränderungen. Außerdem zeigte sich eine Fistel vom terminalen Ileum zu einem abdominalen Abszess. Die Endoskopie ergab ein ödematöses Duodenum mit vereinzelten Ulcera, eine milde Colitis und multiple tiefe Ulcera im Zökum – die Ileozökalklappe konnte nicht passiert werden. Die Diagnose lautete Morbus Crohn.

Es wurde eine exklusive enterale Ernährung (EEN) mit Trinknahrung sowie eine Antibiotikatherapie mit Ciprofloxacin und Metronidazol initiiert. Der Abszess wurde unter radiologischer Kontrolle perkutan drainiert. Danach kam es zu einer allmählichen Besserung der Symptome, die Entzündungsmarker blieben aber hoch und die Gewichtszunahme war unzureichend. Im MRT nach zwei Wochen waren eine Wandverdickung und Stenose im Bereich der Ilieozökalklappe noch deutlich sichtbar, ein Ultraschall nach vier Wochen ergab eine Besserung dieser Veränderungen.

Der pädiatrische Gastroenterologe Kelsey Jones vom Great Ormand Street Hospital in London weist bei der Diskussion dieses Falls auf die Bedeutung des Schweregrads der Erkrankung inklusive Wachstumsstörungen und Osteopenie hin. Dies macht bei dem jungen Patienten ein sofortiges Handeln erforderlich. Aus Sicht des Experten ist bei diesem pädiatrischen Hochrisikofall eine frühzeitige Therapie mit Anti-TNF-Substanzen indiziert, wodurch auch die Rezidivrate intraabdomineller Abszesse bei gleichzeitiger Besserung von Stenosen reduziert wird. Die Option „sofortige Operation“ sollte echten Notfällen bei Versagen der konservativen Therapie vorbehalten bleiben.

Operation im entzündeten Darm ist anspruchsvoll und erfordert ausgedehntere Resektion

Auch der Kinderchirurg Dr. Stavros Loukogeorgakis, ebenfalls  vom Great Ormand Street Hospital in London, würde in diesem Fall nur operieren, wenn der intraabdominelle Abszess sich konservativ nicht beheben lässt oder Komplikationen wie Darmverschluss, Perforation oder unkontrollierbare Sepsis dazu zwingen. Das Sepsisrisiko nach Beginn der anti-TNF-Therapie ist gering, wenn der Abszess vorher interventionell behandelt wurde. Zudem ist eine Operation im entzündlich veränderten Darm anspruchsvoll und erfordert oft eine ausgedehntere Resektion. Doch gerade im Kindesalter sollte versucht werden, die Länge des Darms so gut wie möglich zu erhalten. 

Bei aktivem Morbus Crohn tragen viele Faktoren wie verminderte orale Aufnahme, Resorptionsstörungen und Katabolismus durch die Inflammation zur Mangelernährung bei, so die Ernährungsmedizinerin Luba Plotkin von der Hebrew University of Jerusalem. Die EEN war bei diesem Jungen die einzige Möglichkeit, eine Remission zu erzielen, da Kortikosteroide bei einem aktivem Abszess kontraindiziert sind. Die EEN sollte aber nach einiger Zeit schrittweise durch eine vollwertige Ernährung ersetzt werden. Hier hat sich die sogenannte „Tasty&HealthyTM“-Diät bewährt, bei der auf hochverarbeitete Lebensmittel, Gluten, rotes Fleisch und Milchprodukte mit Ausnahme von Joghurt verzichtet wird. Besonders wichtig ist im Kindesalter der Ausgleich eines Vitamin-D-Mangels. Hier kann auch eine Einmalgabe von 300.000 IU sinnvoll sein.

Wie ging es mit dem Jungen weiter? Die Drainage konnte nach Abheilung des Abszesses nach vier Wochen gezogen werden. Danach wurde eine Therapie mit subkutanem Adalimumab begonnen. Nach acht Wochen wurde von der EEN auf die „Tasty&HealthyTM“-Diät umgestellt – zusätzlich wurde Eisen und Vitamin D supplementiert. 

Unter dieser Therapie kam es zwar zu einer klinischen Remission und einer ausreichenden Gewichtszunahme. Trotzdem zeigten sich nach zehn Monaten Anzeichen einer subakuten Obstruktion mit krampfartigen Bauchschmerzen. Nach Aussage von Dr. Loukogeorgakis wäre zu diesem Zeitpunkt eine Operation indiziert – entweder in Form einer Strikturplastik oder einer Resektion der betroffenen Darmabschnitte plus Zäkum mit ileokolischer Anastomose. Eine endoskopische Strikturbehandlung erscheint hier aufgrund der Länge der Striktur über 5 cm und der Fistel in der Vorgeschichte zu risikoreich, so der Kinderchirurg. Maria Weiß

Quelle: Jones K et al. Gastroenterology 2024; doi: 10.1053/j.gastro.2024.10.026

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Eine Operation im entzündeten Darm erfordert oft eine ausgedehntere Resektion. Gerade im Kindesalter sollte versucht werden, die Länge des Darms so gut wie möglich zu erhalten. Eine Operation im entzündeten Darm erfordert oft eine ausgedehntere Resektion. Gerade im Kindesalter sollte versucht werden, die Länge des Darms so gut wie möglich zu erhalten. © Jo Panuwat D – stock.adobe.com