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Plötzliche Lähmungserscheinungen führten zunächst auf die falsche Fährte

Eine 22-jährige Frau stellte sich in der Notaufnahme vor: Sie hatte seit etwa 45 Minuten anhaltende Gefühlsstörungen in der linken Körperhälfte und eine Schwäche des linken Arms bemerkt. Die Notfall-MRT ergab eine akute Ischämie im rechten Thalamus als Ursache des armbetonten sensomotorischen Hemisyndroms links, mit 4 Punkten auf der National Institutes of Health Stroke Scale (NIHSS).
Die Ärztinnen und Ärzte führten eine systemische Thrombolyse mit 45 mg rt-PA (recombinant tissue plasminogen activator) durch. Auf genauere Nachfrage berichtete die Patientin, dass sie seit etwa sechs Monaten täglich an Kopfschmerzen leide, begleitet von Augenflimmern, Wortfindungsstörungen und febrilen bis subfebrilen Temperaturen.
Eine Schädel-MRT mit Kontrastmittel am nächsten Tag ergab Zeichen einer Leptomeningitis sowie Stenosen der A. posterior inferior cerebelli links und der A. vertebralis rechts als Hinweis auf eine Vaskulitis. Aufgrund der MRT-Befunde, der anhaltenden Kopfschmerzen und der Laborwerte (Leukozytose, CRP-Erhöhung) wurde eine Lumbalpunktion durchgeführt. Diese ergab ein entzündliches, wahrscheinlich erregerbedingtes Liquorsyndrom. Die Borrelienserologie (Serum) war positiv für IgM und IgG, dagegen fielen die Liquor-Serum-Indizes für Borrelia burgdorferi (IgM und IgG) zunächst negativ aus.
Nun erhielt die Patientin aufgrund der entzündlichen Liquorergebnisse eine empirische Antibiose mit Ceftriaxon sowie Aciclovir intravenös. Bemerkenswert war, dass die Bestimmung des Chemokins CXCL-13 im Liquor deutlich positiv ausfiel: Dieses gilt als sensitiver Marker für eine frühe Neuroborreliose. Damit wiesen Laborwerte und Klinik stark auf diese Diagnose hin. Um dem Verdacht nachzugehen, führten die Ärztinnen und Ärzte sechs Tage später eine erneute Lumbalpunktion durch – und diesmal war der Liquor-Serum-Index für Borrelien-IgG eindeutig positiv. Die weitere Diagnostik hinsichtlich anderer neurotroper oder durch Zecken übertragener Erreger fiel unauffällig aus, ebenso das serologische Rheuma-/Vaskulitis-Screening, schreibt ein Team um Dr. Matúš Velický Bücheler, Universitätsspital Zürich. Auch gab es keine Hinweise auf anderweitige Schlaganfallursachen.
Die Kopfschmerzen besserten sich bald nach Beginn der Antibiose, die leitlinienkonform über drei Wochen intravenös durchgeführt wurde. Nach der Akutbehandlung nahm die Frau an einer stationären Neurorehabilitation teil. Zur Sekundärprophylaxe erhielt sie Acetylsalicylsäure und Atorvastatin über zwölf bzw. drei Monate. Die klinische Symptomatik besserte sich, die Lumbalpunktion ergab einen deutlichen Rückgang der Pleozytose und der Schrankenstörung. Der CXCL-13-Wert sank in den Normbereich.
Bei der Patientin lag ein meningovaskulitischer Verlauf einer frühen Neuroborreliose vor, erklären die Forschenden. Diese Form der Lyme-Borreliose gilt als sehr selten.
Abklärung mittels MRT und Lumbalpunktion
Typischerweise treten als erstes Symptom anhaltende, therapieresistente Kopfschmerzen auf, die Anlass zur Abklärung mittels MRT und Lumbalpunktion sein sollten. „Eine basale leptomeningeale Kontrastmittelaufnahme im MRT und im Verlauf ischämische Hirninfarkte vor allem im hinteren Stromgebiet stellen eine typische Befundkonstellation dar“, so das Autorenteam. Wenn die Antibiose früh beginnt, dürfe man mit guten Ergebnissen rechnen.
Quelle: Velický Bücheler M et al. Swiss Med Forum 2024; 24: 260-263; DOI: 10.4414/smf.2024.1260308960
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