Opiate für abgebrühte Kinder: Verbrennungen und Verbrühungen richtig einschätzen und adäquat behandeln

Dr. Alexandra Bischoff

Paracetamol oder Ibuprofen genügen bei Verbrühungen und oder Verbrennungen nicht. Paracetamol oder Ibuprofen genügen bei Verbrühungen und oder Verbrennungen nicht. © fotolia/Monkey Business

Den Topf Suppe vom Herd gezogen, mit dem Wasserkocher gespielt oder Papa beim Grillen geholfen: Verbrennungen und Verbrühungen zählen zu den häufigsten Verletzungen von Kindern. In vielen Fällen ist es nötig, die kleinen Patienten rasch ins Spezialzentrum zu überweisen.

Etwa 30 000 Kinder erleiden jährlich in Deutschland eine thermische Verletzung. Zu 75 % sind es Säuglinge und Kleinkinder unter vier Jahren, die sich meist zu Hause mit heißen Flüssigkeiten verbrühen. Mit zunehmendem Alter treten dann Verbrennungen durch Flammen (Zündeln, Grillunfälle, Mutproben) in den Vordergrund.

Aber auch andere äußere Noxen wie Dämpfe, Kälte, chemische Substanzen, Reibung, elektrischer Strom oder Sonneneinstrahlung können bereits bei geringer Einwirkung schwere Gewebeschäden an der Kinderhaut verursachen. Bei Ungereimtheiten in der Anamnese oder gar auffälligen Verletzungsmustern (z.B. kreisrund oder mit Abdruck von Gegenständen) sollten Sie auch immer nicht-akzidentelle Verletzungen im Hinterkopf haben (10 %!) und eine Kinderschutzgruppe hinzuziehen.

Jeder fünfte Unfall führt ins Krankenhaus

Viele der Wunden verheilen spontan und ohne Narben. Doch jedes fünfte Kind verbrennt oder verbrüht sich so stark, dass es stationär behandelt werden muss, schreiben Dr. Martina Hüging von der Klinik für Kinderchirurgie der Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, und Kollegin. Für das bestmögliche kosmetische und funktionelle Outcome emp­fiehlt es sich dann, je nach Schweregrad von Anfang an in ein spezialisiertes Zentrum zu überweisen.

Als Erstes gilt es natürlich, das Verbrennungsausmaß aus Tiefe (Grad I–IV) und Ausdehnung (% KOF) zu ermitteln. Insbesondere bei Verbrühungen wird die Tiefe oft unterschätzt, außerdem lässt sie sich häufig erst nach einigen Tagen beurteilen, wobei technische Hilfsmittel (z.B. Laser-Doppler-Imaging) Unterstützung leisten können.

Da Kinder sich im Wachstum befinden, hat sich bei ihnen anstelle der klassischen 9er-Regel bis zum 15. Lebensjahr ein altersadaptiertes Schema bewährt. Haben Sie das gerade nicht griffbereit, können Sie die Einschätzung auch mithilfe der Handflächenregel (Fläche der Hand inkl. Finger des Patienten entspricht 1 % seiner Körperoberfläche) vornehmen.

So lässt sich vorbeugen

Viele Verbrennungsunfälle von Kindern lassen sich durch einfach Maßnahmen verhindern. Den Nachwuchs nicht allein in der Küche lassen, auf Tischdecken verzichten und heiße Getränke in gut verschlossenen Gefäßen aufbewahren, gehört zu den Basics. Herdschutzgitter verhindern Kontaktverbrennungen und dass die Kleinen Töpfe runterziehen. Der Verein „Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder“ versucht mit großen Präventionskampagnen, die Gefahr immer wieder bewusst zu machen, bietet aber auch bereits Betroffenen Unterstützung (www.paulinchen.de).

In der modernen Verbrennungsmedizin wird das Kühlen nicht mehr uneingeschränkt empfohlen, da es nur in den ersten Sekunden die Hitzeeinwirkung auf die Haut verringert und danach durch Vasokonstriktion unter Umständen sogar die Verletzungstiefe noch verstärkt. Oftmals stellt es jedoch für die Personen vor Ort die erste und einzige Möglichkeit der Schmerzlinderung dar. Das Wasser sollte dann aber nicht kalt, sondern lauwarm (≥ 20 °C) sein und die Kühlung nicht länger als zehn Minuten dauern. Bei Verbrühungen kann man die Kleidung währenddessen an Ort und Stelle lassen. Bei Verletzungen über 15 % KOF, Neugeborenen, Säuglingen, Kleinkindern und beatmeten Patienten heißt es: Finger weg von der Wasserkühlung. Und gerade bei Kindern besteht ein hohes Hypothermierisiko, deshalb muss man beim Transport in die Klinik weitere Wärmeverluste unbedingt vermeiden. Zur Linderung der Schmerzen wird die Gabe von Opiaten (z.B. in Kombination mit Midazolam) i.v., intranasal, rektal oder intraossär empfohlen, peripher wirksame Analgetika wie Paracetamol und Ibuprofen reichen nicht aus.

Bei großflächigen Verletzungen Elektrolytlösung infundieren

Verletzungen > 10–15 % KOF erfordern bereits während des Transports in die Klinik eine Volumentherapie. Dabei hat sich die Gabe von 10 ml pro kg KG und Stunde einer isotonischen kristalloiden Lösung bewährt. Misslingt ein i.v. Zugang, sollte die Indikation zum intraossären großzügig gestellt werden. Ob das Kind direkt in eine spezialisierte Klinik oder in ein Zentrum für schwerbrandverletzte Kinder eingeliefert werden sollte, hängt ganz vom Ausmaß der Verletzungen ab (s. Kasten).

Kriterien für die Zuweisung in ein spezialisiertes Zentrum

Verbrennungsausmaß/Verletzung:
  • Grad II > 10 % KOF
  • Grad III > 5 % KOF
  • Grad IV immer
  • Grad II und III mit Lokalisationen im Gesicht, an der Hand, am Fuß, im Genitalbereich oder über großen Gelenken
  • Thermische Verletzungen durch chemische Noxen oder Elektrotrauma
  • Inhalationstraumata

Quelle: Aus der Fachliteratur
Quelle: Hüging M, Rothe K. Monatsschr Kinderheilkd 2017; 165: 817-832

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Paracetamol oder Ibuprofen genügen bei Verbrühungen und oder Verbrennungen nicht. Paracetamol oder Ibuprofen genügen bei Verbrühungen und oder Verbrennungen nicht. © fotolia/Monkey Business