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Hände schmerzen, kribbeln oder sind kalt – Was ist die Ursache?

Über rheumatologische Ursachen von Handbeschwerden berichtete Professor Dr. Ulf Müller-Ladner vom Rheumazentrum an der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim. Der Klassiker ist natürlich die rheumatoide Arthritis (RA). Als erstes Zeichen finden sich oft stark geschwollene Fingergelenke, und zwar symmetrisch. Druck auf sie löst Schmerz aus (Gaenslen-Zeichen), eine Morgensteifigkeit über ca. 60 Minuten erhärtet den Verdacht. Außerdem gibt es klare Klassifikationskriterien der amerikanischen und europäischen Fachgesellschaften, die die Diagnose erleichtern. Typische Langzeitschäden wie Schwanenhals-/ Knopflochdeformitäten, Bajonettstellung, Muskelatrophien oder Osteophyten beobachtet man heute dank Biologika seltener. Bei Patienten aus der Ära vor diesen Therapien kommen sie aber noch vor.
Persistierende asymmetrische Gelenkbeschwerden der Hand, Monarthritiden oder Daktylitiden charakterisieren die Psoriasisarthritis (PsA). Dazu kommen natürlich oft die klassischen Hauterscheinungen. „Darüber berichten Frauen meist bereitwillig, Männer müssen Sie gezielt danach fragen“, erklärte Prof. Müller-Ladner. Nicht nur die Asymmetrie unterscheidet die PsA von der RA, sondern auch ossäre Plus- und Minusveränderungen im Röntgenbild.
Die Arthritis urica geht ebenfalls oft mit Hautläsionen einher, meist direkt über den betroffenen Gelenken. Die Diagnose gelingt in der Regel durch Nachweis von Natriumurat-Kristallen im Punktat.
Primäres Raynaud-Phänomen bei 6 % der Erwachsenen
Deformierungen der Hände durch Destruktion der Weichteile – ohne Beteiligung von Gelenkstrukturen – beobachtet man beim systemischen Lupus erythematodes. Positive antinukleäre Antikörper (ANA), häufig ein begleitendes Raynaud-Phänomen sowie eine Reihe weiterer definierter Kriterien weisen den Weg zu seiner Entdeckung. Das Raynaud-Phänomen kann aber auch auf eine andere rheumatologische Krankheit hindeuten: die systemische Sklerose. Für ihre Abklärung gibt es ebenfalls validierte Scores der Fachgesellschaften.
Dr. Peter Klein-Weigel von der Klinik für Angiologie am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam stellte die angiologische Perspektive vor. In seinem Fachgebiet spielt an den Händen das primäre Raynaud-Phänomen ohne zugrunde liegende fassbare Ursache eine große Rolle. Es betrifft etwa 6 % der Erwachsenen hierzulande. Zu 25–50 % lässt sich ein genetischer Hintergrund ausmachen. Ausgelöst wird der klassische Farbwechsel von weiß nach blau nach rot meist durch Kälte oder Stress. Die Patienten reagieren schon ab Fingerhauttemperaturen unter 25 ° C mit einem Vasospasmus, bei 19 ° C evtl. mit einem kompletten temporären Gefäßverschluss. Eine Reihe von Medikamenten kann das Phänomen ebenfalls auslösen oder verschlimmern (s. Kasten). Die Diagnose erfordert neben Anamnese und Erhebung des Pulsstatus Durchblutungsmessungen, die Kapillarmikroskopie, Sonographie und Messung der ANA. Wirklich wirksame Medikamente stehen bis heute nicht zur Verfügung, beklagte Dr. Klein-Weigel. Infrage kommen Kalziumantagonisten, Sildenafil, Losartan und Fluoxetin.
Beispiele von Medikamenten, die den Raynaud fördern
- Betablocker
- Clonidin
- Migränemedikamente
- Ciclosporin
- Interferon α und β
- Katecholamine
- Cisplatin (und Derivate)
- selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
- Östrogene
- Ribavirin
- Gemcitabin
- Amphetamin (und Derivate)
- Kokain
- Nikotin
Bisher keine wirksame Option für spinale Muskelatrophie
Der N. ulnaris kann am Ellbogen unter Druck geraten, was initial meist sensible Symptome an der lateralen Hand verursacht. In vielen Fällen kommen dann Paresen und Atrophien der kleinen Handmuskeln dazu. Wie beim CTS steht als wichtigste konservative Maßnahme eine Schiene zur Verfügung. Außerdem bekommen die Patienten ein paar Verhaltensregeln als Hausaufgabe, z.B. den Ellbogen wenig aufzustützen. Doch spätestens bei progredienten Beschwerden und sensomotorischen Ausfällen sollte operiert werden. Mit einer beidseitigen Atrophie des Thenars beginnt für gewöhnlich im mittleren Lebensalter die spinale Muskelatrophie vom Typ Aran-Duchenne. Für sie steht außer symptomatischen Ansätzen bislang noch keine wirksame Option zur Verfügung. Eine weitere neuromuskuläre Erkrankung, die sich an den Händen mit Schwäche und Atrophien, v.a. der langen Fingerbeuger, manifestieren kann, ist die (sporadische) Einschlusskörperchenmyositis, Genese unklar. Sie lässt sich manchmal schwer von einer Amyotrophen Lateralsklerose oder anderen Myopathien abgrenzen, für die Diagnose empfiehlt sich daher eine Muskelbiopsie. Therapeutisch lohnt evtl. ein Versuch mit intravenösen Immunglobulinen, aber generell gibt es keine wirklich erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit. Die chirurgische Sicht schilderte die Hand- und plastische Chirurgin Professor Dr. Leila Harhaus von der BG Klinik Ludwigshafen an den Beispielen Spastik nach Schlaganfall und Polyneuropathie bei Diabetes. Unter einer Spastik leiden 38 % der Apoplektiker, einen stabilen Status erreichen sie nach sechs Monaten. „Das ist der ideale Zeitpunkt, um sie einem Handchirurgen vorzustellen“, sagte Prof. Harhaus. Neben Nervenblockaden und Injektionen von Botulinumtoxin, die andere Disziplinen genauso vornehmen, nutzen die Operateure heute die hyperselektkive Neurektomie, bei der sie einen Großteil der motorischen Fasern durchtrennen. „Wir drehen quasi den Strom runter und reduzieren damit die Spastik deutlich “, erklärte die Expertin das Verfahren in Kurzform. Im Bereich des Handgelenks kann eventuell ein Sehnentransfer oder eine Umstellungsosteotomie die Behandlung ergänzen. Hinter der Polyneuropathie des Diabetikers stecken verschiedene Mechanismen wie eine metabolisch-toxische Nervenschädigung und eine intraneurale Mikroangiopathie, aber oft auch eine mechanische Kompression, z.B. im Karpaltunnel oder in der Peronaeusloge. Hier schafft die operative Dekompression Linderung. Als Hauptindikation dafür nannte Prof. Harhaus den therapierefraktären Schmerz.Kongressbericht: 127. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin*
* Online-Veranstaltung
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