Oberbauchschmerzen durch Neuroborreliose – ein Fallbericht

Dr. Daniela Erhard

Besonders nachts litt der Patienten unter brennenden Bauchschmerzen. (Agenturfoto) Besonders nachts litt der Patienten unter brennenden Bauchschmerzen. (Agenturfoto) © Africa Studio – stock.adobe.com

Bei Oberbauchschmerzen dürfte eine Liquoranalyse eher selten angezeigt sein. Bei einem 59-jährigen Notfallpatienten mit heftigsten Schmerzen im Abdomen sicherte sie aber letztlich die Verdachtsdiagnose Neuroborreliose.

Die Blutwerte zeigen sich weitgehend unauffällig, kein Peritonismus, kein Fieber, kein Gewichtsverlust. Die Vitalparameter eines Mannes sind in Ordnung, die Verdauung ebenfalls. Ultraschalluntersuchung und Gastroskopie fördern neben asymptomatischen Gallensteinen, einer gering vergrößerten Prostata, einem abheilenden Magenulkus und einer leichten Refluxösophagitis nichts Auffälliges zutage.

Als Dr. ­Sabrina ­Welland und Kollegen an der Medizinischen Hochschule Hannover den 59-jährigen Notfallpatienten untersuchen, finden sie zunächst nichts, was dessen extreme und brennende Schmerzen im Epigastrium erklären könnte. Eine Bauch-OP hatte er bislang nicht. Auch einen Herzinfarkt, eine Embolie oder eine Aortendissektion können die Ärzte ausschließen, ebenso hämatologische und metabolische Störungen oder ein Pankreaskarzinom.

Besonders nachts plagen den Kranken die massiven Schmerzen im Oberbauch, die bis in den Rücken und in die Oberschenkel ausstrahlen und selbst auf Opioide nicht ansprechen. Angefangen hatten sie einige Tage zuvor während eines Urlaubs in Österreich. Handelt es sich vielleicht um eine Neuropathie?

Tatsächlich zeigt die MRT der Wirbelsäule eine deutliche Kontrastmittelaufnahme in den lumbalen Nervenwurzeln. Was aber löst diese Radikulitis aus? Serologisch ergeben sich keine Hinweise auf eine Infektion, auch nicht mit Borrelien. Die entsprechenden Antikörpertiter hatten die Ärzte mitbestimmen lassen, nachdem der Mann von einem Zeckenstich im Urlaub berichtet hatte. Schließlich ist die Lyme-Borreliose in Österreich mit 120 Fällen pro 100 000 Einwohner etwa drei- bis viermal häufiger als in Deutschland. Aufgrund des Symptombildes prüfen die Ärzte dann trotz allem noch einmal, ob ihr Patient nicht doch unter einer Neuro­borreliose leidet.

Erst die Liquoranalyse offenbart die Infektion

Brennende und bohrende Schmerzen ab der zweiten Woche nach der möglichen Infektion, im Verlauf motorisch-neurologische Ausfälle, vor allem im Bereich der Hirnnerven – all das passt zur Lyme-Krankheit. Und: Im Normalfall dauert es vier bis sechs Wochen, bis sich die entsprechenden Antikörper im Blut nachweisen lassen. So lange liegt die Begegnung mit der Zecke schließlich noch nicht zurück.

Die Liquoranalyse gibt den Kollegen recht: Sie beweist eine lymphomonozytäre Pleozytose. Der Albuminquotient ist als Ausdruck einer schweren Schrankenstörung mit 26,6 deutlich erhöht, zudem ist eine intrathekale Immunglobulinsynthese mit oligoklonalen Banden Typ 2 nachweisbar. Der stark erhöhte Liquor/Serum-Antikörperindex für die borrelienspezifischen IgG und IgM sichert letztlich die Diagnose Neuroborreliose.

Unter 14-tägiger Therapie mit Ceftriaxon i.v. geht die Zellzahl im Liquor zurück. Allerdings kommt es erneut zu Hypästhesien und Kribbeln im linken Bein. Erst eine zweite Therapierunde führt letzlich zur anhaltenden Remission.

Quelle: Welland S et al. Internist 2021; 62: 207-211; DOI: 10.1007/s00108-020-00905-x

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Besonders nachts litt der Patienten unter brennenden Bauchschmerzen. (Agenturfoto) Besonders nachts litt der Patienten unter brennenden Bauchschmerzen. (Agenturfoto) © Africa Studio – stock.adobe.com