Durch Zecken übertragene Krankheiten werden häufiger

DGIM 2021 Dr. Dorothea Ranft

Gefährliche Waldspaziergänge: Zecken breiten sich durch mildes Wetter weiter aus. Gefährliche Waldspaziergänge: Zecken breiten sich durch mildes Wetter weiter aus. © Smileus, astendal – stock.adobe.com

Seit Beginn der Coronapandemie steigt die Zahl der von Zecken übertragenen Erkrankungen – vermutlich, weil es die Menschen in die Natur drängt. Gleichzeitig sorgt der Klimawandel für eine Ausweitung der FSME-Endemiegebiete nach Norden.

Die Zeckenzeit beginnt früher, als viele denken. Denn die Spinnentiere sind bereits bei einer Temperatur von 6 °C aktiv. Angelockt werden sie nicht vom Geruch der Opfer, sondern vom ausgeatmeten Kohlendioxid. Eine der gefährlichsten Zeckenfolgen ist die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME). Die Hälfte der Infizierten entwickelt neurologische Symptome, rund 20 % behalten moderate bis schwere Residuen zurück. Auch Todesfälle werden beobachtet, warnte Dr. Fritz­ Holst­ vom Tropen- und Reisemedizinischen Zentrum Marburg.

Im vergangenen Jahr kam es zu einer ungewöhnlichen Häufung von FSME-Erkrankungen. Ihre Anzahl stieg im Vergleich zu 2019 um fast 60 % auf mehr als 700 Fälle. Der Marburger Kollege führt diesen Zuwachs zum einen darauf zurück, dass viele Menschen ihren Urlaub in Deutschland verbrachten und sich häufiger im Wald aufhielten als in anderen Jahren. Außerdem dürften der milde Winter und der warme Frühsommer die Ausbreitung begünstigt haben. Noch dazu dehnen sich die FSME-Risikogebiete langsam aber sicher nach Norden aus – wahrscheinlich infolge des Klimawandels.

Die Übertragung des FSME-Virus erfolgt innerhalb von Minuten nach dem Zeckenstich. Eine Prophylaxe durch rechtzeitiges Entfernen der Plagegeister ist also praktisch unmöglich. Zur Prävention in Endemiegebieten wird bei relevanter Exposition deshalb die Impfung empfohlen. Für einen mehrjährigen Schutz sollte diese dreimal erfolgen. Neben dem direkten Zeckenkontakt kann in seltenen Fällen auch eine Virusübertragung durch Rohmilchprodukte erfolgen.

Nach Spaziergängen auf Zecken absuchen

Die häufigste infektiöse Erkrankung, die man sich bei einer unliebsamen Begegnung mit den Spinnentieren einfangen kann, ist die Borreliose. Ihre Übertragung erfordert eine längere Anheftungszeit, so dass es sich durchaus lohnen kann, nach einer etwaigen Exposition frühzeitig auf Zeckensuche zu gehen. Das charakteristische Erythema migrans tritt drei bis dreißig Tage nach dem Stich auf. Die ebenfalls mögliche Zeckenallergie manifestiert sich dagegen schon nach einem Tag. Typisches Symptom der Wanderröte ist ein randbetontes Erythem, dass sich zentrifugal ausbreitet und in der Mitte abblasst. Zusätzlich bestehen häufig Allgemeinsymptome wie Muskel-, Gelenk- und Kopfschmerzen sowie eine Lymphadenopathie, erklärte Dr. Holst. Bei einer frühen Dissemination hingegen kommt es Wochen bis Monate nach dem Stich zu multiplen Erythemen ohne Aufhellung.

Vom Stich gelähmt

In Deutschland selten, aber weltweit verbreitet ist die Zeckenparalyse. Ausgelöst wird sie durch ein Nervengift im Speichel der Spinnentiere. Der Ixobotoxin-Kontakt macht sich zunächst mit Parästhesien bemerkbar, nach etwa fünf Tagen kommt es zu aszendierenden Lähmungen. Die Symptome ähneln einem Guillain-Barré-Syndrom. Bevor man diese Diagnose stellt, sollte man deshalb vorsichtshalber auf Milbensuche gehen.

Zu den weniger bekannten infektiösen Folgen eines Zeckenstichs zählt die Humane Granulozytäre Anaplasmose (HGA). Auslöser ist das gramnegative Bakterium Anaplasma phagocytophilum. Als Vektor fungiert vor allem die Auwaldzecke (Dermacentor reticularis), seltener der hierzulande weiter verbreitete Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus). Die Klinik ist mit Fieber, Myalgien und einem leichten Transaminasenanstieg relativ unspezifisch. Verdacht schöpfen sollte man, wenn zusätzlich eine Leuko- und Thrombozytopenie auftritt. Typisch für die Erkrankung sind Morula-ähnliche Veränderungen im peripheren Blutausstrich. Auch mittels PCR lässt sich das Bakterium nachweisen. Die Seroprävalenz erreicht unter Mitteleuropäern bis zu 20 %. Zur Therapie empfiehlt Dr. Holst Doxycyclin über zwei Wochen. Eine der gefährlichsten zeckenbedingten Infektionskrankheiten ist das Krim-Kongo-Fieber. Es manifestiert sich üblicherweise mit Fieber, Bauchschmerzen und Konjunktivitis, in schweren Fällen kann es zu inneren Blutungen kommen. In der Türkei sind in den vergangenen knapp 20 Jahren mehr als 10.000 Fälle aufgetreten mit relativ hoher Mortalität. Einzelne Fälle wurden auch aus Griechenland und anderen Balkanländern berichtet. Hierzulande gab es bisher keine Fälle, obwohl der Vektor, die Hyalomma-Zecke, in Deutschland bereits nachgewiesen wurde.

Kongressbericht: 127. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (Online-Veranstaltung)

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