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Cartoon Gesundheitspolitik
Patient verstorben, Geld zurück? Kassen testen neuartiges Erstattungsmodell

Das Erstattungsmodell, in dem sich das Pharmaunternehmen bei Versterben des Patienten zu Rückzahlungen verpflichtet, betrifft die CAR-T-Zell-Therapie (Kymriah®) von Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligem B-Zell-Lymphom bzw. von Patienten bis zum Alter von 25 Jahren mit akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie. Die CAR-T-Zell-Therapie gilt als letzte Hoffnung für Patienten, bei denen alle bisherigen Behandlungsversuche gescheitert sind. Ihre Zahl schätzt das IQWiG bundesweit auf 440 bis 700 jährlich.
CAR-T-Zell-Therapie: Hohe Kosten bei unklarem Nutzen
Während sich jedoch der Zusatznutzen der Therapie nach aktuellen Bewertungen des Gemeinsamen Bundesausschusses bislang nicht quantifizieren lässt, ist sicher, dass diese Option einen hohen Kostenfaktor für die GKV darstellt. So rechnet der Hersteller mit Arzneikosten in Höhe von circa 320 000 Euro pro Patient. Hinzu kommen nach Schätzungen des IQWiG Jahrestherapiekosten für notwendige GKV-Leistungen von bis zu 50 000 Euro pro Patient. Die Behandlung soll im Regelfall nur einmal erfolgen.
Zur Höhe der Erstattung, zu der sich das Pharmaunternehmen vertraglich verpflichtet hat, sollte der Patient innerhalb eines bestimmten Zeitraums sterben, äußern sich die Vertragspartner nicht. Auch war von der GWQ Service Plus AG keine Auskunft darüber zu erhalten, wie sich das Therapieergebnis definiert und inwieweit eine Einbindung von Ärztevertretern erfolgen soll.
Genau das aber ist der Knackpunkt des Vertrags sowohl nach Meinung des GKV-Spitzenverbandes als auch medizinischer Experten. Zwar macht sich der GKV-Spitzenverband seit Längerem dafür stark, den Preis von Arzneimitteln an die zunehmenden Erkenntnisse über deren Wirksamkeit und Sicherheit anzupassen. Bei „Pay-for-Performance“-Verträgen (P4P) liege die Herausforderung aber in der Definition des messbaren Behandlungserfolgs und dessen Überprüfung anhand valider Daten, sagt der GKV-Spitzenverband.
„Mit diesen neuartigen Therapien sind große Hoffnungen und Erwartungen verknüpft“, sagt Ann Marini, Sprecherin des Verbandes. Sowohl inhaltliche Fragen als auch die technischen Aspekte der Datenübermittlung und -analyse seien jedoch noch unbeantwortet. Es müsse sich erst noch zeigen, ob sich die Erwartungen an derartige Therapien auf Dauer erfüllen und ob sich langfristige Fortschritte in der Behandlung feststellen lassen. „Das populäre Schlagwort Pay-for-Performance ist derzeit schneller ausgesprochen als vernünftig umgesetzt“, so der GKV-Spitzenverband.
„Bei der CAR-T-Zell-Therapie beispielsweise ist es schwierig, den Therapieerfolg zu messen, da die Behandlung häufig zu sehr schweren Nebenwirkungen führt“, macht der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ), Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, deutlich. Der Onkologe hält P4P-Modelle für teure Onkologika, Orphan-Drugs oder Advanced Medicinal Products, unter die auch die CAR-T-Zell-Therapie fällt, prinzipiell jedoch für sinnvoll, um schwer kranken Patienten frühzeitig eine Chance auf die Behandlung mit neuartigen Therapien zu geben.
„Bei der CAR-T-Zell-Therapie handelt es sich zweifelsfrei um eine vielversprechende Therapieoption“, so Prof. Ludwig. Deren langfristiger Stellenwert sei allerdings noch nicht abzuschätzen. Aus Sicht des AKdÄ-Vorsitzenden ist es daher zwingend erforderlich, die medizinischen Fachgesellschaften bei der Definition der Outcome-Parameter zu beteiligen.
Darüber hinaus müsse gewährleistet sein, dass die Behandlung mit CAR-T-Zellen ausschließlich in zertifizierten kompetenten Zentren erfolgt, auch aufgrund möglicher schwerwiegender Nebenwirkungen. „Bei der Beobachtung des weiteren klinischen Verlaufs muss dieser unbedingt in Registern genau dokumentiert werden, um die noch fehlende Evidenz zur langfristigen Wirksamkeit und Sicherheit zu generieren“, betont Prof. Ludwig. Hierbei dürften die Hersteller nicht aus der Verantwortung entlassen werden.
Sogar forschende Hersteller sind noch zurückhaltend
Auch der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) schätzt den Stellenwert von P4P-Verträgen noch zurückhaltend ein. „Pay-for-Performance ist eine gute Lösung, wenn der Behandlungserfolg auf einzelne Patienten herunterzubrechen ist. Das gelingt aber nur bei bestimmten Produkten“, erklärt Dr. Markus Frick, Geschäftsführer „Markt und Erstattung“ im vfa. P4P-Modelle seien daher nicht das neue System für die Zukunft, sondern eine gezielte Alternative zu den traditionellen Erstattungsinstrumenten.
Die Expertise der Ärzteschaft wiederum sei zwar ein wichtiger Maßstab für derartige Erstattungsmodelle. Die Preisverhandlungen selbst sollten aber Sache der Vertragsparteien, also der Krankenkassen und Pharmaunternehmen, bleiben, so Dr. Frick.
Medical-Tribune-Recherche
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