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Psychose trifft Demenz: Zielsymptom klar definieren, Behandlungseffekt kontrollieren

Die Evidenz für den Einsatz von Neuroleptika bei alten Menschen mit psychotischen Symptomen ist gering – die vorhandenen Medikamentenstudien wurden zumeist mit jüngeren Patienten durchgeführt, erklärte Professor Dr. Peter Schönknecht, Ärztlicher Direktor des Sächsischen Krankenhauses Arnsdorf. Als unumstritten gilt, dass die Indikation bei älteren Patienten streng gestellt werden sollte.
Zu berücksichtigen sind zum einen die allgemeinen medizinischen Risiken des höheren Lebensalters. Dazu gehören Delirgefahr, erhöhtes Orthostase- bzw. Sturzrisiko durch sedierende Antipsychotika, im Alter verlangsamte und veränderte hepatische Metabolisierung und veränderte Magen-Darm-Passage sowie Akkumulationsgefahr bei unzureichender Flüssigkeitszufuhr.
Dazu kommen die spezifischen Risiken einer neuroleptischen Behandlung:
- Extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen drohen häufig durch Neuroleptika der 1. Generation und Risperidon.
- Metabolische Nebenwirkungen werden oft durch Olanzapin, Clozapin, Quetiapin und Risperidon verursacht.
- Mit Obstipation ist häufig unter Amisulprid, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon zu rechnen.
- QT-Zeit-Verlängerung treten nicht selten unter Neuroleptika der 1. Generation und Ziprasidon auf.
- Orthostatische Nebenwirkungen, werden bei niederpotenten Neuroleptika der 1. Generation, Clozapin, Olanzapin und Quetiapin beobachtet.
- Sedierung ist häufig bei Neuroleptika der 1. Generation, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon.
Liegt bei dem Kranken eine Demenz vor, kann der Einsatz von Antipsychotika die kognitive Leistungsfähigkeit weiter verschlechtern. Zudem wurde eine erhöhte Mortalität von neuroleptisch behandelten Demenzkranken gezeigt.
Trotz all dieser Risiken kommt man manchmal nicht um die Antipsychotikatherapie bei älteren Patienten herum. In diesem Fall rät Prof. Schönknecht, das Zielsymptom klar zu definieren, um den Behandlungserfolg kontrollieren zu können. Die Auswahl des Präparats sollte nebenwirkungsorientiert erfolgen. Empfohlen werden eine möglichst niedrige Dosierung und ein langsames Aufdosieren.
Dosierungen bei geriatrischen (Schizophrenie-)Patienten | |
---|---|
Substanz | Tagesdosis in mg/d |
Aripiprazol | 2,5–10 |
Clozapin | 6,25–100 |
Haloperidol | 0,5–3 |
Olanzapin | 2,5–10 |
Quetiapin | 12,5–100 |
Risperidon | 0,5–2 |
Melperon | 25–100 |
Pipamperon | 20–120 |
nach Hasan A et al.¹
Regelmäßig prüfen, ob die Therapie greift
Was die Behandlung dementer Patienten angeht, präferieren die Autoren der S3-Leitlinie „Demenzen“ Risperidon, weil seine günstige Wirkung auf psychotische Symptome am besten belegt ist.² Die Tagesdosis liegt bei 0,5–2 mg. Schwächer fällt die Evidenzlage für Aripiprazol aus, Olanzapin und Quetiapin sind gemäß einer Metaanalyse bei Dementen nicht wirksamer als Placebo. Haloperidol gilt als vergleichbar wirksam wie die genannten Atypika, geht aber häufiger mit Nebenwirkungen einher, sagte Prof. Schönknecht.
Ob die antipsychotische Therapie greift, sollte man gerade bei älteren Patienten regelmäßig überprüfen. Empfohlen wird das Absetzen, sobald sich die Symptome zurückbilden. Eine Erhaltungstherapie ist nicht angezeigt.
Ebenfalls wichtig: Man sollte die Pharmakotherapie mit nicht-medikamentösen Strategien kombinieren. So können zum Beispiel psychosoziale Behandlungsansätze den Bedarf an Antipsychotika um ein Fünftel senken, betonte Prof. Schönknecht. Zu diesen Ansätzen gehören unter anderem
- eine verstehende Diagnostik zur Identifizierung von Bedingungsfaktoren,
- das systematische Aufdecken herausfordernden Verhaltens durch entsprechende Instrumente,
- Erinnerungspflege,
- basale Stimulation, körperliche Berührung,
- Bewegungsförderung und
- ein Handlungsplan für Krisensituationen mit Selbst- und Fremdgefährdung.
Station öffnen reduziert Fixierungen
In der gerontopsychiatrischen Abteilung seiner Klinik hat Prof. Schönknecht gute Erfahrungen mit dem Öffnen einer bis dahin dauerhaft geschlossenen Station gemacht. Statt der verriegelten Tür wurde am Stationseingang ein Arbeitsplatz für eine Pflegekraft eingerichtet. Diese Maßnahme führte zu einer deutlichen Reduktion von Fixierungen, berichtete der Kollege.
Quellen:
¹ Hasan A et al. Nervenarzt 2013; 84: 1359-1360, 1362-1364, 1366-1368; DOI: 10.1007/s00115-013-3913-6
² S3-Leitlinie „Demenzen“, AWMF-Register-Nr.: 038-013, www.awmf.org
Kongressbericht: Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) Kongress 2019
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