Progression von Chorea Huntington mit Antisense-Oligonukleotid stoppen?

Dr. Elke Ruchalla

Eine Genmutation auf Chromosom 4 ist verantwortlich für die Chorea Huntington. Eine Genmutation auf Chromosom 4 ist verantwortlich für die Chorea Huntington. © iStock/anusorn nakdee

Die Chorea Huntington gilt bislang als unheilbar, behandeln lässt sie sich allenfalls symptomatisch. Jetzt gibt es jedoch Hoffnung, die Progression der Krankheit verlangsamen oder sogar aufhalten zu können.

Bei der autosomal dominant vererbten Chorea Huntington führt die Mutation eines einzigen Gens auf Chromosom 4 zur Produktion eines neurotoxischen Huntingtins. Ablagerungen dieses Eiweißes innerhalb der Gehirnzellen sollen letztlich für die Symptome der Erkrankung – motorische, kognitive und psychische – verantwortlich sein.

Bei Mäusen und Primaten hatte es funktioniert

Bei transgenen Mäusen hatte sich gezeigt, dass sich nach „Abschalten“ des betreffenden Gens durch ein „passendes“ Antisense-Oligonukleo­tid die Beschwerden zurückbildeten, berichten Dr. Kenneth H. Fischbeck von den National Institutes of Health in Bethesda und Dr. Nancy S. Wexler von der Columbia University and Hereditary Disease Foundation in New York. Bei Primaten erwies sich die intrathekale Gabe dieses Wirkstoffs als sicher, zudem ging darunter die Konzentration von Huntingtin im Gehirn zurück.

Antisense – so funktioniert‘s

Unter einem Antisense-Oligo­nukleotid versteht man eine einzelsträngige Nukleinsäure, die in ihrer Basenfolge komplementär zu der von einem Gen abgelesenen messenger-RNA aufgebaut ist. Über die klassische Basenpaarung bindet das Antisense-Molekül an die betreffende mRNA und verhindert letztlich so die Synthese des kodierten Proteins.

Ob die Therapie auch beim Menschen funktioniert, prüfte eine internationale Studiengruppe mit deutscher Beteiligung in einer Phase-I/IIa-Studie. Primärer Endpunkt war die Sicherheit der Substanz. In ihre randomisierte Studie nahmen Professor Dr. Sarah J. Tabrizi vom Huntington Disease Centre des University College London et al. insgesamt 46 Patienten mit genetisch gesicherter Chorea Huntington im Frühstadium auf.

Fünf verschiedene Dosierungen im Test

Die Teilnehmer erhielten im Verhältnis 3:1 intrathekal entweder das Antisense-Oligonukleotid HTTRx oder Placebo. Die Injektionen erfolgten alle vier Wochen insgesamt viermal. Innerhalb der Verumgruppe gab es fünf Subgruppen, die sich hinsichtlich der Wirkstoffdosierung – 10, 30, 60, 90 oder 120 mg pro Injektion – unterschieden. Alle Patienten schlossen die Studie wie vorgesehen ab, schwere Nebenwirkungen wurden nicht beob­achtet.

Mutiertes Huntingtin um bis zu 42 % reduziert

Leichte und mäßiggradige traten dagegen aber bei nahezu allen Behandelten auf. Am häufigsten waren Schmerzen bzw. Kopfschmerzen durch die Lumbalpunktion, die sich spontan zurückbildeten. Vier Wochen nach der letzten Injektion hatte die Konzentration des mutierten Huntingtins im Liquor unter dem Verum im Durchschnitt um 20 % (10 mg) bis 42 % (90 mg) abgenommen, während die Werte in der Placebogruppe um 10 % angestiegen waren. Nun planen die Wissenschaftler eine Phase-III-Studie, in der sie bei einer größeren Zahl von Patienten die klinische Wirksamkeit des neuen Präparats auf die Symptome der Chorea untersuchen wollen.

Quellen:
Fischbeck KH, Wexler NS. N Eng J Med 2019; 380: 2373-2374; DOI: 10.1056/NEJMe1904861
Tabrizi SJ et al. N Eng J Med 2019; 380: 2307-2316; DOI: 10.1056/NEJMoa1900907

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Eine Genmutation auf Chromosom 4 ist verantwortlich für die Chorea Huntington. Eine Genmutation auf Chromosom 4 ist verantwortlich für die Chorea Huntington. © iStock/anusorn nakdee