Leitlinie fängt Morbus Crohn ein

Dr. Angelika Bischoff

Bei diesem Crohn-Patienten finden sich submukosal lymphoide Aggregate und Granulome. Bei diesem Crohn-Patienten finden sich submukosal lymphoide Aggregate und Granulome. © Juan Gärtner – stock.adobe.com; CoRus13/Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Seit drei Jahren war eine junge Frau schon mit der Diagnose Morbus Crohn in Behandlung. Trotzdem litt sie unter schwersten Durchfällen und Bauchschmerzen. Kein Wunder – wurde sie doch alles andere als leitliniengerecht therapiert.

Mit wässrigen Durchfällen bis zu 20 Mal am Tag und krampfartigen abdominellen Schmerzen stellte sich eine 32-jährige Frau in der Klinik vor. Seitdem ihr Morbus Crohn vor drei Jahren diagnostiziert worden war, litt sie dauerhaft an Beschwerden. Behandelt wurde die Patientin seit 18 Monaten mit Mesalazin und ­Azathioprin sowie mit 20 mg ­Prednisolon – ohne Erfolg.

Ein typisches Beispiel dafür, was passiert, wenn die Leitlinie nicht beachtet wird, betonte Prof. Dr. ­Andreas ­Sturm von den DRK-Kliniken Berlin Westend. Schon die Erstdiagnose war nicht korrekt aufgearbeitet worden. Denn die Leitlinie empfiehlt, dass bereits initial die Lokalisation und die Ausdehnung des Morbus Crohn durch MR-Enterografie oder Sonografie des Dünndarms evaluiert werden und zusätzlich bei jedem Patienten eine Ösophago-­Gastro-Duodenoskopie erfolgen sollte. Je jünger der Patient ist, desto höher liege die Wahrscheinlichkeit der Beteiligung des oberen Gastrointestinaltrakts, so Prof. Sturm.

Auch die Therapie war bei der Patientin insuffizient. Denn sie hatte einen steroidrefraktären Morbus Crohn mit deutlicher Krankheitsaktivität. Solche Patienten sollten primär mit TNF-a-Blockern (Infliximab kombiniert mit einem Thio­purin), Ustekinumab oder Vedolizumab behandelt werden. Um ein Ranking der Biologika zu begründen gibt es allerdings keine ausreichenden Daten. Die Entscheidung, welches Biologikum man einsetzt, sollte derzeit von Patientencharakteristika wie Komorbiditäten, Tumor­anamnese etc. abhängig gemacht werden. Ein weiterer Aspekt ist laut Prof. Sturm der zu erwartende Wirkverlust über die Zeit, der bei dem chimären TNF-a-Antikörper Infliximab besonders groß zu sein scheint.

Bei einem isolierten ileozökalen Befall mit kurzer Anamnese und fehlendem Ansprechen auf Steroide sieht die Leitlinie eine Ileozökalresektion als gleichwertig mit einer Infliximabtherapie an. Die operative Option betrachtet Prof. Sturm als durchaus überlegenswert, wenn z.B. Vernarbungen vorhanden sind. Bevor man verschiedene Biologika durchprobiert, hilft man solchen Patienten mehr, wenn man sie frühzeitig zum Chir­urgen schickt. Ebenso gerechtfertigt erscheint dies bei älteren Patienten, denen man eine langfristige Biologikatherapie vielleicht lieber ersparen möchte.

Evaluation der Therapie mit Biologika nach drei Monaten

Etwa drei Monate nach Therapiebeginn mit einem Biologikum sollte das Ansprechen evaluiert werden. Dabei interessieren nicht nur klinische Parameter, sondern auch bio­chemische Marker wie CRP und/oder fäkales Calprotectin. Außerdem sollte eine Darmsonografie durchgeführt werden. Wenn gar keine Response eingetreten ist, sollte die Therapie mit dem eingesetzten Biologikum beendet und auf einen anderen Wirkstoff gewechselt werden.

Ergänzend kann man sechs bis neun Monate nach Therapiebeginn oder -wechsel endoskopisch kontrollieren, ob die Mukosa abgeheilt ist. Dies ist jedoch nur anzustreben, wenn sich daraus eine therapeutische Konsequenz ergibt. Patienten mit schwierigem Verlauf, die z.B. schon zwei Biologika hinter sich haben, vielleicht schon wegen Stenosen operiert wurden, sind für Prof. Sturm Kandidaten, bei denen es besonders wichtig ist, eine Mukosaheilung zu erreichen.

Nach der Induktionstherapie sollte eine remissionserhaltende Therapie angeschlossen werden mit den Medikamenten, mit denen man die Remission erzielt hat. Systemische Steroide sollten zur Remissionserhaltung nicht zum Einsatz kommen. Nur bei mildem Verlauf und sehr gutem Ansprechen auf die Induktionstherapie kann ein abwartendes Vorgehen ohne remissionserhaltende Therapie erwogen werden.

Drug Monitoring nur bei erneuten Beschwerden

Bei einem beschwerdefreien Patienten sollte kein proaktives therapeutisches Drug Monitoring (TDM) durchgeführt werden, weil sich daraus keine therapeutische Konsequenz ergibt. Ein TDM empfiehlt die Leitlinie nur reaktiv bei sekundärem Wirkverlust, um die Therapie anzupassen.

Wenn die Krankheitsaktivität persistiert oder neu auftritt trotz Therapie, sollte diese zunächst optimiert werden – z.B. in der Dosis, durch Komedikation oder Prüfung der Adhärenz –, bevor man sie umstellt. Der alleinige endoskopische Nachweis von Entzündung bei einem beschwerdefreien Patienten ist kein Grund, die Therapie umzustellen.

Akute Krankheitsschübe während der Schwangerschaft sollten unverzüglich behandelt werden, primär mit Steroiden. Auch der Einsatz von TNF-a-Blockern kann erwogen werden. Eine bestehende Therapie mit TNF-a-Blockern wird die Schwangerschaft hindurch beibehalten.

Bei erwachsenen Patienten mit Morbus Crohn kann eine exklusive enterale Ernährung durchgeführt werden, um im akuten Schub eine Remission zu induzieren, wenn es Gründe gibt, die gegen eine leitlinien­gerechte medikamentöse Therapie sprechen. Das funktioniert besonders bei jüngeren Patienten gut, erfordert aber die Zusammenarbeit mit einem Ernährungsberater. Immer gehört zum Management von Crohn-Patienten, dass man sie zur Tabakabstinenz motiviert, falls sie Raucher sind.

Quelle: Kongressbericht; Viszeralmedizin 2022

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Bei diesem Crohn-Patienten finden sich submukosal lymphoide Aggregate und Granulome. Bei diesem Crohn-Patienten finden sich submukosal lymphoide Aggregate und Granulome. © Juan Gärtner – stock.adobe.com; CoRus13/Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)