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Phimosen nicht gleich so eng sehen
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Anhand von Praxisdaten hat eine Gruppe von Kinderchirurgen die Indikation zur Zirkumzision bei Jungen überprüft. Für ihre retrospektive Untersuchung analysierten die Ärzte um Dr. Kolja Eckert von der Klink für Kinderchirurgie, Elisabeth-Krankenhaus Essen, die klinischen Befunde von Jungen, bei denen in den Jahren 2013 bis 2015 eine ambulante Vorhautoperation durchgeführt wurde.
Sie berücksichtigten dabei den präoperativen klinischen Untersuchungsbefund und die Beschwerdesymptomatik der Patienten. Auch werteten sie die angewandten konservativen oder operativen Therapiemaßnahmen sowie den histopathologischen Befund des resezierten Präputiums aus.
Acht von zehn Jungen waren vor der Op. beschwerdefrei
Im Untersuchungszeitraum erhielten 176 Jungen eine entsprechende Operation (medianes Alter 5 Jahre), wobei bei 85 % der Patienten eine komplette Entfernung der Penisvorhaut stattfand. Als häufigster Untersuchungsbefund fand sich bei 80 % der Jungen eine nicht-retrahierbare Vorhaut. Bemerkenswert dabei: Mehr als acht von zehn der operierten Buben (86 %) waren vor der Zirkumzision beschwerdefrei.
Bei den histologischen Ergebnissen dominierte eine diskrete bis mittelgradig ausgeprägte chronisch-fibrosierende Posthitis (69 %) bzw. eine subepitheliale Fibrose (18 %). Doch selbst in dieser Gruppe hatten nahezu drei viertel der Operierten zuvor keinerlei Symptome (78 % bzw. 72 %).
Bis zur Pubertät auf spontane Vorhautablösung warten
Als Fazit ihrer Arbeit kritisieren die Autoren die offenbar gängige Praxis: Obwohl die meisten Jungen präoperativ beschwerdefrei waren, erfolgte allzu oft allein aufgrund eines nicht-retrahierbaren Präputiums die Zirkumzision. Da die Vorhaut aber ein sensorisch empfindlicher Teil des männlichen Genitals sei, bedürfe diese Operation einer klaren und medizinisch begründeten Indikation, erinnern die Experten. Es müsse eindeutig zwischen einer pathologischen und behandlungsbedürftigen Phimose und der Pseudophimose als physiologische Enge unterschieden werden.
Das Autorenteam stellt klar, dass sich die Vorhaut im Kindesalter typischerweise nicht zurückziehen lasse, und die spontane Ablösung problemlos bis zur Pubertät abgewartet werden könne. Im Zweifelsfall sei dem operativen Eingriff eine topische Kortikoidtherapie vorzuschalten. Lediglich bei Vorliegen eines Lichen sclerosus gelte die Zirkumzision als Therapie der Wahl.
Abschließend geben die Kollegen zu bedenken, dass sich ihre Analyse allein auf die Daten einer einzelnen Praxis stützt und ihre Ergebnisse somit nicht repräsentativ sind. Sie betonen aber ausdrücklich, dass es aus ärztlicher Sicht keinen plausiblen Grund gibt, einem beschwerdefreien Jungen die Vorhaut zu entfernen.
Quelle: Eckert K et al. Urologe 2017; 56:351-357
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