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Psychose und Parkinson: Differenzialdiagnose oft schwierig

Entwickeln schizophrene Patienten Parkinsonsymptome, könnte es sich um eine antipsychotikabedingte Nebenwirkung handeln, die mitunter noch sechs Monate nach Absetzen fortbesteht. Gerade bei älteren Menschen besteht allerdings die Möglichkeit, dass ein M. Parkinson als neue Erkrankung hinzugekommen ist, berichtete Professor Dr. Michael Hüll vom Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen.
Klinisch lassen sich beide Formen so gut wie nicht unterscheiden. Einziges Differenzierungszeichen ist die häufiger bei M. Parkinson vorkommende Anosmie, die aber im Alter generell zunimmt und vor allem bei Rauchern weit verbreitet ist. Klarheit kann unter Umständen ein 123I-FP-CIT-SPECT (DAT-Scan) mit Nachweis des charakteristischen dopaminergen Defizits bringen. Eine gemeinsame genetische Grundlage haben Schizophrenie und M. Parkinson nach bisherigem Wissen nicht.
Andersherum können auch Parkinsonpatienten plötzlich eine Psychose entwickeln. Diese kann medikamenteninduziert sein – aber auch völlig unabhängig im Rahmen der Parkinson-Erkrankung (Parkinson Disease Psychosis, PDPsy) auftreten, betonte der Psychiater. Die häufig auf einer Levy-Body-Pathologie beruhende Psychose lässt sich aufgrund des relativ typischen klinischen Bildes in der Regel gut von anderen Formen der Psychose abgrenzen. Die Anzeichen für eine PDPsy sind:
- illusionäre (optische) Verkennung (z.B. ein Busch wird für ein Tier gehalten)
- Gefühl der Gegenwart nicht vorhandener Personen
- Halluzinationen (visuell, visuell + akustisch, taktil)
- Cotard-Syndrom (nihilistischer Wahn, z.B. Gefühl, bereits tot zu sein)
- Capras-Syndrom (alle Angehörigen wurden durch Doppelgänger ausgetauscht)
- Othello-Syndrom (wahnhafte Eifersucht)
- weitere Wahnformen (Schuldwahn, Verfolgungswahn)
Typischerweise treten zuerst Halluzinationen auf, die der Patient noch lange als solche erkennt. Zu einer mangelnden Einsicht kommt es erst bei Spätformen, und auch Wahnvorstellungen treten erst spät im Verlauf auf. Die Diagnose einer PDPsy kann erwogen werden, wenn die charakteristischen Symptome über mindestens einen Monat andauern und ein M. Parkinson schon vor dem Auftreten der Psychosen festgestellt wurde.
Vor der endgültigen Diagnosestellung sind andere mögliche Ursachen auszuschließen. Dazu gehört unter anderem, dass man nach möglichen Auslösern eines Delirs sucht (beispielsweise Infekte). Auch Komorbiditäten wie Schizophrenie oder eine Lewy-Körper-Demenz müssen von Psychosen im Rahmen der Parkinsonerkrankung abgegrenzt werden.
Bei Psychosen die Medikation so gut es geht reduzieren
Antiparkinson-Medikamente können zur Entstehung einer PDPsy beitragen und diese verstärken – sie sind aber weder hinreichende noch notwendige Auslöser, sagte Prof. Hüll. Trotzdem sollte man versuchen, bei einer Psychose die bestehende Medikation – soweit es die Motorik zulässt – zu reduzieren. Dies betrifft an erster Stelle Anticholinergika, gefolgt von Amantadin, MAO-Hemmern, Dopaminagonisten, COMT-Hemmern und an letzter Stelle L-Dopa.
Oft lässt sich eine antipsychotische Therapie allerdings nicht vermeiden. Die beste Evidenz gibt es für Clozapin. Ebenfalls wirksam, aber mit geringerer Evidenz ist Quetiapin. Olanzapin sollte bei Parkinsonpatienten mit Psychose ausdrücklich nicht eingesetzt werden. Besteht eine begleitende Demenz, können Cholinesterasehemmer versucht werden.
Eine Therapieoption bietet zukünftig womöglich der 2016 in den USA zugelassene selektive inverse 5-Hydroxytryptamin-2A-Rezeptor-Agonist (5-HT2A) Pimavanserin, dessen Wirksamkeit in einer Phase-III-Studie belegt wurde. Etwas in die Diskussion geraten ist die Substanz aufgrund einer möglicherweise erhöhten Mortalität, die aber bei einer unbehandelten oder mit Quetiapin behandelten PDPsy noch wesentlich ausfällt, erklärte der Psychiater. Generell haben Patienten mit PDPsy deutlich schlechtere Prognosen als Parkinsonpatienten ohne Psychose – das gilt sowohl für die Mortalität als auch für die Notwendigkeit einer Pflegeheimaufnahme. Das Risiko, eine Demenz zu entwickeln, ist ebenfalls deutlich erhöht.
Eine andere Option ist die Elektrokrampftherapie, sagte Prof. Hüll. Hierdurch werden neben Depressionen und Motorik auch die psychotischen Symptome gebessert – die Rückfallrate sei aber hoch.
Quelle: DGPPN*-Kongress 2018
* Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde
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