PSA-Test: So vermeiden Sie Überdiagnostik

Um Patienten vor Überdiagnostik und Übertherapie zu schützen, hat die DEGAM eigene Praxisempfehlungen erarbeitet. Um Patienten vor Überdiagnostik und Übertherapie zu schützen, hat die DEGAM eigene Praxisempfehlungen erarbeitet. © Pixabay

Wenn es um die Prostatakrebs-Vorsorge geht, wenden sich viele Männer zuerst an ihren Hausarzt. Sollten Sie ihnen einen PSA-Test anbieten oder ganz im Gegenteil gerade davon abraten? Um Patienten vor Überdiagnostik und Übertherapie zu schützen, hat die DEGAM eigene Praxisempfehlungen erarbeitet.

Die Urologen plädieren in ihrer S3-Leitlinie dafür, alle Männer ab 45 Jahren und mit einer Lebenserwartung > 10 Jahre über die Möglichkeit eines PSA-Tests zu informieren. Dem widerspricht die DEGAM: Ihrer Meinung nach sollten Hausärzte Männern, die den PSA-Test nicht ausdrücklich wünschen, diesen auch nicht aktiv anbieten. Schließlich ist der Nutzen dieses Testes nach wie vor fraglich.

Ein Cochrane-Review kommt zu dem Schluss, dass der PSA-Test weder die Prostatakrebs-Mortalität noch die Gesamtsterblichkeit senkt. Dagegen muss man mit einem gewissen Schadens­potenzial rechnen, so Dr. Thomas ­Kötter, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universitätsklinik von Schleswig-Holstein, Campus Lübeck.

Nur bei Eigeninitiative der Patienten aktiv werden

Männer, die sich von sich aus nach der Früherkennung erkundigen, sollten über die Vor- und Nachteile aufgeklärt werden. Am besten lassen sich die mit dem Test verbundenen Risiken (Überdiagnostik und -therapie) in natürlichen Zahlen grafisch darstellen. Auch die Aussagekraft positiver und negativer Ergebnisse gilt es, dem Patienten verständlich zu machen.

Männern, die auch nach gründlicher Aufklärung noch einen Prostatakrebs-Check wünschen, sollte man den PSA-Test anbieten. Erst danach (!) kann ggf. eine rektale digitale Untersuchung erfolgen, muss aber nicht. Denn es gibt bisher keine hinreichende Evidenz, die eine generelle Empfehlung des diagnostischen Fingertastens rechtfertigen würde, betonte Dr. Kötter. Sensitivität und Spezifität sind auf jeden Fall wesentlich geringer als beim PSA-Test.

Andere Strategie bei genetischem Risiko

Diese Empfehlungen gelten allerdings nur für Männer, die kein erhöhtes genetisches Risiko aufweisen. Als vermehrt gefährdet gelten z.B. Patienten mit mindestens einem Verwandten 1. Grades mit Prostatakrebs (v.a. vor dem 65. Lebensjahr). Hier plädiert das American College of Physicians für eine gemeinsame Test-Entscheidung von Arzt und Patient ab dem 40. Lebensjahr – auch wenn diese Strategie noch nicht durch Studien gesichert ist.

Das Risiko von Überdiagnose und Übertherapie durch den PSA-Test demonstrierte Dr. Kötter anhand eines Zahlenbeispiels: Um einen Todesfall durch Prostatakrebs zu verhindern, müssen sich 781 beschwerdefreie Männer 13 Jahre lang zum PSA-Test eingeladen werden. Innerhalb dieser Zeitspanne haben etwa 133 der 781 Männer einen positiven PSA-Test, bei etwa 36 wird ein Prostatakarzinom diagnostiziert.

Aber dieser Tumor hätte bei 15 Männern nie Symptome verursacht, jegliche Diagnostik und Behandlung (Operation, Radiatio, Chemotherapie) wäre also unnötig gewesen. Innerhalb der dreizehn Jahre sterben etwa sechs Männer ohne Früherkennung am Prostatakrebs, mit regelmäßiger Teilnahme sind es fünf, so die Ergebnisse der ERSPC**-Studie, die als einzige randomisierte kontrollierte Studie einen Effekt des Screenings auf die Sterblichkeit zeigte, so Dr. Kötter.

Nicht zu unterschätzen ist das Risiko weiterer diagnostischer Maßnahmen, wie die ERSPC-Studie beispielhaft zeigt: Schließlich unterziehen sich die 133 positiv getesteten Männer im weiteren Verlauf mindes­tens einer Prostata-Biopsie. Dabei erleiden 44 der zuvor beschwerdefreien Patienten Komplikationen wie Schmerzen, Fieber, Blutungen, Infektionen und Miktionsstörungen. Ein Patient muss deswegen sogar stationär behandelt werden.

Aussagekraft des PSA-Tests wird überschätzt

Auch die Aussagekraft des PSA-Tests wird häufig überschätzt. So können Patienten mit negativem Ergebnis durchaus Prostatakrebs haben und umgekehrt solche mit positivem Resultat tumorfrei sein. Zur Verdeutlichung des positiven und negativen Vorhersagewerts nutzte der Lübecker Kollege wiederum die ERSPC-Studie: Von 1000 beschwerdefreien Männern mit positivem Test (PSA ≥ 4 ng/ml) haben demnach nur 330 tatsächlich ein Prostatakarzinom, die Mehrheit von 670 Patienten ist tumorfrei – das Testergebnis löst also falschen Alarm aus.

Rechenbeispiele lassen sich nicht einfach generalisieren

Auch der negative Vorhersagewert mahnt zur Vorsicht. Schließlich haben 250 von 1000 symptomfreien Männern mit negativem PSA-Test (< 4 ng/ml) doch ein Karzinom. Nur 750 Männer haben keines. Diese Rechenbeispiele lassen sich allerdings nicht einfach generalisieren, räumt Dr. Kötter ein. Denn Aussagekraft positiver und negativer Testergebnisse hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere vom Alter der untersuchten Population.


Quelle: 50. DEGAM*-Kongress
* Deutsche Gesellschaft für Allgemein- medizin und Familienmedizin
**European randomized study of prostate cancer screening

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