Orale Begleittherapien bei Typ-1-Diabetes – die Nutzen und Risiken

Dr. Anja Braunwarth

Insulin plus SGLT2-Hemmer ist bei Diabetes Typ 1 und Übergewicht möglich. Insulin plus SGLT2-Hemmer ist bei Diabetes Typ 1 und Übergewicht möglich. © iStock/Sezeryadiga

In verschiedenen Studien profitierten Patienten mit Typ-1-Diabetes von SGLT2-Inhibitoren. Doch wie soll mit dem erhöhten Ketoazidoserisiko umgegangen werden?

In drei großen Studienprogrammen wurde der Einsatz von verschiedenen SGLT2-Hemmern bei erwachsenen Patienten mit Diabetes Typ 1 geprüft, erinnerte Professor Dr. Chantal Mathieu von der Universitätsklinik Leuven.

In den DEPICT-Studien 1 und 2 – mit ­Dapagliflozin 5 und 10 mg vs. Placebo – ergab sich über 52 Wochen eine signifikante Reduktion von HbA1c, Gesamtinsulindosis und Körpergewicht. Die Time in Range (TiR) stieg nach 24 Wochen um 2 Stunden unter der niedrigen und um 2,3 Stunden unter der hohen Dosierung.

Vorteile der SGLT2-Inhibition studienübergreifend deutlich

Blutdruck und Albumin/Kreatinin-Quotient im Urin fielen deutlich ab, so die Expertin. Doch es gab in den Verumgruppen deutlich mehr diabetische Ketoazidosen.

Ähnliche Ergebnisse im Hinblick auf die Blutzuckereinstellung lieferte das TANDEM-Programm mit dem dua­len SGLT2-Hemmer ­Sotagliflozin, ebenfalls verbunden mit einer signifikanten Blutdrucksenkung. Und auch mit Empagliflozin in den Dosierungen 2,5, 10 und 25 mg wurde in den EASE-Studien ein ähnlich gutes Ergebnis erzielt, erläuterte Prof. Mathieu. Hier reichte schon die niedrige Dosis aus, um positive Effekte zu erzielen, die HbA1c-Senkung lag nur bei 0,2 Prozentpunkten. Dafür fiel das Risiko einer diabetischen Ketoazidose auf Placebo­niveau.

„Bei normalen Dosierungen können wir die Kurven praktisch übereinanderlegen, die Klasse der SGLT2-Hemmer erzielt konsistent gute Ergebnisse, egal, welche Substanz man nimmt“, so das Fazit von Prof. Mathieu.

Professor Dr. Thomas Danne, ­Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf der Bult in Hannover, hob besonders die günstigen Effekte der Substanzen auf das kardiovaskuläre System hervor. Diese zeigten sich bereits in vielen Studien zum Typ-2-Diabetes und auch bei Stoffwechselgesunden, man dürfe also auch bei Typ-1-Dia­betes damit rechnen, so die Einschätzung des Experten. Gerade sie haben bedingt durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine deutlich kürzere Lebenserwartung.

Schulung mit „KetoAWARE“ online möglich

Möglicherweise könnten die SGLT2-Hemmer schon für Kinder von Vorteil sein, das müsste aber erst durch Studien belegt werden. Bisher gibt es nur eine Untersuchung bei Adoleszenten mit Dapagliflozin, die einen Benefit ergab, berichtete Prof. Danne.

Wem verschreiben?

In Europa sind derzeit Dapaglifozin und Sotagliflozin für die Add-on-Therapie des Typ-1-Diabetes zugelassen, allerdings nur bei übergewichtigen Patienten mit einem BMI ≥ 27 kg/m². Prof. Mathieu behandelt derzeit 58 ihrer 1400 Patienten mit Typ-1-Diabetes mit einem SGLT2-Hemmer. Sie nannte als Voraussetzungen dafür:
  • erwachsener Patient
  • HbA1c unter 9–10 %
  • Patient ist gut bekannt
  • die tägliche Insulindosis ist ausreichend hoch (> 20 Einheiten)
Patienten, die die orale Add-on-Therapie erhalten, brauchen in jedem Fall eine umfassende Aufklärung über das Risiko der diabetischen Ketoazidose. Dafür stehen inzwischen einige Materialien zur Verfügung, außerdem gibt es mit „KetoAWARE“ ein Online-Lehrprogramm, wie der Experte berichtete. Die Patienten sollten zudem nicht nur den Blutzucker, sondern auch ihre Ketonkörper regelmäßig selbst messen. Was aber tun, wenn es zur diabetischen Ketoazidose kommt? Hilfreich ist es, dem STICH-Protokoll zu folgen, erklärte Prof. Danne. Darüber hinaus müssen je nach Schweregrad und Befunden symptomatische Maßnahmen (z.B. Kaliumsubstitution, Gabe von Bikarbonat) erfolgen.

STICH-Protokoll erklärt

  • ST: Stopp des SGLT2-Hemmers für ein paar Tage
  •  I: Insulin geben
  • C: Kohlenhydrate (Carbohydrates) zuführen
  • H: hydrieren mit passenden Getränken (Wasser oder balancierte Elektrolytgetränke ohne Kalorien)

„Die Insulingabe stellt den schwierigsten Punkt dar“, sagte Prof. ­Danne. „Die Patienten fühlen sich mies, wollen nichts essen und schon gar nichts spritzen.“ Sind sie aber im Vorfeld gut aufgeklärt, lässt sich auch diese Hürde nehmen.

Kongressbericht: 13th International Conference on Advanced Technologies & Treatments for Diabetes (ATTD)

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Insulin plus SGLT2-Hemmer ist bei Diabetes Typ 1 und Übergewicht möglich. Insulin plus SGLT2-Hemmer ist bei Diabetes Typ 1 und Übergewicht möglich. © iStock/Sezeryadiga